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Polizei-SkandalHessische Polizisten helfen Hells Angels

Und wieder ein Skandal: Polizeibeamte sollen der als kriminell eingestuften Rockerbande "Hells Angels" gegen Bezahlung geheime Infos gesteckt haben.

Ein Totenkopf mit Flügeln: das Symbol der "Hells Angels". Bild: dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Hessens Innenminister war fassungslos: "Das haben wir so noch nicht erlebt", sagte Boris Rhein (CDU). Hessische Polizisten sollen der Rockerbande Hells Angels geheime Informationen weitergegeben haben. Diese wird vom Bundeskriminalamt (BKA) als "kriminell organisiert" eingestuft, sie betreibt Drogen- und Waffenhandel und kontrolliert in diversen deutschen Großstädten die Rotlichtmilieus.

In einer Erklärung von Landeskriminalamt (LKA) und Staatsanwaltschaft wird der einzigartige Vorwurf begründet: Hessische Strafverfolgungsbehörden hätten schon vor Monaten Hinweise darauf erhalten, "dass seitens der Hells Angels gezielt Kontakte zu Polizeibeamtinnen und -beamten hergestellt wurden, um diese für ihre Zwecke zu nutzen."

Polizisten durchsuchten am Freitagmorgen Wohnungen von Mitgliedern der Rockerbande und der beschuldigten Beamten. Letztere haben laut LKA "mutmaßlich Informationen aus polizeilichen Systemen gegen Entgelt weitergegeben". Am späten Freitagnachmittag räumte Innenminister Rhein ein, die Sachverhalte seien "klar und ziemlich eindeutig". Solche Dinge führten dazu, "dass das Vertrauen in die Polizei erschüttert wird", sagte Rhein weiter.

Fünf Beamte, darunter ein 50 Jahre alter Erster Hauptkommissar des LKA, wurden umgehend vom Dienst suspendiert. Sie müssen jetzt nicht nur mit einem Strafverfahren, sondern auch mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen.

Einige der Beschuldigten ließen sich wohl nicht nur von den Hells Angels kaufen, sondern handelten zudem noch mit Drogen. Es soll sich um Beamte eines Frankfurter Polizeireviers handeln, so LKA und Staatsanwaltschaft. Zudem steht eine 34 Jahre alte Kriminaloberkommissarin des Polizeipräsidiums dort im Verdacht, zusätzlich zur Weitergabe von Informationen an organisierte Kriminelle gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben. In diesem Zusammenhang wurden bei der Razzia auch Wohnungen von Drogendealern in Offenbach durchsucht.

"Und täglich grüßt ein neuer Polizeiskandal", kommentierte die Linkspartei die Vorfälle. Hessens Polizei sorgt wegen interner Auseinandersetzungen seit Monaten für negative Schlagzeilen.

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12 Kommentare

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  • KP
    Keine Panik

    Kriminell eingestuft.

    NaJa, die einen sehen es halt so. Es finden immer nur Machtkämpfe unter verfeindeten Gruppen statt, es sind keine Aussenstehenden betroffen. Es soll sogar Polizisten geben die die Sache auch so sehen. Werden Polizisten vielleicht auch von Wirtschaftsbossen, Politikern, Geschäftsleuten, Barbesitzern, Kneipenbesitzern, Werkstattbesitzern und so weiter geschmiert? Kann schon sein oder?

    Polizisten sind Menschen, es gibt viele die sich nach einer Zeit in dem Job denken, warum mache ich das? warum mußte ich diesen Weg gehen? Zu spät!

     

    Hells Angels sind keine Verbrecher, wenn von 100 einer Mist baut und alle bestraft werden, dann sind wir Morgen ohne Bundesregierung.

  • MN
    Mein Name

    Als ob man was dagegen machen könnte, nur weils einmal aufgeflogen ist heißt es nicht das es der einzige fall ist...

  • RE
    Rah Ering

    Die Hessische Polizei kann einem schon leid tun. Sie kommt einfach nicht aus den negativ Schlagzeilen heraus. Vor kurzem hatten Innenminister Rhein und seine Union noch Schuldige dafür ausgemacht: die Medien und die hessischen Oppositionsparteien. Nur wenige Tage später beschloss das Kasseler Verwaltungsgericht die Entlassung eines Polizeihauptkommissars aus dem Schwalm-Eder-Kreis: Er hatte sich einiges zu schulden kommen lassen (Zeitungszitat: “Die Liste der Vorwürfe...ist Lang.“) und sich zudem vor Gericht sehr uneinsichtig gezeigt. Danach wurde bekannt, dass es der Frankfurter Wachpolizei verboten ist Straftaten zu verfolgen. Diese aktuelle Sache dürfte nun weitaus größere Dimensionen annehmen.

    Bei allen Problemen, die die Hessische Polizei in den letzten Monaten durchlebte, ist dieser Sache durchaus positives abzugewinnen: Es zeigt, dass die Hessische Polizei – immer noch - funktioniert und “auf Zack“ ist. Hier wurde “ohne Rücksicht auf Verluste“ gehandelt. Aber welche Alternativen gab es auch?

     

    Übrigens: Einen “armen Hauptkommissar“, der sich gezwungen sah Dienstgeheimnisse zu verkaufen, gab’s in Hessen vor rund zehn Jahren schon einmal. Er ist dafür mit Pensionsansprüchen in den Ruhestand “befördert“ worden. Ob ihm sein Parteibuch dabei geholfen hat weis man nicht. Er war damals Stadtverbandsvorsitzender und Parlamentsfraktionschef in der CDU in Nidda.

  • A
    AbbaHallo

    Ach, ein Märchen. Das, wie die übrige Korruption, gibt es nur in Rußland oder Mali oder Kongo.Aber doch nicht in unserer real existierenden sogenannten Demokratie....Oder haben Sie für Deutschland schon einmal gehört, dass hiesige Politiker während ihrer Amtszeit den Unternehmen, bei denen sie unmittelbar nach Ende ihre Amtszeit arbeiten werden, irgendwelche Vorteile verschaffen?

  • V
    vantast

    Besonders brutal dagegen die Gewalt gegen Naturschützer, z.B. Frau Cecile LeCompte:

    Gießener Allgemeine Zeitung , 19. September 2010:

    Die Gießener Polizei und Teile der Justiz haben sich in den letzten Jahren etliche Rechtsverstöße im Umgang mit einer bestimmten Gruppe linker Politaktivisten erlaubt. Geradezu atemberaubend war 2007 die Mahnung des Frankfurter Oberlandesgerichts an die hiesigen Stellen, man möge den Unterbindungsgewahrsam doch nicht in einer Weise praktizieren, die an die im Dritten Reich praktizierte Schutzhaft erinnert.

    So ergibt sich ein erschreckendes Gesamtbild eines christlichen CDU-Landes.

  • V
    vic

    "Support Your Local Angels",

    war früher auf zahlreichen Tresennaufklebern in meiner Stadt gedruckt.

    Offenbar gibt`s die auch in Hessen, und offenbar bezahlt IM Bouffier seine Beamten nicht eben gut.

  • SK
    Sebastian Kuhl

    Oh ja, brauchen unbedingt diese neue "Super-Polizei"...

  • GM
    Gerd Müller

    Der "Kampf" der Polizei gegen die organisierte und sonstige Kriminalität kann nur mit der ganzen Polizei gewonnen werden.

    Mit Sicherheit ist organisierte Polizei-Korruption eine der zentralen Ursachen dafür, dass sich die Kriminalität immer weiter ausbreitet - unabhängig von der Anzahl und Bewaffnung der Polizisten insgesamt.

     

    Der Skandal hinter dem Polizeiskandal ist, dass nur die wenigsten Polizeistraftäter überhaupt verurteilt werden:

    Von mehr als 800 Verdächtigen im Hamburger Polizeiskandal der 80er Jahre wurden am Ende nur 3 (!) verurteilt.

     

    Gleiches Recht für alle ?

    Ja, für alle, die nicht im öffentlichen Dienst sind.

  • KT
    K.-D. T.

    Warum sollte es bei der Polizei anders laufen wie in unserer Regierung, der am meisten zahlt bekommt den Zuschlag

  • B
    bandbreitenmodell

    Das Polizisten Tip-Geber der Hells-Angels sind, konnte man im 2010 erscheinen Bucht "Höllenritt - ein deutscher Hells Angel packt aus" nachlesen.

    Scheint ja geholfen zu haben. Wnn man drei und drei zusammenzählt, ist die Korruption bei der Polzei weiter verbreitet, als man glauben sollte.

  • H
    Holländer

    Und die anständige Polizisten werden in Hessen zur Straßenpolizei verbannen, weil sie zu erfolgreich gegen Steuerbetrug sind. Die CDU kann es nicht, oder will es nicht.

  • E
    Exilhesse

    Und was werden diesmal die Konsequenzen sein?

    Werden die verantwortlichen Beamten wieder befördert? So wie im letzten Jahr als der Gießener Beamte der für Zwangsentkleidung und Misshandlung verantwortlich war zum Leiter der Polizeidirektion Wetzlar gemacht wurde? Oder gibt es solcherlei Disziplinarmaßnahmen nur wenn man sich an Demonstranten vergeht?

     

    Und wer hat eigentlich noch Vertrauen in die Polizei?