Politisches Tauziehen in der Ukraine: Amnestiegesetz in Kraft getreten
Nachdem die Opposition das Kiewer Rathaus geräumt hat, wurden über 230 inhaftierte Demonstranten freigelassen. Klitschko und Jazenuk treffen mit Merkel zusammen.
BERLIN/KIEW afp | Nach der Räumung des Kiewer Rathauses ist am Montag ein Amnestiegesetz für die während der Proteste festgenommenen Demonstranten in Kraft getreten. Allerdings hielten die Demonstranten weiter den zentralen Unabhängigkeitsplatz sowie mehrere öffentliche Gebäude besetzt. In Berlin sollten am Nachmittag die Oppositionsführer Arseni Jazenjuk und Vitali Klitschko mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammenkommen.
Die Staatsanwaltschaft hatte am Sonntagabend mitgeteilt, dass die vor zwei Wochen vom Parlament beschlossene Amnestie für die während der Proteste festgenommenen Demonstranten am Montag in Kraft treten würde. Bedingung war die Räumung der öffentlichen Gebäude. Die Opposition lehnte dies eigentlich ab, gab am Sonntag aber als Zeichen des guten Willens das Kiewer Rathaus frei, das als „Hauptquartier der Revolution“ galt.
Auch in der Stadt Lemberg wurden in der Nacht zu Montag das Rathaus geräumt, wie die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine berichtete. In Kiew bewachten bewaffnete Oppositionsanhänger aber weiterhin die Barrikaden auf der Gruschewski-Straße, auf der Ende Januar bei Straßenkämpfen mehrere Menschen getötet worden waren. Eigentlich hat die Opposition zugesichert, die Straße zu räumen.
Der Vorsitzende der rechtsnationalen Partei Swoboda, Oleg Tjagnibok, sagte am Sonntag, die Protestteilnehmer hätten bewiesen, dass sie ihre Kameraden nicht im Stich ließen. Klitschko warf der Regierung aber vor seiner Abreise zu dem Treffen mit Merkel vor, weiterhin einige Oppositionsaktivisten als „Geiseln“ zu halten. Dies sei „inakzeptabel“. Zwar wurden alle der mehr als 230 inhaftierten Demonstranten freigelassen, doch standen etliche unter Hausarrest.
Klitschko für Sanktionen gegen Ukraines Führung
Klitschko sprach sich in der Bild zudem erneut für Sanktionen gegen die Führung um Präsident Viktor Janukowitsch aus. Er wolle bei seinem Besuch im Kanzleramt „erneut deutlich machen, dass wir uns ein klares Zeichen bei den Sanktionen wünschen“, schrieb Klitschko in dem Gastbeitrag. „Wir fordern seit Monaten Kontosperrungen und EU-Einreiseverbote für Mitglieder der Regierung – da wollen wir jetzt ein klares Signal.“
Jazenjuk kündigte an, er wolle Merkel um finanzielle Unterstützung der EU für sein Land bitten. „Wir brauchen keine Worte, wir brauchen Taten“, sagte Jazenjuk am Sonntag vor zehntausenden Demonstranten, die im Zentrum Kiews zusammengekommen waren. Klitschko und Jazenjuk sollten in Berlin auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) treffen. Außenamtssprecher Martin Schäfer bezeichnete die Ereignisse der letzten Tagen in Kiew als „ermutigend“.
Der Oppositionsaktivist Dmitri Bulatow, der nach eigener Aussage entführt und gefoltert worden war, wurde am Montag vom Menschenrechtsbeauftragten Christoph Strässer empfangen. Der frühere polnische Präsident Aleksander Kwasniweski, der sich als Vermittler in der Ukraine einsetzt, traf seinerseits Bundespräsident Joachim Gauck. In der Bild forderte er eine engere Abstimmung zwischen der EU und den USA in der Ukraine-Politik.
Die Ukraine wird seit Ende November von massiven Protesten der proeuropäischen Opposition erschüttert. Auslöser war die Entscheidung von Janukowitsch, die Unterzeichnung eines über Jahre ausgehandelten Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit der EU abzusagen. Die Opposition fordert den Rücktritt Janukowitschs, die Änderung der Verfassung und Neuwahlen.
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