Polens EM-Säbelrasseln: Blut auf dem Rasen
Polnische Boulevardzeitungen schwelgen vor dem EM-Spiel gegen Deutschland in obszönen Kriegsfantasien. Angeblich bedienen sie nur die Erwartungen der Leser.
WARSCHAU taz Durch Polens Medien rollt wieder einmal eine Hasswelle gegen die Deutschen. Am Sonntag wird in Klagenfurt das Spiel Deutschland gegen Polen angepfiffen. Da soll Blut fließen. So zumindest wollen es die Revolverblätter Fakt und Superexpress.
Abgetrennte Köpfe deutscher Fußballer, Pickelhauben, Kreuzritter und Kriegsgeschrei bekommen die Leser dieser auflagenstarken Blätter nun schon seit Tagen vorgesetzt. Die sich mehrenden Proteste gegen die Deutschenhetze scheint die Sportredakteure von Fakt und Superexpress nur noch weiter anzustacheln. Gestern zeigte Fakt, wie die polnische Mannschaft angeblich Fouls für den "Krieg mit den Deutschen" trainiert: "Leo zeigte ihnen, wie sie kämpfen sollen! Die polnischen Fußballer bereiten sich auf einen echten Krieg gegen die Deutschen vor." Superexpress drohte: "Deutsche, wir verprügeln euch! Wie immer." Absoluter Tiefpunkt war eine Fotomontage des Superexpress, auf der Polens Nationaltrainer, der Holländer Leo Beenhakker, mit wutverzerrtem Gesicht die abgetrennten Köpfe von Kapitän Michael Ballack und Bundestrainer Joachim Löw in die Höhe hielt. Die Farben sind Schwarz-Rot-Gold: schwarz die Kluft der Trainers, rot das Blut der Deutschen und golden der Titel: "Leo, daj nam ich glowy!" - Leo, bring uns ihre Köpfe!"
Auf derselben Seite berichtet Superexpress noch vom besonders "lustigen" Ratespiel "Ein guter Deutscher ist ein…", an dem sich die Hörer von Radio Eska Rock beteiligen konnten. Der Krieg ist allgegenwärtig. So erinnert auch das Springer-Blatt Fakt mit einer martialischen Titelseite an "unseren Feind", den es durch eine "Attacke zu überrumpeln und zu zermalmen" gelte: "Wir müssen siegen! Wir müssen! Jetzt oder nie!" Die fette Schlagzeile "Leo, wiederhole Grundwald!" erinnert an eine Schlacht vor 600 Jahren, die in der polnischen Geschichtsmythologie eine wichtige Rolle spielt. 1410 hatte ein polnisch-litauisches Heer die Deutschordensritter vernichtend geschlagen. In der Fotomontage kniet der Kreuzritter-Fußballer Ballack in der historisch verbürgten Geste des absolut Siegesgewissen vor Beenhakker und bietet ihm arrogant zwei Fußbälle zum Kämpfen an. Beenhakker aber, der völlig unterschätzte Gegner, zieht bereits das Schwert. Und alle polnischen Leser wissen bereits, dass am Ende der Kopf des Ritters auf dem Rasen rollen wird. Und die Pickelhaube der verhassten Preußen daneben.
Während sich gestern Leo Beenhakker im Namen seines Teams für die Berichterstattung entschuldigte, trumpfte Superexpress-Chefredakteur Slawomir Jastrzebowski auf: "Das sieht brutal aus, ist aber nur eine symbolische Darstellung der Erwartungen unserer Leser."
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