Planverfahren für Vertiefung beginnt: Keine Auferstehung für die Ems
Die Pläne für die Vertiefung der Außenems sind von heute an öffentlich einsehbar. Damit droht sich der Zustand des Stroms erst mal zu verschlechtern.
Die Vertiefung der Außenems soll die Zufahrt zum Emder Hafen erleichtern. Sie ist umstritten, weil sich in der Ems schon heute wenig Leben regt und eine Vertiefung der Fahrrinne die Lage weiter verschlechtern dürfte. Das Problem: Ein tieferes Flussbett verstärkt den Flutstrom, so dass mehr Sediment ins Flussbett hinein getragen als hinaus ins Meer geschwemmt wird.
Die Folge: Der Fluss verschlickt. Das Sediment verstopft die Fahrrinne; Schwebstoffe im Wasser verringern den Sauerstoffgehalt; und das Salzwasser aus dem Meer dringt weiter in das Binnenland vor. Dieser Prozess ist weit fortgeschritten, weil die Ems oberhalb von Emden für die Papenburger Meyer-Werft mehrfach vertieft und begradigt wurde, damit diese ihre riesigen Kreuzfahrtschiffe ins Meer bugsieren kann.
In der Außenems, also der trichterförmigen Flussmündung zur Nordsee, soll die Fahrrinne auf einer Strecke von 13 Kilometern Länge um rund einen Meter vertieft werden. „Vor allem Autofrachter und Massengutschiffe werden zukünftig von der Vertiefung profitieren“, verspricht Eric Oehlman, Leiter der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt. Tiefgehende Schiffe könnten den Emder Hafen flexibler erreichen. Tidebedingte Wartezeiten verkürzten sich. Das sei ein „wichtiges Signal für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“.
Großer Autoverladehafen
Für die Wirtschaft ist Emden in der Tat nicht unbedeutend: Allein 610 Autotransporte machten im vergangen Jahr im Emder Hafen fest. Knapp 1,3 Millionen Fahrzeuge gingen über die Kaikante. „Damit hat der Emder Hafen seine Position als drittgrößter Autoverladehafen in der westlichen Welt behauptet“, sagte Manfred de Vries, Geschäftsführer der Autoport Emden Anfang Februar. Direkt vor Ort produzierte VW im vergangenen Jahr 180.000 Autos.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hatte die Auslegung der Pläne schon einmal für Anfang 2018 in Aussicht gestellt. Doch dazu kam es nicht – bis jetzt.
Dass so viel Zeit verstrichen ist, begründet die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) mit der Vielzahl an Regelwerken, die zu beachten seien: von der Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie über die EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zur Meeresstrategierahmenrichtlinie der EU. Einzelne Tier- und Pflanenarten seien über einen Jahreszyklus hinweg untersucht worden. Herausgekommen sind 6.000 Seiten Planunterlagen.
Umweltverbände wie der BUND, Nabu und der WWF lehnen den Fahrrinnenausbau ab, ebenso Fischer und Segler. „Der Gesundheitszustand der Ems wird sich mit jeder weiteren Vertiefung verschlechtern“, warnten sie nach Bekanntwerden der Pläne.
Für Beatrice Claus vom WWF widerspricht das Vorhaben den Prinzipien des Masterplans Ems, der bis 2050 einen zwar schiffbaren, aber auch lebendigen Fluss schaffen will. Unterzeichnet haben ihn Vertreter von Bund, Land, Kommunen, Umweltverbänden und der Meyer Werft. Von der Vertiefung der Außenems werde nur die Wirtschaft profitieren, warnt Claus. Pläne, wie der Fahrrinnenausbau mit einer ökologischen Verbesserung verbunden werden soll, seien ihr nicht bekannt.
Bevor der Fluss durch ein weiteres Projekt belastet wird, wäre aus Sicht von Claus zunächst abzuwarten, ob ein im Rahmen des Masterplans vereinbartes Vorhaben tatsächlich den Zustand der Ems verbessert. Dabei geht es darum, mit Hilfe des Emssperrwerks die Tide so zu steuern, dass weniger Schwebstoffe in der Ems absinken und das Salzwasser nicht so weit eindringt. Ein Testlauf im Sommer 2020 habe bewiesen, dass das Verfahren funktioniert, heißt es auf der Website des Masterplans Ems 2050.
Im November haben die Vertragspartner des Masterplans beschlossen, dass diese „Tideniedrigwasseranhebung“ umgesetzt werden soll – auch wenn sie aus Sicht der Umweltverbände nur die zweitbeste Lösung ist. Das Genehmigungsverfahren dazu soll im kommenden Jahr starten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen