■ Philippinen: Abkommen mit Muslim-Rebellen der MNLF: Frieden mit Fragezeichen
Auf den ersten Blick kennt das heute auf den Philippinen unterzeichnete Friedensabkommen nur Gewinner. Präsident Fidel Ramos, einst als General hauptverantwortlich für militärische Repression, kann jetzt mit der MNLF eine weitere Rebellengruppe als befriedet abhaken. Zuvor war es ihm dies bereits mit rechten Militärputschisten gelungen. Heute kann sich Ramos als Friedensengel präsentieren.
Die MNLF sieht sich als führende Kraft im muslimischen Widerstand bestätigt und kann ihren Einfluß in der offiziellen Politik vergrößern. Und für die indonesische Regierung, die den Frieden vermittelt hat, ist dies ein wichtiger außenpolitischer Erfolg, der von innenpolitischer Unterdrückung ablenkt.
Auf den zweiten Blick sind die Zugeständnisse und Risiken allerdings sehr ungleich verteilt. Ramos hat für das magere Zugeständnis eines von dem MNLF- Chef Misuari geführten Entwicklungsrates erreicht, daß die Rebellen ihre Waffen abgeben oder sich der Kontrolle der Regierung unterstellen. Sollte das Abkommen scheitern, sind der MNLF wohl die Zähne gezogen. Misuari dagegen hat auf wesentliche Forderungen verzichtet – etwa die Umsetzung des Tripolis- Abkommens, das die Regierung immerhin schon unterzeichnet hatte. Die MNLF hat eingesehen, daß sie den Krieg nicht gewinnen kann und daß sie heute politisch schwächer ist als 1976. Das Abkommen ermöglicht den Rebellen die Wahrung ihres Gesichts, verbunden mit der vagen Aussicht auf eine autonome Region.
Doch Frieden und Autonomie wird es nur dann geben, wenn es Misuari gelingt, der Region zu einem Wirtschaftsaufschwung zu verhelfen, ohne einzelne Bevölkerungsgruppen zu verprellen. So trägt Misuari das Risiko für etwas, worüber er nicht befinden kann. Denn ob es mit der Wirtschaft bergauf geht, das liegt nicht zuletzt daran, wieviel Unterstützung aus Manila kommt. So spiegelt das Abkommen exakt die Machtverhältnisse wieder. Die Regierung sitzt fest im Sattel, Misuari kann leicht ins Stolpern geraten. Sven Hansen
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