Piraten werden zur fünften Kraft: Die verkannte Konkurrenz
Ignorieren? Abkanzeln? In Berlin tun sich die etablierten Parteien schwer mit den Piraten. Dabei hilft nur eins: Selber offensiv mit den Wählern kommunizieren.
D ie vier alteingesessenen Fraktionen im Abgeordnetenhaus haben sich mit den Piraten bisher – vornehm ausgedrückt – sehr schwer getan. Man merkt das nicht nur daran, dass gerne mal über den Kleidungsstil der Neulinge gelästert wird. Auch die selten fehlende Anmerkung, man werde sich bald auch mal intensiv mit dem Internet befassen, zeigt, wie wenig die Altparteien begriffen haben, was der Einzug der Piraten ins Parlament bedeutet hat: eine Erweiterung des politischen Spektrums. Mit dem Erfolg der Piraten im Saarland dürfte das auch den letzten Hinterbänklern klar geworden sein.
An der Saar wie in Berlin haben die Neulinge in allen Lagern gefischt. Und ihr zentrales Thema heißt nicht Netz, sondern politische Kommunikation. Die Frage, wie die im 21. Jahrhundert funktionieren kann, interessiert längst nicht nur Nerds.
Jetzt dürfen die Alten noch mal tief Luft holen – und sich dann ernsthaft mit der fünften Fraktion auseinandersetzen. Ähnlich übrigens, wie SPD, Union und die schon fast vergessene FDP es nach schmerzhaften Erfahrungen mit den Grünen vor drei Jahrzehnten gemacht haben.
Der Witz dabei: Kommunikation mit den Wählern ist nirgends so einfach wie in einer Großstadt. Statt über das vorlaute Auftreten der neuen Konkurrenz zu lamentieren, können es die Alteingesessenen besser machen. Sie müssen sich nur anstrengen. Wenn sie den bequemen Weg wählen und die Neuen ignorieren, könnten sie später selbst ignoriert werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Nachtcafé für Obdachlose
Störende Armut
Nachhaltige Elektronik
Ein blauer Engel für die faire Maus