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Pflegekräfte in CoronakriseNur im Ausnahmefall

Jens Spahn relativiert Äußerungen zum Noteinsatz von Covid-19-infiziertem Pflegepersonal. Scharfe Kritik kommt von PatientenschützerInnen.

Eine Pflegerin in der Sicherheitsschleuse auf einer Covid-19 Station eines Berliner Krankenhauses Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wehrt sich gegen die Kritik. Er habe „nicht gefordert, dass positiv Getestete arbeiten sollen“, sagte er am Freitag in Berlin. Spahn relativierte damit Meldungen vom Tag zuvor, nach denen er bei akutem Personalmangel von positiv getesteten Pflegekräften angeblich verlangte, unter Schutzvorkehrungen dennoch Kranke zu versorgen.

Pflegekräfte hätten ihm berichtet, sie seien aufgefordert worden, positiv getestet arbeiten zu gehen, schilderte Spahn. Er habe dann auf deren Fragen nur „eingeordnet, was gilt seit Beginn der Pandemie“. Es gebe eine entsprechende Empfehlung des Robert-Koch-Instituts.

In Heinsberg mit sehr hohen Infektionszahlen habe man ganz zu Beginn der Pandemie schon im Februar die Erfahrung machen müssen, dass durch die Quarantäneregelungen teilweise so viele Pflegekräfte in Quarantäne mussten, dass die Versorgung der PatientInnen nicht mehr gesichert war, sagte Spahn.

Das Robert-Koch-Institut hat die Empfehlung herausgegeben, dass in Kliniken in Situationen von akutem Personalmangel das medizinische Personal, das engen Kontakt mit Infizierten hatte, nur kurz oder gar nicht in Quarantäne müsse, sondern mit Schutzkleidung und -maske weiter arbeiten könne, sofern keine Symptome auftreten.

Protest von PatientenschützerInnen

„In absoluten Ausnahmefällen“ sei „die Versorgung NUR von Covid-19-Patientinnen und Patienten“ durch SARS-CoV-2-positives Personal „denkbar“, heißt es weiter in der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts. Für das Personal in Pflegeheimen gelten bei Personalknappheit ebenfalls gelockerte Quarantänebestimmungen.

Der Pflegeberufsverband DBfK lehnt die Beschäftigung von infiziertem Personal „grundsätzlich“ ab. „Corona-Infizierte weiterarbeiten zu lassen, ist der politische Offenbarungseid“, sagte auch der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Brysch forderte einen „systematischen und täglichen Einsatz von Schnelltests“ bei allen MitarbeiterInnen in Krankenhäusern und Heimen.

Auf der Pressekonferenz am Freitag präsentierten Spahn, Arbeitsminister Hubertus Heil und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (beide SPD) eine Zwischenbilanz des Reformprogrammes „Konzertierte Aktion Pflege“.

Danach ist es schwer, für die von Spahn zugesagten Stellenaufstockungen geeignetes Pflegepersonal zu finden. Von den für die Heime zugesagten zusätzlichen 13.000 Fachkraftstellen ewa konnten bisher nur 3.600 Stellen besetzt werden, so der Gesundheitsminister. Corona mache es derzeit zusätzlich schwer, im Ausland Personal zu rekrutieren.

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