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Personalwechsel in der LinksparteiDer nächste Moderator kommt

Der Berliner Realo Harald Wolf soll kommissarisch Nachfolger von Matthias Höhn als Bundesgeschäftsführer der Linkspartei werden.

Harald Wolf soll erstmal bis zum nächsten Parteitag im Sommer 2018 die Linkspartei managen Foto: dpa

Berlin taz | Harald Wolf, früher Wirtschaftssenator in Berlin, wird Nachfolger von Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn. Der trat am Freitag offiziell zurück und verabschiedete sich mit einem Brief, der Licht auf das unerfreuliche Innenleben der Linkspartei wirft. „Eine Partei braucht eine Führung und einen Vorstand, die auf Vertrauen, Verlässlichkeit und Kooperation beruhen“, so Höhn. „Für mich ist dies nicht mehr gegeben.“

Der Streit zwischen den Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger auf der einen Seite und den Fraktionschefs Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch auf der anderen um die Spitzenkandidatur habe „innerparteilich nie geendet“. Der andauernde Zwist habe seine Arbeit als Architekt des Wahlkampfs „nicht einfacher gemacht“.

Die Linkspartei hat bei der Bundestagswahl im Osten und bei Ärmeren verloren – in westlichen urbanen Milieus gewonnen. Doch die nötige Debatte, wie man klassische Modernisierungsverlierer und neue hippe Wählerschichten verbindet, sei von „simplen Koalitions- und Konstellationsschemata anderer Kämpfe“ überlagert worden, so Höhn.

Das ist übersetzt eine beißende Kritik an der Dauerfehde zwischen Parteichefin Kipping, die die Erfolge im Westen für sich verbucht, den Reformern um Dietmar Bartsch, die den Osten vertreten, und der von Traditionslinken gefeierten Sahra Wagenknecht. Faktisch stellt Höhn seinen Genossen ein Armutszeugnis aus: Die Partei ist unfähig, eine konstruktive Debatte zu führen, wen sie repräsentieren will.

Höhn, als verlässlicher Moderator geschätzt, geht nicht mit dem großen Gongschlag, aber doch vernehmlichem Scheppern. In dem Brief dankt er fast allen in der Partei – nur seinen Exchefs Kipping und Riexinger nicht. Der Brief erweckt den Eindruck, dass das Absenden von kleinen Giftpfeilen derzeit die gängige Art innerparteilicher Kommunikation ist.

Nicht anders als klug zu nennen ist indes, dass Kipping und Riexinger Harald Wolf als kommissarischen Bundesgeschäftsführer wollen. Der Parteivorstand wird diese Wahl am Samstag höchstwahrscheinlich durchwinken. Die Parteichefs lassen durchblicken, dass sie den 61-jährigen Berliner Realo nicht nur als Notnagel sehen.

Die Parteichefs lassen durchblicken, dass sie den 61-jährigen Berliner Realo nicht nur als Notnagel sehen.

Wolf ist Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Von 2002 bis 2011 war er Landessenator für Wirtschaft, Technologie und Frauen. Er verfüge „über einen breiten Erfahrungshintergrund auch in Leitungs- und Regierungsfunktionen, über eine ausgewiesene wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz und wird strömungsübergreifend als verbindender Akteur geschätzt“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Kipping und Riexinger.

Politisch und habituell ist Wolf gewissermaßen die Besetzung, die Höhn am nächsten kommt. Die Reformer, Kipping seit langem in inniger und gegenseitiger Verachtung zugetan, werden gegen diese Besetzung nichts einwenden: Er ist aus ihrem Club.

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1 Kommentar

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  • Beinahe jeder Reinecke-Text über die Linke fühlt sich so an, als würde die Partei allgemeinen politischen Ansprüchen nicht genügen. Woher kommt das?