Plenarsitzung im Abgeordnetenhaus: Verbindung derzeit nicht möglich
Die neue Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) redet erstmals im Parlament. Dabei macht sie sich bei der Opposition vorerst keine Freunde.
Es ist ein besonderer Vormittag im Abgeordnetenhaus. Der Haushalt mit den anstehenden Kürzungen steht zwar nicht auf der Tagesordnung, schimmert aber bei fast jedem Thema durch. Auch beim Thema Verkehrssicherheit, das die Grünen durchgesetzt haben und zu dem Bonde spricht. Kapek, sonst durchaus Zuspitzungen nicht abgeneigt, redet an diesem Morgen eher sachlich, stellt Vergleiche mit Helsinki und Finnland an, wo die Zahl der Verkehrstoten durch verkehrspolitische Maßnahmen deutlich zurückging – was bei Bonde später unter Äpfel und Birnen fallen wird.
Aktueller Aufhänger ist der jüngste Unfall in der City West, bei dem mehrere Insassen eines rasenden Autos starben. Die Grünen rufen nach Maßnahmen, den Verkehr zu beruhigen. Die CDU samt Bonde hingegen hält das für keine angemessene Reaktion – für die Senatorin wäre es „völlig“ falsch“, wegen der Raserei einiger alle Autofahrer abzustrafen. Sie argumentiert auch mit Folgen für Busse: „Der ÖPNV, den wir beschleunigen wollen, würde ausgebremst“.
Offen für Kooperation mit Privatfirmen
Die Grünen hatten sich durchaus Hoffnung auf jene Verbindung gemacht, von der an diesem Donnerstagmorgen Bonde spricht. Sie hatte gleich nach Amtsantritt vor zwei Wochen laut über eine Unternehmensabgabe als zusätzliche Finanzierungsquelle des ÖPNV nachgedacht – nur um kurz darauf, merklich auf Druck der CDU-Fraktion, zurück zu rudern.
Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld (CDU), hat die Grüne Tuba Bozkurt nachträglich mit einem Ordnungsruf belegt. Sie hatte mit einem Zwischenruf bei einer Rede von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) vor 14 Tagen auch überregional für Empörung gesorgt. Als Spranger ansetzte „Der schreckliche Tod von Mannheim ...“ (wo ein Polizist getötet wurde), sagte Bozkurt: „Mannheim ist tot?“ Dass andere Grüne das mit Lachen begleiteten, rügte Seibeld. Praktische Folgen hat das nicht. (sta)
Auch in ihrer Rede lässt sie etwas einfließen, was den Grünen gefallen könnte: gesperrte Autobahnspuren morgens und abends für Busse, wie sie es in Madrid beobachtet haben will. Bloß fügt sie gleich danach hinzu, dass sie das für Berlin nicht plane. Aber man müsse sich das mal angucken. Weniger nach dem Geschmack von Grünen und Linkspartei: Bondes Offenheit für Private-Public Partnership wie bei der Bahn-Anbindung der Tesla-Fabrik in Brandenburg.
Einiges von dem, was sie vielleicht machen wollte, wird auch in ihrem Teilhaushalt an den Sparvorgaben scheitern, die derzeit über allem stehen. Geld ist auch der zentrale Punkt der Kundgebung, die die Abgeordneten am frühen Morgen vor dem Parlament mit Musik empfangen hat. Verdi und die Bildungsgewerkschaft GEW fordern bessere Betreuung in Kitas und Schulen.
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) wird später drinnen im Plenarsaal sagen, der Senat teile dieses Ziel. Ein besonderer Tarifabschluss allein nur für Berlin sei aber nicht möglich, weil man Teil der Tarifgemeinschaft der Länder sei. Die Gewerkschaften wüssten das, ihr Vorgehen irritiere ihn darum. „Was wir aktuell erleben, sind Sinnlos-Streiks auf dem Rücken der Kinder und Eltern“, sagt Evers.
„Ich finde das entschuldigungswürdig“, kommentiert Tobias Schulze, der neue Co-Chef der Linksfraktion, wenig später die Worte des Senators. Verbindendes im Sinne der Verkehrssenatorin findet sich auch hier an diesem Donnerstag nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“