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Pleite Die Bremer Landesbank kann nicht mehr – doch ist das überhaupt schlimm? ▶Schwerpunkt SEITE 44, 45Über den Kopf gewachsen

von Ulrike Herrmann

Vor der Finanzkrise waren die deutschen Landesbanken sehr beliebt in New York, denn begierig kauften sie alle Ramschpapiere, die die amerikanischen Investmentbanken im Angebot hatten. An der Wall Street hießen die Landesbanken daher auch „stupid Germans“.

Die Landesbanken verspekulierten sich allerdings nicht nur in den USA. Sie erwarben auch europäische Banken, die wertlos waren, oder finanzierten den Bau von Containerschiffen, die bis heute niemand benötigt. Der Rest ist bekannt: Als ab 2007 die Finanzkrise ausbrach, schlitterten fast alle Landesbanken in den Bankrott. Die Steuerzahler mussten mit Milliardenbeträgen einspringen, und noch immer ist unklar, wie hoch die Endabrechnung ausfallen wird.

Allerdings waren die Landesbanken nicht die einzigen „stupid Germans“, die US-Ramschpapiere aufgekauft hatten. Die Finanzkrise hat auch deutschen Privatbanken schwer zugesetzt: Die Hypo Real Estate musste abgewickelt werden; Commerzbank und Dresdner Bank waren Pleite; die Deutsche Bank kam nur über die Runden, weil sie indirekt eine Finanzspritze von den USA erhielt. Trotzdem fällt auf, dass die Schäden bei den Landesbanken besonders groß waren.

Die Landesbanken wurden für die Wall Street zur leichten Beute, weil sie spätestens ab 2005 ein besonderes Problem hatten: Sie mussten ganz schnell ganz viel Geld ausgeben. Dies hing mit der sogenannten „Gewährträgerhaftung“ zusammen, die am 19. Juli 2005 auslief.

Die „Gewährträgerhaftung“ sah früher vor, dass der Staat für alle eventuellen Verluste haftete, die bei öffentlichen Banken entstanden. Diese Regelung war für die Landesbanken außerordentlich bequem, weil sie kaum Risikovorsorge betreiben mussten. Die deutschen Privatbanken hingegen genossen dieses staatliche Privileg nicht – und schalteten die EU-Kommission ein, um gegen die Wettbewerbsverzerrung vorzugehen. 2001 wurde schließlich ein Kompromiss gefunden: Mit einer Übergangsfrist von vier Jahren sollte die Gewährträgerhaftung im Juli 2005 enden.

Diese Übergangsregelung wurde den allermeisten Landesbanken zum Verhängnis, denn sie verfielen auf eine naheliegende Idee: Bis zum Juli 2005 liehen sie sich noch einmal hohe Summen auf den Finanzmärkten, sozusagen auf Vorrat, damit für diese Beträge noch die Gewährträgerhaftung galt. Da es für diese zusätzlichen Milliarden aber keine sinnvolle Verwendung gab, investierten die Landesbanken zunehmend in riskante Geschäfte. Einzig die Landesbank Hessen-Thüringen, die Helaba, hatte keine faulen Kredite in ihren Büchern, als die Finanzkrise ausbrach.

Einige Landesbanken haben die Turbulenzen nicht überlebt. Die Sachsen LB wurde von der baden-württembergischen Landesbank übernommen, die West LB wurde abgewickelt, und die Bremer Landesbank geht jetzt komplett an die Nord LB. Wie lange die HSH Nordbank noch bestehen kann, ist weiterhin extrem unsicher.

Doch selbst diese Bereinigung genügt nicht. Es gibt noch immer zu viele Landesbanken in Deutschland. Denn das zentrale Problem konnte nie gelöst werden: Sie haben kein Geschäftsmodell – sind also überflüssig.

Die Landesbanken sind die Dachinstitute der Sparkassen, was zwar schön klingt, faktisch aber bedeutet, dass sie den Sparkassen keine Konkurrenz machen sollen. Das klassische Privatkundengeschäft ist daher für die Landesbanken verschlossen, aber auch bei den Firmenkunden wird es schwierig. Kleine Sparkassen benötigen vielleicht die Dienste ihrer Landesbank, wenn sie Betriebe betreuen wollen, die international tätig sind. Aber die großen Sparkassen sind kapitalstark genug, um das globale Geschäft allein zu betreiben.

Also blieb den Landesbanken nur die angestammte Funktion, Hausbank ihrer jeweiligen Bundesländer zu sein. Wenn die Landesregierungen Kredite benötigen, dann emittieren die Landesbanken die entsprechenden Anleihen. Doch dieses Geschäft ist so banal, dass damit kaum Provisionen zu verdienen sind.

Früher wurden die Landesbanken von der örtlichen Politik zudem gern genutzt, um die Wirtschaft zu steuern. Doch diese Phase ist tendenziell vorbei, weil oft hohe Verluste aufliefen: Legendär ist die Berliner Landesbank, die durch politisch gewollte Immobilienkredite in Schieflage geriet und 2004 schließlich an die deutschen Sparkassen verkauft wurde.

Das Schicksal der Berliner Landesbank ist durchaus typisch: Inzwischen wird die „vertikale Integration“ angestrebt. Sparkassen und Landesbanken verschmelzen, um Kosten zu sparen und Überkapazitäten abzubauen.

Momentan gibt es noch vier starke Landesbanken: Nord LB, Bayern LB, Helaba sowie die LBBW in Baden-Württemberg. Doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis es zu weiteren Fusionen kommt. Denn die Zukunft sieht düster aus. Da die Landesbanken keine profitablen Geschäftsfelder haben, werden sie vom neuesten Trend auf den Finanzmärkten besonders stark getroffen: Die Zinsen tendieren gen Null. Selbst zehnjährige Kredite bringen weniger als zwei Prozent Zinsen – und mit diesen Mini-Erträgen lassen sich die Personalkosten kaum noch decken.

Noch wird dementiert, dass über weitere Fusionen nachgedacht wird. So sieht Helaba-Chef Herbert Hans Grüntker derzeit „keinen Bedarf für Zusammenschlüsse“. Doch diese ständigen Dementis sind ein sicheres Zeichen, dass Fusionen unausweichlich sind – sonst würde man ja gar nicht darüber reden.

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