Piraten klagen gegen Parteienfinanzierung: Die Altparteien machen zu viel Beute
Die Piratenpartei klagt gegen neue und alte Regeln der Parteienfinanzierung. Geld, das ihr verweigert wird, solle nicht auf Altparteien umverteilt werden.
FREIBURG taz | Die Piratenpartei hat Verfassungsklage gegen die jüngste Reform der Parteienfinanzierung eingelegt. Sie will eine Schwächung kleiner außerparlamentarischer Parteien – wie der Piraten – zugunsten der etablierten Bundestagsparteien verhindern.
Die der taz vorliegende Organklage sollte an diesem Montag beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden. „Es kann nicht sein, dass eine Stimme für die Piraten nach dem neuen Recht vor allem den etablierten Parteien finanziell zugutekommt“, sagte Bernd Schlömer, Mitglied im Bundesvorstand der Piraten, zur taz.
Die Parteienfinanzierung wurde im Sommer letzten Jahres im Schnelldurchgang und im Windschatten großer Ereignisse geändert. Am Tag der ersten Lesung wurde der Atomausstieg beschlossen. Bei der zweiten und dritten Lesung, nur eine Woche später, stimmte der Deutsche Bundestag über die Präimplantationsdiagnostik ab. Für die Neuregelung des Parteiengesetzes interessierte sich da kaum jemand.
Kern der Reform ist, dass die „absolute Obergrenze“ für Staatszuschüsse an die Parteien in zwei Schritten stark erhöht und dann jährlich an die Inflation und die Tarifabschlüsse angepasst wird. Der Deckel lag seit 2002 unverändert bei 133 Millionen Euro pro Jahr. Gegen diese Dynamisierung haben auch die Piraten nichts. Sie wenden sich gegen die Regeln, wie das bewilligte Geld auf die Parteien verteilt wird. Hier wird ihrer Klage zufolge die „Chancengleichheit im politischen Wettbewerb“ verletzt.
Die Piraten stören sich vor allem an der „relativen Obergrenze“, die sicherstellt, dass eine Partei nicht mehr Staatszuschüsse erhält, als sie aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen einnimmt. Diese schon lange geltende Regel soll sicherstellen, dass die Parteien nicht nur am staatlichen Tropf hängen, sondern auch in der Bevölkerung verankert sind.
Verfassungswidrigkeit hat sich "intensiviert"
Neu ist aber, dass Geld, das eine Partei wegen der „relativen Obergrenze“ nicht abrufen kann, künftig nicht mehr verfällt, sondern auf die anderen berechtigten Parteien verteilt wird. Im Jahr 2010 wären das 1,3 Millionen Euro gewesen. „Dies verfälscht den Wählerwillen und den politischen Wettbewerb“, ärgert sich Bernd Schlömer. Schließlich hätte so zum Beispiel die CDU für das Jahr 2010 noch einmal 596.000 Euro extra erhalten.
An diesem Punkt dürfte die Verfassungsklage gute Erfolgsaussichten haben. Die Piraten gehen aber weiter und greifen die Konstruktion der „relativen Obergrenze“ auch in vielen anderen Punkten an, die schon jahrelang gelten. Die Piraten glauben, dass sich die Verfassungswidrigkeit der Altregelungen mit der Reform des letzten Sommers „intensiviert“ habe und daher eine neue sechsmonatige Klagefrist zu laufen begann. Dies wird das Bundesverfassungsgericht aber nur mitmachen, wenn es ein Bedürfnis verspürt, mal wieder ein Grundsatzurteil zur Parteienfinanzierung zu sprechen.
So beklagen die Piraten, dass die relative Obergrenze derzeit die großen Parteien begünstige, weil dort auch Großspenden, Erträge von Parteiunternehmen und Beiträge von Mandatsinhabern als Eigenleistung der Partei berechnet werden – lauter Einnahmen, die eine junge Kleinpartei wie die Piraten normalerweise nicht habe. Außerdem müssten bei der Berechnung der Staatszuschüsse auch die staatlichen Leistungen an parteinahe Jugendverbände, Stiftungen und die Parlamentsfraktionen der Parteien mitgerechnet werden.
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