Politische Krise in Pakistan: Schwarzer Tag für Imran Khan
Pakistans Ex-Premier Imran Khan wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt – ein Sieg für die Regierung. Warum das die Krise im Land nicht entschärfen kann.
Dem Ehepaar wird vorgeworfen, während Khans Amtszeit (2018 bis 2022) über ihre Wohltätigkeitsorganisation Al-Qadir eine Universität auf einem geschenkten Grundstück errichtet zu haben, für das im Gegenzug etwa 225 Millionen Euro an einen Geschäftsmann geflossen sein sollen, die eigentlich der Staatskasse zustünden.
Die derzeitige pakistanische Regierung versucht, Khan politisch kaltzustellen. Als Premier wurde er im April 2022 durch ein Misstrauensvotum abgesetzt. Nach einer ersten Festnahme im März 2023 sitzt der ehemalige Cricketstar seit August des selben Jahres in Haft. Seine Anhänger:innen formierten sich zu Massenprotesten, um seine Freilassung zu fordern. Die Anklage folgte kurz vor den Parlamentswahlen im Februar 2024, von denen er als Kandidat ausgeschlossen wurde.
Khan für fünf Jahren von Wahlen ausgeschlossen
Khans Partei PTI sprach von einem „schwarzen Tag“ und will Berufung einlegen. Mehrfach hatte sie das Vorgehen gegen Khan als „politisch motiviert“ bezeichnet. Der 72-Jährige sieht sich mit einer Vielzahl von Anklagen konfrontiert, die von Korruptionsvorwürfen bis hin zu Anklagen wegen Terrorismus reichen. Das jüngste Urteil ist ein Rückschlag, denn es schließt ihn für weitere fünf Jahre von Wahlen aus.
Khan blieb dennoch optimistisch und rief über soziale Medien dazu auf, „nicht in Panik zu geraten“. Er werde so lange wie nötig im Gefängnis bleiben, aber in seinem Kampf für die Nation keine Kompromisse eingehen. Die Regierung, die er als „Diktatur“ bezeichnete, werde er niemals akzeptieren.
Khans Verurteilung fällt in eine kritische Phase der politischen Verhandlungen zwischen seiner Partei PTI und der Regierung des schwächelnden Premierminister Shahbaz Sharif von der Muslimliga (PML-N). PTI-Parteiführer trafen dabei zunächst den einflussreichen Armeechef General Asim Munir. Das Treffen sollte die anhaltende politische und wirtschaftliche Krise des Landes entschärfen.
Dieses Ziel scheint nun allerdings in weite Ferne gerückt zu sein. Schon zuvor hatte die PTI die Freilassung ihres Vorsitzenden Khan, weiterer inhaftierter Parteimitglieder und nun auch die Einrichtung von Justizkommissionen zur Untersuchung gewalttätiger Proteste gefordert, was Khan am Freitag nun noch einmal betonte.
Premier Sharif weiß das Militär hinter sich
Während Premierminister Sharif die Generäle hinter sich weiß, sieht das bei dem Populisten Khan mittlerweile gänzlich anders aus. 2023 hatte er General Munir scharf kritisiert: „Er demontiert die Zukunft des Landes, um sich selbst zu schützen.“
Nach Ansicht des indischstämmigen Ashok Swain, Professor für Friedens- und Konfliktforschung im schwedischen Uppsala, könnte Khans Konfrontation mit dem Militär jedoch langfristig die Demokratie stärken, auch wenn sie kurzfristig destabilisierend wirke: „Über sieben Jahrzehnte hat das pakistanische Militär die Politik dominiert, demokratische Institutionen untergraben und eine Kultur der Straflosigkeit kultiviert.“
Die Causa Khan wird Pakistan weiter polarisieren. Er habe eine Generation von Pakistaner:innen mobilisiert, darunter Frauen und Jugendliche, die zuvor die Politik gemieden hätten, so Swain. Beobachter:innen schließen nicht aus, dass das Urteil weitere Proteste und Gewalt nach sich ziehen könnte. Die Frage der Stabilisierung des Landes bleibt offen. Ein Dialog zwischen der Muslimliga und der PTI scheint unter diesen Bedingungen schwierig.
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