Piratenpartei tritt in Hessen an: Gleiches Netz für alle

Gegen Kopierschutz und Patentrechte, aber für den Datenschutz - Die inzwischen weltweit vernetzte Piratenpartei tritt zur Hessenwahl an.

In Schweden gibts sie schon länger, seit 2006 auch in Deutschland: Die Piratenpartei Bild: screenshot piratenpartei.de

Frankfurt M. taz Sie haben sich im Netz gesucht und beim Chatten, bei der Entwicklung von Software, in Internet-Foren, bei Online-Games oder bei netz-politischen Aktionen gefunden: Die Piraten. "Filesharer" seien sie alle, sagt Thorsten Wirth, Spitzenkandidat und Landesvorsitzender der Piratenpartei in Hessen. Also Menschen, die sich "für den freien Zugang aller zu allen Informationen im Netz" einsetzten.

Ihre "natürlichen Gegner" sind die Giganten in der Musik- und Filmindustrie. Die würden ganze Netzbereiche sperren und sie den Surfern nur gegen die Zahlung von Gebühren wieder zugänglich machten. Diese Konzerne, so Wirth, hätten es nach mehr als einem Jahrzehnt der Grabenkämpfe noch immer nicht geschafft, gemeinsame mit den "Filesharern" Internetangebote aufzubauen, sondern ein "Feindbild entwickelt": Die illegalen Surfer oder Piraten eben.

Und die wollen jetzt in den Landtag - auch um "den Überwachungsstaat" zu verhindern und die in Hessen 2007 von der CDU-Landesregierung eingeführten Studiengebühren wieder abschaffen. Das ist die ganze Programmatik der Piratenpartei; bei anderen Themen würden sie "vernünftige Anträge" anderer Parteien unterstützen und die unvernünftigen ablehnen, sagt Wirth. Auf ihren Politikfeldern aber will die Piratenpartei Zeichen setzen: "Politik, wie wir sie heute erleben, ruht sich auf Problemlösungen industrieller Zeiten aus und wird den Anforderungen der Wissensgesellschaft und des Marktplatzes Internet noch nicht einmal ansatzweise gerecht", meinen die Piraten. Alles müsse in Frage gestellt werden. Vernetzungsgrad, Komplexität und der Faktor Zeit hätten eine "neue Dimension erreicht", die nicht mehr mit den Mitteln der traditionellen Ökonomie in Einklang zu bringen sei.

Dass sie tatsächlich in den Landtag einziehen werden, glauben die Piraten, die etwa im Bankenviertel von Frankfurt winzige Plakate mit der Aufschrift: "Klarmachen zum ändern!" kleben, nicht wirklich. Schließlich würden allen anderen Parteien jenseits von SPD, CDU, Grünen, FDP und Linkspartei gerade einmal bis zu drei Prozent prognostiziert. Aber ein Prozent der Wählerstimmen wollen sie schon haben am Sonntag. Das wären rund 30.000 Voten für die Piraten - und dann würde es auch Wahlkampfkostenerstattung geben.

In Hessen zählen die in Deutschland zuerst in Bayern zur Partei gewordenen Piraten rund 50 Aktivisten. Fast alle kommen aus der IT-Branche oder aus deren Umfeld. Sie sind zwischen 25 und 45 Jahre alt und untereinander nicht nur virtuell vernetzt. Es gibt einen "Piratenstammtisch" am Sitz der Partei in Frankfurt und unregelmäßig wird zu Plenarsitzungen geladen. In Paragraph eins der Satzung der Piratenpartei Deutschland, Landesverband Hessen, verabschiedet auf dem Gründungsparteitag im Juni 2007, heißt es, dass die Partei Piraten ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit, des Standes, der Herkunft, der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und des Bekenntnisses vereinige. Und dass die Piratenpartei totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen jeder Art entschieden ablehne. Inzwischen gibt es fast überall in Deutschland Landesverbände der Piratenpartei, die längst auch international vernetzt ist.

In Europa ist die in Schweden gegründete Piratenpartei in nahezu allen Staaten der EU präsent; in Übersee in den USA und Australien. Und warum tritt die Piratenpartei nur in Hessen und nicht auch in Niedersachsen zur Landtagswahl an. Die Kollegen dort hätten bei der Sammlung der Unterstützerunterschriften für den Wahlvorschlag Piratenpartei "geschludert", tadelt Wirth. Muss die Truppe jetzt über die Planke gehen? Nein, sagt der Hesse gnädig. Zwölf Hiebe mit der Neunschwänzigen Katze - und dann herrsche auch dort wieder Disziplin an Bord.

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