Pestizid-Verbrauch ist zu hoch: Seehofer bleibt vage

Agrarminister Seehofer will sich nicht festlegen, wie stark der Einsatz von Pestiziden in Land- und Forstwirtschaft sinken soll. Rot-Grün war da schon weiter, kritisieren Umweltschützer.

Letztlich landet ein großer Teil der Pflanzenschutzmittel im Grundwasser. Bild: ap

BERLIN taz Umweltschützer werfen der Bundesregierung vor, den Schutz der Verbraucher vor Pestiziden zu schwächen. Agrarminister Horst Seehofer (CSU) habe in seinem Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf konkrete Ziele für weniger Gift in der Landwirtschaft verzichtet, kritisieren die Organisationen BUND, Greenpeace, Nabu und PAN. Der Plan sei ein Rückschritt. Sie fordern die Agrarminister der Länder auf, Seehofer bei ihrer noch bis Freitag andauernden Konferenz in Meißen zu Änderungen zu drängen. Die Länder haben in dieser Frage Einfluss, weil der Aktionsplan mit ihnen abgestimmt ist.

Skandinavische Staaten haben laut Greenpeace mit Aktionsplänen erreicht, dass die Bauern weniger Pestizide benutzen. In den Plänen wurde demnach festgelegt, die Steuern auf die Chemikalien zu erhöhen und Landwirte zu Alternativen zum Gifteinsatz zu beraten. Ziel sind weniger Giftrückstände im Essen. Zudem sollen weniger Tiere und Pflanzen auf den Feldern vernichtet werden. Die Umweltschützer führen auch wirtschaftliche Argumente an: Sickerten weniger Pestizide ins Grundwasser, könnten die Wasserwerke jährlich Millionen sparen, die es kostet, die Gifte herauszufiltern.

Deshalb entwarf 2004 die damalige Bundesagrarministerin Renate Künast (Grüne) einen ersten Aktionsplan für Deutschland. Am konkretesten war das Ziel, die Überschreitungen von Pestizidgrenzwerten in untersuchten Lebensmitteln auf unter 1 Prozent zu senken. Auch Künast legte nicht genau fest, wie stark der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sinken soll. Aber immerhin nannten die Länder in ihrem Beschluss zu dem Plan einen Prozentsatz, den sie für möglich halten: innerhalb von zehn Jahren um 15 Prozent.

In Seehofers Plan ist davon nichts zu finden. Das Ziel, Überschreitungen von Grenzwerten in Lebensmittelproben auf eine bestimmte Quote zu reduzieren, stellt er in Frage. Die Proben seien gar nicht repräsentativ, heißt es in dem Plan.

Greenpeace-Chemieexperte Manfred Krautter sieht das anders: "Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit veröffentlicht sehr wohl repräsentative Berichte", sagt er. Das Amt bestätigt das.

Dagegen will Seehofer den Risikoindex senken - eine Zahl, die beschreibt, wie sich die potenzielle Gefahr von Pestiziden für Mensch und Umwelt entwickelt. Seehofer nimmt nach eigenen Worten an, dass dieser Faktor bis zum Jahr 2020 um 25 Prozent sinkt. "Das ist sehr vage", urteilt Susanne Smolka vom Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN). Außerdem sei ungeklärt, wie das Risiko gemessen werden soll. Tatsächlich verweist der Aktionsplan dazu nur auf ein Computermodell, das bisher noch nicht einmal die Gefahr für den Verbraucher berücksichtigt.

Die Maßnahmen, die der Plan verspricht, halten die Umweltschützer zum Teil für richtig. Seehofer und die Länder wollen zum Beispiel die Entwicklung von Alternativen zum Spritzen fördern. "Aber die Finanzierung ist völlig unklar", sagt Greenpace-Mann Krautter.

Bisher beteiligen sich die Aktivisten an einem Forum, das den Plan weiterentwickeln soll. Doch vielleicht nicht mehr lange. Krautter jedenfalls droht: "Wenn die Landwirtschaftsminister diesen Plan nicht ändern, werden wir bald nicht mehr an ihm mitarbeiten."

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