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Podcastkritik „schon gehört?Ordentlich Gravitas

Die „Frankfurter Allgemeine“ podcastet jetzt auch. Ihrer täglichen News-Sendung fehlt jedoch leider die „FAZ“-typische Streitbarkeit.

Die „FAZ“-Podcast-Hosts Tami Holderried, Andreas Krobok und Sandra Klüber (v.l.n.r.). Foto: Frank Roeth/FAZ

Es muss natürlich gleich ein „Podcast für Deutschland“ sein, drunter macht es die Frankfurter Allgemeine nicht. Seit dem 20. Januar befindet sich die FAZ nun im Wettbewerb um ein Publikum, das aus unerfindlichen Gründen Radionachrichten, aufgesagt von Zeitungsredakteuren, hören möchte. Während der Spiegel in knackigen fünf Minuten eine Übersicht gibt und die Zeit am frühen Morgen zehn Minuten lang in den Tag schaut, orientiert sich der FAZ-Podcast eher an der Süddeutschen, die mit ihrem Format „Auf den Punkt“ am späten Nachmittag ein Thema des Tages vertieft.

Zwanzig Minuten lang wird eine Themenübersicht, das unvermeidliche Kolleg*innengespräch vor Ort und/oder im Studio präsentiert. Herausgeber, Chefredakteure und andere Würdenträger aus dem Hause stehen zur Verfügung, um ein bisschen Gravitas zu transportieren, eine verbindliche Weltsicht, voll ausgewogener Klarheit. Die Moderationen und Jingles sind professionell, mehr noch als bei der Konkurrenz.

Zum Spaß allein wird das nicht gemacht, gleich im Einstieg werden Hörer*innen mit einer Werbeeinblendung empfangen: Hier wird Geld verdient. Haltung tritt in den ersten Folgen ein wenig in den Hintergrund. Dabei wäre das Verkaufsargument für ein tägliches Audioformat des publizistischen Flaggschiffs des deutschen Konservatismus doch die streitbare Tendenz, vor der sich die Printredaktion der FAZ ja auch nicht fürchtet.

Es mangelt an Reibung

Podcasts der taz

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Die relative Gleichförmigkeit der Podcastnachrichtenformate diverser Medienhäuser wird so leider nicht gebrochen. Auch wenn es zunächst verlegerisch Sinn ergeben mag, auf diesem Kanal möglichst niedrigschwellig andere Produkte aus dem Hause zu bewerben: Lust auf mehr macht das nicht unbedingt. Formale Experimentierfreude findet sich gewiss eher in den Ad-hoc-Studios ungebundener Enthusiast*innen.

Stärkere Meinungen und inhaltliche Abseitigkeiten dürfen aber wohl auch von Tradi­tions­häusern erwartet werden, wenn sie denn mal ihre Printbiotope verlassen. Weniger Deutschlandradio, dafür mehr Reibung wäre für sämtliche dieser Formate, auch den „Podcast für Deutschland“, wünschenswert.

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