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Pfusch In der Klage von Ex-Werder-Profi Ivan Klasnic zeichnet sich ab: Ärzte haben Alarmsignale ignoriertViele Ärzte, viele Fehler

Werder Bremens ehemaliger Mannschaftsarzt Götz Dimanski hat hat eine Menge Fehler gemacht. Nur sind keine groben dabei: Wirklich schwere Fehler haben aus Sicht eines Sachverständigen sowohl eine Internistin aus dem Reha-Zentrum als auch eine externe Praxis für innere Medizin gemacht. Beide hätten weitere Diagnostik empfehlen müssen oder sogar frühzeitig eine „mittlere Niereninsuffizienz“ beim ehemaligen Fußballprofi Ivan Klasnic erkennen können. Das hat der medizinische Gutachter Arno Kerling, ebenfalls Internist, vor dem Landgericht ausgesagt.

Seit 2008 klagt der ehemalige Werder-Spieler gegen den langjährigen Mannschaftsarzt des Vereins und weitere MedizinerInnen. Die Schadenssumme liegt bei über 1,1 Millionen Euro. Der Zivilprozess füllt mittlerweile 1.500 Seiten.

Die Praxis für innere Medizin hatte bereits 2002 trotz eines deutliche erhöhten Kreatinin-Wertes nur eine „leichte Niereninsuffizienz“ festgestellt. 2003 hatte die Internistin auf einem Befundbogen trotz eines ähnlich erhöhten Wertes „keine weiteren Maßnahmen erforderlich“ eingetragen. Gutachter Kerling belegte allerdings auch zahlreiche Fehler von Dimanski: Er habe die Laborwerte von Klasnic trotz einer zuvor festgestellten „leichten Niereninsuffizienz“ nicht nachgeprüft, sondern sich blind auf den Befund der Spezialisten verlassen. Ebenso hätte er Klasnic über seine Nierenprobleme aufklären müssen. Das ist laut Klasnic niemals geschehen. Dimanski bestreitet das zwar, eine Dokumentation der Belehrung lässt sich jedoch nirgends finden, wenngleich sie verpflichtend ist, wie der Gutachter bestätigte.

Dimanski müsse sich jedoch als Orthopäde auf die Befunde der von ihm betrauten InternistInnen verlassen können. Die ehemalige Internistin, die ebenfalls bei der mündlichen Verhandlung befragt wurde, hatte sich zuvor widersprochen. Sie sagte für den Befund von 2003 hätte sie keine Laborwerte vorliegen gehabt. Als unter Beiziehung des Befundbogens nachweislich das Gegenteil herauskam, meinte sie sich zu erinnern, dass sie den für die Nierenfunktion maßgebenden Kreatininwert von 1,87 mit einem Kollegen besprochen haben will. Der soll wiederum gesagt haben, dass das bei Fußballprofis schon mal vorkommen könne. Sie machte außerdem geltend, nichts von KlasnicsKrankengeschichte wissen – Dimanski hatte sie nicht informiert, aber auch das, aus Sicht des Sachverständigen, kein „grober“ Fehler Dimanskis. Klasnics Anwalt nannte die Aussage des Gutachters angesichts vieler Fehler des ehemaligen Werder-Arztes Dimanski „Kollegenschutz“.

Klasnic wartet seit 2016 wieder auf eine Spenderniere. Bis dahin reinigt eine Maschine dreimal die Woche fünf Stunden lang sein Blut. Wie es ihm gehe? Er sagt: „Okay, aber es beeinträchtigt mich. Ich kann nicht das machen, was ich will.“ gjo

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