Personenführung #51: Thomas Gerlach: Schöner Pflüger der Herbstfurche

Thomas Gerlach gelang über Umwege zur taz: Von der Landwirtschaft über Theologie kam er zum Journalismus.

Bild: Kathrin Windhorst

1984 hielt er die erste taz in Händen. Überreicht von friedensbewegten Westleuten. Damals lebte Thomas Gerlach, Jahrgang 1964, noch im heutigen Sachsen-Anhalt. „Ich hätte mir damals wirklich nicht träumen lassen, dass ich mal in Westberlin arbeiten würde – bei der taz.”

Ein normales, gleichwohl widerständiges Leben

Der in Tryppehna bei Magdeburg geborene Mann lebte in den mittleren Achtzigern noch ein normales, gleichwohl widerständiges Leben im Arbeiter-und-Bauern-Staat.

Nach der Schule hatte er den schönen Beruf des Agrotechnikers erlernt und mit dieser Qualifikation schließlich engagiert in der pflanzlich, nicht tierisch orientierten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) „Rosa Luxemburg” in Möckern gearbeitet.

Im Anschluss studierte er in Leipzig – und schloss als Diplomtheologe ab. Gerlach, Vater zweier Kinder, sattelte 1997 abermals um – auf den Journalismus.

Zur taz kam er 1999 mit ersten Texten; seit 2012 ist er Reporter der taz.

Guter Kontakt zum echten Leben

Sein Lebenslauf deutet nur an, was ihn von den meisten KollegInnen in der taz unterscheidet: Er hat vor seinem Autorenleben auch „was anderes als mit Medien” gemacht. Er kennt die sogenannten einfachen Leute und versteht diesen Blick über seine jetzigen Milieugrenzen als belebend. Seine Geschichten, die er für die taz recherchiert und aufschreibt, haben insofern immer diesen gewissen Touch, der guten Kontakt zum echten Leben verrät. Typisch DDR-Herkunft, ließe sich sagen: einer ohne Klassendünkel.

Viele Preise hat er erhalten, der Mann, der Hebräisch, Latein, Griechisch und Russisch beherrscht – und mit letzterer Sprache eine starke Hilfe für die taz in der Osteuropaberichterstattung ist. Der Medienpreis Mecklenburg-Vorpommern wurde ihm zweimal verliehen; seinen ersten und schönsten Preis erhielt er 1984 als bester Lehrling in der Kategorie „Pflügen der Herbstfurche”.

Bar aller Eitelkeit

Gerlach, ein Mann mit sonorem, leicht brandenburgisch gefärbtem Stimmklang, der auf Mobilität per Fahrrad setzt und sich als „Filmmissionar” einst in Leipzig verdingte (mit Vorliebe für cineastisch Gutes), ist einer der nettesten Kollegen.

Er weiß um den Wert seines Blicks auf die Welt ohnehin, bar aller Eitelkeit – und weiß die Arbeit von KollegInnen immer zu wertschätzen. Ein Teamplayer, besser: Brigadist sondergleichen!

JAN FEDDERSEN