Pläne der EU-Kommission: Protest gegen Chat-Überwachung

Die EU-Kommission will, dass Messenger-Dienste wie Whatsapp Nachrichten scannen. Bür­ger­recht­le­r:in­nen protestieren, Minister Wissing ist besorgt.

Illustration auf schwarzem Grund: weiße Hände und Augen über einem Computer

Darf jemand mitlesen? Foto: Violetta Honkisz/Panther media/imago

BERLIN taz | Gegen die in der vergangenen Woche von der EU-Kommission vorgestellten Pläne zur Überwachung von Chats formiert sich Widerstand in der Zivilgesellschaft. Einer Petition mehrerer Bürgerrechtsgruppen schlossen sich innerhalb weniger Tage deutlich über 100.000 Un­ter­zeich­ne­r:in­nen an. Die Petition fordert Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auf, die Pläne auf EU-Ebene zu stoppen. „Wir haben es hier mit dem umfassendsten Überwachungsgesetz der letzten zehn Jahre zu tun“, sagt Jakob Rieger vom Vorstand des Vereins Digitale Freiheit.

Das Vorhaben der EU-Kommission: Anbieter von Messenger-Diensten wie Whatsapp, Signal oder Threema sollen zum Durchleuchten von Kommunikation auf Inhalte, die mutmaßliche Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Kindern enthalten, verpflichtet werden können. Die Pläne sind aus zahlreichen Gründen umstritten. So müssten die Anbieter, um ihrer Verpflichtung nachzukommen, entweder ihre Verschlüsselung brechen, damit sie die eigentlich Ende-zu-Ende-verschlüsselte Kommunikation scannen können. Oder die Anbieter durchsuchen die Inhalte vor dem Versand direkt auf den Endgeräten der Nutzer:innen.

Beides würde die Vertraulichkeit der Kommunikation untergraben und beide Ansätze wären auch zweckentfremdbar – etwa um nach politisch unliebsamen Inhalten zu suchen. Tom Jennissen vom Verein Digitale Gesellschaft wagt einen Vergleich: Wenn Post- und Telefonanbieter die gesamte Kommunikation überprüfen und gegebenenfalls an die Sicherheitsbehörden weiterleiten müssten, so Jennissen, wäre die Empörung zu Recht riesig.

Darüber hinaus kritisieren Expert:innen, dass die Technologie fehleranfällig sei: „Niemand will einen besseren Schutz von Kindern verhindern“, sagt Felix Reda von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Die Pläne seien aber nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Unter anderem sei die Filterpflicht nicht auf bereits bekannte Missbrauchsdarstellungen beschränkt. „Es wird unweigerlich zu zahlreichen Falschmeldungen kommen“, sagt Reda.

Der Europaabgeordnete Patrick Breyer wies im taz-Interview darauf hin, dass die einschlägigen Kriminellen für das Weiterverbreiten der Darstellungen nicht auf Messengerdienste zurückgriffen, sondern andere Verbreitungswege nutzten. Breyer fordert daher unter anderem mehr Personal etwa für verdeckte Ermittlungen und für Prävention.

Kritische Töne kamen diese Woche auch von Digitalminister Volker Wissing (FDP): „Allgemeine Chatkontrollen sind nicht hinnehmbar“, erklärte er am Dienstag. „Einige d­er Vorschläge der Kommission beunruhigen mich, weil sie einen Eingriff in den geschützten Raum der Vertraulichkeit der Kommunikation darstellen könnten.“

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag ein Recht auf Verschlüsselung vereinbart. Die Pläne der EU-Kommission wären mit so einem Recht kaum vereinbar.

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