Piraten im Wahlkampf: Mehr Information, bitte!
Mehr Transparenz und BürgerInnenbeteiligung: Die Piraten starten in die heiße Wahlkampfphase. Von der NSA-Affäre profitieren sie nicht.
BERLIN taz | Die heiße Wahlkampfphase hat begonnen. Für die Parteien heißt das meist: soviele inhaltliche Forderungen zu so vielen politischen Themen wie möglich zu stellen. Anders bei den Piraten – sie besinnen sich dieser Tage einmal mehr auf ihre bisherigen inhaltlichen Steckenpferde. Auf einer Pressekonferenz in Berlin stellten sie am Freitag ihre Hauptthemen vor.
Um Korruption auf Staats- und Verwaltungsebene zu verhindern, fordert der Bundesvorsitzende Bernd Schlömer ein öffentlich einsehbares Lobbyregister. Darin soll offengelegt werden, welche Verbände und Interessengruppen auf die Abgeordneten des Bundestages Einfluss nehmen. Wer sich nicht in dieses Register einträgt, dem sollen Sanktionen und Bußgelder verhängt werden.
Eine weitere Forderung: Künftig sollen alle PolitikerInnen ihre Nebeneinkünfte offenlegen: „Die müssen von 0 Cent an aufgelistet werden, ebenso wie die Funktionsübernahmen“, sagt Schlömer. Die bisherige Regelung, nach der Politiker ihre weiteren Einkünfte in zehn Stufen angeben müssen, geht den Piraten nicht weit genug.
Offenheit soll künftig beim Zugang zu Informationen herrschen. Die Piraten wollen deshalb den freien Zugang zu allen Informationen und Dokumenten in öffentlicher Hand, die aus Steuergeldern finanziert wurden – Open Data nennen sie das. Vor allem kulturelle und wissenschaftliche Inhalte müssten zugänglich bleiben.
„Es ist nicht einzusehen, dass Inhalte nach sieben Tagen aus den Internet-Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender entfernt werden“, sagte Anke Domscheit-Berg, Landeschefin der brandenburgischen Piraten.
Ämter sollen transparenter werden
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) soll nach Willen der Piraten künftig in allen Bundesländern gelten. Außerdem fordern die Piraten ein zentrales Bürger-Informationsportal, auf dem alle Daten verfügbar und leicht zu finden sind. Ein Transparenzgesetz wie in Hamburg wollen die Piraten auf Bundesebene erlassen. Dabei sollen in einem Informationsregister Daten aus der staatlichen Verwaltung – also aus Ämtern, Hochschulen oder Handelskammern – der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Trotz ihres klaren Bekenntnisses zu mehr Datenschutz und Transparenz, bringt der Piratenpartei nicht einmal die aktuelle Debatte über den NSA-Abhörskandal in den WählerInnenumfragen Stimmen. Sie verharren bei drei Prozent. Zwischen sechs und sieben Prozent wollen sie bei der Bundestagswahl aber erreichen. Für sie kein Grund zur Sorge, eher ein Grund mehr, die Forderungen der politischen Gegner anzugreifen.
Das vom Kabinett vorgeschlagene No-Spy-Abkommen halten sie für „pure Volksverdummung und Symbolpolitik“. Die Öffentlichkeit habe mittlerweile begriffen, dass die großen Parteien wie CDU und SPD sich nur gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben, anstatt zu handeln. Was es bräuchte, sind laut Piraten konkretere Vorschläge statt Abkommen, „die vor der Wahl eh nicht umgesetzt werden“. Genau darin sehen sie ihre Chance: „Je näher der Wahltermin rückt, desto mehr werden wir zeigen, dass wir eine Kompetenzpartei sind. Und davon werden wir profitieren“, sagt Schlömer.
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