Petition zur Ampelschaltung: Ohne Stress über die Straße gehen
Ein Münchner fordert in einer Petition Fußgängerampeln mit Gelbphase oder Countdown. Andere Städte kennen das schon.
Der Harras im Münchner Stadtteil Untersendling. Alle treffen sie hier zusammen: Regionalbahn, S- und U-Bahn, einige Buslinien und die Autofahrer, die über den Mittleren Ring und von der Bundesstraße 11 angefahren kommen – und Fußgänger.
Grischa Baelden ist einer von ihnen. Der 37-Jährige kommt hier oft vorbei. Metzger, Bücherei und der Eisladen für seine zwei kleinen Söhne befinden sich in der Nähe.
Wenn er bei der St.-Vitus-Apotheke an der Ampel steht, um über die Plinganserstraße zu kommen, ärgert er sich. Autos und Laster stauen sich und blockieren den Weg, es wird geschimpft, Fußgänger beeilen sich. „Aber man schafft es sowieso nicht bei Grün über die Straße“, sagt Baelden, „dann kommen schon die Autos angerast.“
Freie Fahrt für Kraftfahrer – Stress und Risiko für Passanten: Das findet er diskriminierend und hat deshalb vor drei Wochen eine Online-Petition auf der Plattform change.org gestartet. Mit aktuell rund 40 Unterschriften fordert Baelden darin „Faire Fußgängerampeln in München und ganz Deutschland“.
Gelb oder Countdown für Fußgänger
Damit meint der ITler Ampeln, die auch für Fußgänger eine Gelbphase haben oder an denen ein Countdown die Sekunden bis zum nächsten Grün oder Rot anzeigt. „So was würde das städtische Leben im Kleinen verbessern“, denkt Baelden, der solche Ampeln aus dem Ausland kennt.
Peter Häckelmann sieht das anders. Der Ingenieur arbeitet seit 1971 an den „Richtlinien für Lichtsignalanlagen“ mit. „Lichtsignalanlage“ ist Fachjargon für Ampeln, und wer welche aufstellen möchte, kommt an diesem Regelwerk der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen nicht vorbei.
![tazze (taz-Logo) tazze (taz-Logo)](https://taz.de/picture/2662413/14/ir_enginepl.png)
Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.
„Natürlich gehört die Stadt den Menschen“, sagt Häckelmann, „aber man muss auch die Verkehrsflut bewältigen.“ Er nennt das den „Zwang des Tatsächlichen“ und hat schon zu verschiedenen Arten von Ampeln geforscht. Die in Düsseldorf etwa, wo es seit den 1950ern ein gelbes Licht für Fußgänger gibt. Wenn das leuchtet, würden die Menschen aber trotzdem oder gerade deshalb noch loslaufen, so Häckelmann.
Mit dem zusätzlichen Licht wird in Düsseldorf die sogenannte Schutzzeit signalisiert, in der Menschen die Straße nicht mehr betreten sollen, sie aber noch sicher überqueren können. Bei normalen Ampeln, die direkt auf Rot springen, ist diese Zeit auch noch miteingerechnet.
Erfolgreiches „Rotblinken“ in Berlin
Das sei den drängelnden Autofahrern aber nicht klar, meint Baelden. Er findet auch das Modell gut, bei dem das rote Ampelmännchen in der Schutzzeit blinkt. Ein solches wurde schon in Berlin getestet. Das Fazit: für alle Verkehrsteilnehmer besser als ohne.
Ein paar „Restzeitanzeigen“, wie die Ampeln mit Countdown auch genannt werden, stehen seit 2005 in Hamburg. Dort befand man es aber zu teuer, weitere umzurüsten. Sie zeigten kaum Wirkung. Laut Häckelmann sind die Mehrkosten bei neuen Ampeln gering. Die schalten aber oft nach Bedarf um und nicht nach starren Zeiten. Ein Countdown mache da wenig Sinn.
In München werden solche Anzeigen demnächst trotzdem getestet – an Radfahrerampeln mit festen Intervallen. Bei positivem Ausgang sind sie laut Kreisverwaltung auch für Fußgänger „prinzipiell denkbar“. Für Grischa Baelden wäre das immerhin ein Anfang.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau