Peter Alexander ist tot: Mit Charme und Schmäh
Der ewig gut gelaunte Entertainer Peter Alexander war bis die 90er-Jahre ein Meister der seichten Unterhaltung. Am Sonntag starb er 84-jährig in Wien. Ein Nachruf.
WIEN taz | Thomas Gottschalk, der nach 24 Jahren "Wetten, dass . . ?" in Pension geht, ist gegen ihn ein Waisenknabe. Die Peter Alexander Show lief gezählte 26 Jahre (1969-1995) in ZDF und ORF - wenn auch mit zwei Sendungen jährlich weit dosierter als die Nachfolgeprogramme. Peter Alexander Neumayer, 1926 in Wien geboren, war Meister der seichten Unterhaltung. Er passte perfekt in die heile Welt der Wirtschaftswunderzeit, in der man Politik und Unterhaltung trennte.
Vom Durchbruch mit dem Schlager "Das machen nur die Beine von Dolores" vor 60 Jahren bis zu seinem Bühnenabschied 1995 zeigte er sich als ewig gut gelaunter, ewig jugendlich wirkender Entertainer. Dass ihn sein Vater eigentlich als Arzt sehen wollte, beeindruckte ihn nicht, er fühlte sich zur Bühne hingezogen. In der Bannsingschar, die sich der strengen Disziplin der Hitlerjugend entziehen konnte, war er bereits als talentierter Sänger und Pianist aufgefallen. Folgerichtig absolvierte er nach dem Krieg das Reinhardt-Seminar und träumte von Hamlet und Romeo. Doch zum tragischen Helden oder zum stürmischen Liebhaber war er nicht berufen. Vielmehr war es sein komisches Talent, das ihm zu Popularität und Erfolg verhalf.
Legendär sind die Graf-Bobby-Filme, in denen er an der Seite von Gunther Philipp als schrulliger Blaublüter auftrat. Mit seinem gar nicht ölig wirkenden Charme und Wiener Schmäh eroberte er auch in Operettenfilmen ein Millionenpublikum. Auf mehr als 50 Filmrollen und rund 120 Schallplattenaufnahmen brachte er es im Laufe seines Berufslebens. Hinter ihm stand die strenge Ehefrau Hilde.
Kritik an seiner "Heile-Welt-Attitüde" berührte ihn nicht. "Ist das nicht die einzige Welt, in der es sich zu leben lohnt?", sagte er einmal. Seine eigene heile Welt brach zusammen, als Hilde Alexander nach 50-jähriger Ehe 2003 starb. Seither lebte er als gebrochener Mann zurückgezogen in seiner Villa in Wien. Der Unfalltod seiner Tochter Susanne im Jahre 2009 dürfte ihn um so schwerer getroffen haben. Auf 50 Kilo abgemagert, verließ er das Haus schon lange nicht mehr. In der Nacht auf Sonntag ist der Entertainer in Wien gestorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los