piwik no script img

Politische Gefangene in VenezuelaLeopoldo López bleibt in Haft

Venezuelas Parlament beschließt eine Amnestie für politische Gefangene. Präsident Nicolas Maduro kündigt umgehend sein Veto an.

Nicolás Maduro: Veto mit Rückendeckung des loyalen Obersten Gerichtshofes Foto: dpa

Buenos Aires taz Nach langer Debatte hat die Oppositionsmehrheit in der venezolanischen Nationalversammlung am Dienstag das nationale Amnestie- und Versöhnungsgesetz beschlossen. Parlamentspräsident Henry Ramos Allup schickte die Gesetzesvorlage umgehend an Präsident Nicolás Maduro.

Mit dem Gesetz löst die Opposition ihr Versprechen ein, eine Amnestie für die vor allem während der Proteste im Jahr 2014 verhafteten Personen zu erreichen.

Prominentester Gefangener ist der Oppositionspolitiker Leopoldo López, der seit dem 18. Februar 2014 im Militärgefängnis Ramo Verde einsitzt. Vergangenen September wurde er wegen Aufhetzung, Beschädigung von Privateigentum, Brandstiftung und Bildung einer kriminellen Vereinigung zu 13 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.

Während es der Opposition darum geht, die ihrer Auffassung nach rund 70 politischen Gefangenen des Regimes freizubekommen, besteht die Regierung auf der Inhaftierung mutmaßlicher, oder wie im Fall López, rechtskräftig verurteilter Straftäter.

„Dieses Gesetz kommt hier nicht durch!“

Präsident Maduro hatte denn auch bereits während der laufenden Parlamentsdebatte via Fernsehansprache sein Veto angekündigt. „Sie beschließen ein Gesetz, um Mörder, Kriminelle, Drogenhändler und Terroristen zu schützen. Ich versichere allen: Dieses Gesetz kommt hier nicht durch,“ sagte Maduro.

Gemäß der Verfassung könnte Maduros Veto vom Obersten Gerichtshof für nichtig erklärt werden, doch damit ist angesichts dessen regierungsfreundlicher Besetzung nicht zu rechnen.

Dieses Gesetz kommt hiernicht durch

Präsident Nicolás MaduRo

So geht das Blockadespiel zwischen Exekutive und Legislative in die nächste Runde. Seit die Opposition Anfang Januar die Mehrheit in Parlament übernahm, lehnt Maduro alle Gesetzesvorlagen ab, die ihm nicht in den Kram passen. Und da ihm die Obersten Richter mehrheitlich hörig sind, sitzt der Präsident am längeren Hebel. Der Präsident regiert mit Dekreten, die vom Parlament zwar abgelehnt, vom Obersten Gerichtshof aber anschließend als rechtsgültig beurteilt werden.

Auf diese Weise verhängte Maduro im Januar den wirtschaftlichen Notstand über das Land, der es ihm erlaubt, Maßnahmen am Parlament vorbei zu erlassen. Erst vor wenigen Tagen verlängerte der Präsident den Notstand um weitere 60 Tage.

Plünderungen und Plünderungsversuche

An der verheerenden Wirtschafts- und Versorgungslage des Landes hat sich jedoch wenig geändert. Stundenlanges Schlangestehen vor Supermärkten und Geschäften für den Einkauf von Maismehl, Milch, Fleisch, Geflügel, Reis, Speiseöl und Zucker prägen weiterhin den Alltag der VenezolanerInnen.

Das private Observatorio Venezolano de Conflictividad Social hat für die Monate Januar und Februar 64 Plünderungen und Plünderungsversuche zum größten Teil bei Lebensmittelgeschäften und -transporten registriert.

Immer öfter regen sich Proteste gegen die wirtschaftlichen Maßnahmen. Am Dienstag kam es bei Protesten gegen die Erhöhung der Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr – sie sollen zum 1. April um 75 Prozent, im November um weitere 150 Prozent steigen – in San Cristóbal im Bundesstaat Táchira zum Tod von zwei Polizisten. 30 Menschen wurden verletzt, 40 Demonstranten wurden festgenommen. Als ein von mutmaßlich vermummten Demonstranten gekaperter Bus losfuhr, wurden die beiden Polizisten überfahren.

Zuletzt waren Polizeiangehörige bei den anhaltenden Protesten im Jahr 2014 ums Leben gekommen, die ihren Anfang in Táchira und im benachbarten Bundesstaat Mérida nahmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • As wäre mal interessant zu wissen, warum ein Land, dass die grössten fossilen Reserven der westlichen Welt besitzt in solch eine Wirtschaftskrise gerät. Klar - der Rohölpreis ist von 100 USD auf 25 USD gefallen und macht 80 % der venezolanischen Statseinnahmen aus. Aber wo sind die eigenen Produkte für den täglichen Gebrauch geblieben? Wer verteuert sie und warum? Wer verknappt sie und wer gewinnt an dem Mangel und den hohen Preisen? Ich bin auf eine gute Analyse gespannt. Mfg Henning Lilge

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    Zwei linke Politiker ermordet. Auch das ist Realität in Venezuela. https://amerika21.de/2016/03/148901/mord-abgeordnetem

  • 3G
    3641 (Profil gelöscht)

    Venezuela ist ohne Zweifel eine Demokratie. Wie sonst konnte die bisherige Opposition nach der Wahl die Mehrheit stellen. Soweit Maduro demokratiache Wege beschreitet, um Gesetze zu verhindern, ist daran nichts auszusetzen. Ich kann auch nicht erkennen, dass er damit dem Willen der Bevölkerung zuwider handelt (im Gegensatz zur deutschen Regierung, z.B. TTIP).

  • Lopez ist rechtskräftig verurteilt.

    Er hat mit den Putschisten von 2002 sympathisiert.

    Gut, dass Maduro das Auftragshandeln der Opposition nicht durchgehen lässt.

  • Traurig, aber gut. Dass hier (danke JV) endlich ehrlich, ideologiefrei und wie es leider ist, geschrieben wird. Im Reich eines (vermeintlichen, pseudo-) "linken" Autokraten, das mit Volksherrschaft (vulgo Demokratie) noch weniger zu tun hat, als sonstige "Demokratien". Wie in Europa, z.B.

    Überraschend, dass noch keine "Protestkommentare" von bunker- und papierideologischen TeleidealistInnen eingetroffen sind. Und dem JV die marxistischleninistischen oder sonstdogmaundfantasiebescheuklappten Leviten lesen. Wegen Linksgötterlästerung. Und obszöner US-Anschubhilfe. Usw. Denn im Falle Brasilien passiert dies munter weiter. Als ob die Selbstschmückung mit dem Links-Wörterl und Polpulistenpoltern, und ein paar (von zumindest fragwürdigen "KorrespondentInnen" global-vervielfältigten) potemkin'sche Regierungserfolgszahlen genügten, um der leider nach wie vor verwaisten Wirklichen Pluralistischen Linken nachhaltigst tranatlantisch den Verstand zu unterlaufen. Bzw. die Realseh(willens)kraft.