Polens neuer Generalstaatsanwalt: Ziobro, der Allmächtige
Der Justizminister der PiS wird oberster Staatsanwalt. In dieser Doppelfunktion gab Zbigniew Ziobro schon einmal den erbarmungslosen Sheriff.
Schon 2005 bis 2007 war Ziobro Justizminister und Generalstaatsanwalt in einer Person. Vor wenigen Monaten noch musste er fürchten, sich für seine damalige Amtsführung vor dem Staatsgerichtshof verantworten zu müssen. Doch während der alles entscheidenden Abstimmung im polnischen Abgeordnetenhaus fehlten einige Abgeordnete der damals regierenden Bürgerplattform. Auch Ewa Kopacz, die damalige Regierungschefin, schien Angst vor der eigenen Courage bekommen zu haben und glänzte durch Abwesenheit.
Als erbarmungsloser „Sheriff“ hatte Ziobro 2005 den Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität aufgenommen und besonders gerne „Täter“ aus Kreisen der Opposition vorgeführt. Einer der Höhepunkte seiner Amtszeit sollte die Verhaftung Barbara Blidas sein, die als Politikerin der Demokratischen Linken (SLD) in einen Kohle-Korruptionsskandal verwickelt sein sollte. Doch während der sensationell mit Kameras aufgenommenen Verhaftung fiel ein Schuss im Bad der Politikerin. Der Tod der beliebten Politikerin brachte Polens Polizei, Inlandsgeheimdienst und Staatsanwaltschaft den Ruf „politischer Justiz“ ein.
Ziobro verschwand dann für einige Jahre von der politischen Bildfläche Polens, war EU-Parlamentarier, überwarf sich sogar mit seinem Parteichef Jaroslaw Kaczynski, gründete eine eigene erfolglose Partei – und ist nun plötzlich wieder als Justizminister und Generalstaatsanwalt auf dem alten Posten.
Das neue Gesetz gibt ihm sogar noch mehr Rechte, als er in den Jahren 2005 bis 2007 hatte. Er kann in sämtliche Verfahren eingreifen, kann Einfluss auf die Ernennung von Staatsanwälten nehmen, kann Disziplinarverfahren gegen sie öffentlich machen und Anweisung geben, wie bestimmte Prozesse in Zukunft zu führen sind.
Seit ihrem Amtsantritt im Oktober hat die Regierung schon mehrere Gesetze durchgesetzt, die an den Grundfesten der Demokratie rütteln, die Medienfreiheit einschränken und das Verfassungsgericht lähmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen