Personal für Opposition steht: SPD übt sich im Rollenwechsel
Das SPD-Personal ist komplett: Karl Lauterbach wird Gesundheitspolitik-Sprecher der SPD-Fraktion. Im Präsidium fällt Niedersachsens Parteichef Garrelt Duin durch.
BERLIN taz Er wird es Philipp Rösler schwer machen. Gleich die ersten Vorschläge des neuen FDP-Gesundheitsministers hat Karl Lauterbach genüsslich zerpflückt. Der neue gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion hat ausgerechnet, dass die von Rösler favorisierte Kopfpauschale den Staat jährlich 38 Milliarden Euro kosten wird. "Es ist wichtig klarzumachen, dass das Modell so nicht kommen darf", sagte Lauterbach der taz.
Die Gesundheitspolitik wird ein Kernbereich der Oppositionsarbeit. Mit dem Gesundheitsökonomen Lauterbach, der bereits 2006 für das Amt des gesundheitspolitischen Sprechers kandidierte und durchfiel, hat sie jetzt einen ebenbürtigen Gegenspieler zu Rösler aufgestellt. "Es wird mir viel Freude bereiten, unser Modell der Bürgerversicherung für die SPD zu vertreten", erklärte er.
Nach elf Jahren Regierungsbeteiligung steht die SPD vor einem "Rollenwechsel, der erst geübt werden muss", hieß es aus der Parteiführung. Das Team, das zunächst üben wird und es Schwarz-Gelb schließlich schwer machen soll, steht jetzt. Am Dienstag hat die SPD-Fraktion ihre Ausschuss-Vorsitzenden und Fachsprecher gewählt. Auffällig dabei: Während 18 der 22 Sprecherposten mit Männern besetzt wurden, gingen alle Ausschüsse an Frauen. In der einzigen Kampfabstimmung um den Vorsitz im Verteidigungsausschuss setzte sich Susanne Kastner gegen Hans-Peter Bartels durch, obwohl dieser bei den SPD-Fachpolitikern eine Mehrheit hatte. Fraktionschef Steinmeier schlug dennoch die bisher verteidigungspolitisch unerfahrene Kastner vor. Sie unterlag kürzlich Wolfgang Thierse bei der Wahl zum Bundestagsvize und verlässt 2013 wohl das Parlament. Petra Merkel leitet künftig den Haushaltsausschuss, Ulla Burchardt den für Bildung. Carola Reimann den Gesundheitsausschuss und Dagmar Freitag den Sportausschuss.
Neuer wirtschaftspolitischer Sprecher wird Niedersachsens SPD-Chef Garrelt Duin, der am Montag aber eine herbe Niederlage einstecken musste. Als einziger fiel er bei der Präsidiumswahl durch. "Es gibt wohl noch immer Vorbehalte gegen Niedersachsen", sagte er. Tatsächlich stammen seit der Ära Schröder zahllose SPD-Granden aus dem Nordwesten. Zusätzlich ist Duins Verhältnis zu Gabriel gestört, seitdem Duin bei der Listenaufstellung zur Bundestagswahl auf den ersten Platz beharrte und den damaligen Bundesumweltminister Gabriel damit düpierte.
Die SPD-Führung zeigte sich überrascht. "Eigentlich war Matschie der Rausschmeißkandidat", hieß es. Der Thüringer Landeschef erhielt jedoch eine Stimme mehr als Duin. Andere glauben, Duin habe selbst schuld. "Vor Beginn der Sitzung war unklar, wen Niedersachsen aufstellt, da braucht man sich nicht über das Ergebnis zu wundern", so ein Präsidiumsmitglied zur taz.
Zur Verjüngung des Präsidiums tragen die Landeschefs aus Bayern, Hessen und dem Saarland, Florian Pronold, Thorsten Schäfer-Gümbel und Heiko Maas bei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut