Pendeln nach Potsdam: Am Bahnsteig gespart
Die Bahn schließt Bauarbeiten zwischen Berlin und Potsdam ab. Studenten und der Fahrgastverband sind trotzdem nicht begeistert.
Mit dem Fahrplanwechsel am kommenden Sonntag schließt die Bahn eine der größten Lücken im Regionalverkehr von Berlin und Brandenburg: Nach einjährigen Bauarbeiten wird die Strecke zwischen Charlottenburg und Wannsee wiedereröffnet. Damit können Pendler die Verbindung von den Bahnhöfen in der Berliner Innenstadt nach Potsdam wieder nutzen.
Sie ist eine der wichtigsten Pendlerrouten der Region. Annähernd 14.000 Potsdamer arbeiten in Berlin. Umgekehrt zieht es nach Angaben des Statistikamtes der beiden Länder täglich etwa die gleiche Anzahl aus Berlin zur Arbeit in die Brandenburger Landeshauptstadt. Dazu kommen zahlreiche Studenten der Potsdamer Hochschulen. Etwa jeder zweite der 24.300 Potsdamer Studenten wohnt in Berlin.
Ein Jahr lang wurden die Gleise und Oberleitungen erneuert und mehrere teils ca. 100 Jahre alte Brücken ersetzt. Die Sanierungsarbeiten kosteten die Bahn insgesamt 36 Millionen Euro. Für die Dauer der Bauarbeiten waren Fahrgäste auf die S-Bahn-Linie 7 angewiesen. Die Zeit der Bauarbeiten war von vielen Pannen geprägt. Schon eine Woche nach dem Start ging es los, als das S-Bahn-Stellwerk in Berlin-Halensee wegen Stromausfalls lahmgelegt wurde. Am 15. Dezember 2011 brach deshalb in halb Berlin der S-Bahn-Verkehr zusammen. Züge blieben auf freier Strecke stehen. Oft gab es Verspätungen.
Nun soll alles besser werden: Mit dem neuen Fahrplan kommt im Regionalverkehr ein 15-Minuten-Takt zwischen Potsdam und Berlin-Friedrichstraße. Von 7 bis 9 Uhr und von 15 bis 18 Uhr enden die Züge der Regionalbahnlinien 21 und 22 nicht in Potsdam-Griebnitzsee, sondern fahren weiter nach Berlin-Friedrichstraße und zurück. Dazu fährt im Halbstundentakt die Regionalexpresslinie 1. Eine halbe Stunde soll die Fahrt zwischen beiden Hauptbahnhöfen dauern.
Allerdings macht die Verlängerung von RB 21 und 22 nicht alle glücklich. Die Züge halten auf dem Weg von Berlin nach Potsdam nicht im Bahnhof Griebnitzsee. Für die zahlreichen Berliner Studenten, die den dortigen Uni-Campus ansteuern, bringt der 15-Minuten-Takt also gar nichts. Sie sind weiter auf die S-Bahn angewiesen. „Eigentlich wird es schlechter“, sagte Florian Görner, Verkehrsreferent des Asta der Uni Potsdam. Weil RB 21 und 22 in Richtung Potsdam in Griebnitzsee nicht mehr halten, könnten die Studierenden künftig nicht zwischen zwei Vorlesungen zu einem der anderen Uni-Standorte in Golm oder am Neuen Palais gelangen.
Kritik daran kommt auch vom Fahrgastverband Pro Bahn. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) habe schlecht geplant, so Karl-Peter Naumann, Sprecher von Pro Bahn. Grund für den Halt in nur einer Richtung ist, dass es dort für Regionalzüge nur einen Bahnsteig in Richtung Berlin gibt. Etwas anderes habe der VBB nicht bestellt, so ein Bahnsprecher.
Egal in welche Richtung, wer mit einem Regionalzug fährt, sollte sich vorher ein Ticket besorgen. Die Bahn verkauft ab dem Fahrplanwechsel nämlich keine Fahrscheine mehr im Zug. „Das Nachlösen im Zug beim Kundenbetreuer ist nur noch möglich, wenn es am Einsteigebahnhof weder eine personalbediente Verkaufsstelle noch einen Automaten gibt“, teilte die Deutsche Bahn mit. Wer ohne Fahrschein erwischt wird, muss 40 Euro zahlen. Für Bahnkundenvertreter Naumann eine Unsitte: „Kunden werden zu Schwarzfahrern gemacht.“ Pro Bahn fordert, das Nachlösen im Zug beizubehalten. Ein Regionalexpress sei keine S-Bahn, wo man einfach ein paar Minuten später die nächste nehmen könne, wenn man erst ein Ticket kaufen muss.
Das Ende der einen Baustelle ist auch der Anfang einer neuen. Gleise und Brücken der S-Bahn-Linie 7 im Grunewald werden nun ein Jahr lang saniert. Abschnittsweise wird die Strecke deshalb auf ein Gleis verengt. Dennoch soll es vorerst keine Einschränkungen geben, verspricht die Bahn. Die S7 soll weiter im 10-Minuten-Takt fahren. Außerdem soll sie nach Bahnangaben weiterhin mit vier Doppelwaggons unterwegs sein. Insgesamt will die S-Bahn ab Montag wieder 532 Doppelwaggons aufs Gleis bringen. Damit wäre sie fast wieder auf dem Niveau wie vor Beginn S-Bahn-Krise im Jahr 2009. Hilfreich dabei ist auch, dass sie die Strecke zum Großflughafen BER wegen dessen geplatzter Eröffnung gar nicht bedienen muss.
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