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Pegida bei der OB-Wahl in DresdenEx-AfD-Aktivistin kandidiert

Tatjana Festerling will bei der Bürgermeisterwahl in Dresden für Pegida antreten. Sogar der AfD war sie zu rechts.

Tatjana Festerling spricht bei einer Pegida-Kundgebung in Dresden Bild: dpa

DRESDEN taz | Niemand soll behaupten, der Osten der Republik böte politischen Flüchtlingen nicht bereitwillig eine Zuflucht. Pegida betätigt sich sogar als Jobvermittler. Am Ostermontag verkündete Führer Bachmann, was seit einer Chemnitzer Demo vor Wochen schon durchgesickert war: Tatjana Festerling wird für das Amt des am 7. Juni zu wählenden Oberbürgermeisters in Dresden kandidieren.

Seit Bekanntwerden dieser Absicht habe es tausende positive Zuschriften gegeben, sagte Bachmann. Auf dem Dresdner Altmarkt verebbte der Akklamationsbeifall jedoch auffallend schnell. Die zahlreich angereisten „Gidisten“ aus dem Ruhrgebiet, aus Ingolstadt oder Kassel interessiert vermutlich weniger, wer an der Spitze des Dresdner Rathauses steht.

Bei den nicht minder zahlreichen sächsischen Anhängern der deutsch-sowjetischen Freundschaft dürfte indessen allein schon der Vorname Tatjana die Herzen höher schlagen lassen. Auch wenn sie sich überwinden und dann am 7. Juni tatsächlich an die Wahlurne gehen müssten. Aber es winkt ja eine „historische Chance“, von der sowohl Bachmann als auch die Kandidatin sprachen. Man kann spekulieren, wie das gemeint war. Denn Tatjana Festerling ist auf Jobsuche, seit ihr in Bielefeld gekündigt wurde.

Dem ging ein Eklat um ihre Teilnahme an der Kölner Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“ HoGeSa am 26. Oktober des vergangenen Jahres voraus. Bei den Krawallen wurden 44 Polizisten verletzt. Festerling fand das alles ganz normal und war stolz darauf, „zum ersten Mal in meinem Leben fast 500 km zu einer Demo gefahren zu sein". Wer die „Schnauze von linksgrüner Moral und Bevormundung voll“ habe, solle den „Hintern bewegen“, erklärte die Demo-Debütantin.

Sogar die AfD wollte Festerling nicht mehr

Daraufhin krachte es auch im Verhältnis zu der von ihr mitgegründeten Hamburger AfD, die wegen der Bürgerschaftswahl in diesem Februar um moderate Töne bemüht war. Hier agierte sie immerhin als stellvertretende Marketing-Verantwortliche und wurde als Bezirkskandidatin aufgestellt. Einem Ausschlussverfahren kam sie zuvor und wandte sich am 22. Februar auch ganz öffentlich dem Pegida-Verein zu.

„Niemals hatte ich mit Nazis und Rechtsextremen zu tun“, behauptet Festerling im Online-Portal Weltwoche. Die stolze Mutter zweier erwachsener Kinder betont ihre internationalen Freundschaften und ihre uneingeschränkte Solidarität mit Israel. Nicht minder stolz erwähnt sie ihre volkssportlichen Marathon-Erfolge und ihre Yoga-Ausbildung.

„Unverschämte Minderheiten“, „Sexual-Scheiß“

Das arme Opfer, das ganz unbefangen nach Köln zu einer Demo gegen „Kopfabschneider und Frauenverstümmler“ gefahren war, hört sich live in Dresden allerdings etwas weniger harmlos an. Am Ostermontag sprach sie zum vierten Mal auf einer Pegida-Demo, nachdem sie dank neu gewonnener Freizeit zu mehreren einschlägigen „-gida“ Demos in der Bundesrepublik getourt war.

Da redet sie sich schon mal in Rage gegen die „unverschämten Minderheiten aus islamischen Ländern, die uns mit ihrem Koran und den Sonderrechten auf den Geist gehen“. Auch die „verkrachten Gender-Tanten mit ihrem überzogenen Sexual-Scheiß“ bekommen etwas ab. Ihr politisches Feindbild reicht vom „großen politischen Volksbetrug“ AfD bis zur Antifa, die sich allesamt gegen das deutsche Volk verschworen haben. Und zwischen der linken Gutmenschen-Republik im Westen und einem unabhängigen Staat im Osten möchte sie am liebsten eine neue „hohe Mauer“ errichten. Beste Voraussetzungen also, in Dresden Oberbürgermeisterin zu werden.

Wäre da nicht die ernst zu nehmende schmucke und noch besser aussehende Konkurrentin Lara Liqueur, nominiert von „Die Partei“. Die rechnet nämlich schon fest mit einem Ergebnis von „100 + X Prozent“ zur OB-Wahl.

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1 Kommentar

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  • Schön dass sie dauerhaft nach Dresden ziehen möchte und dort im neuen rechten Mekka Asyl bekommt. In Hamburg wird sie niemand vermissen. (Für die vernünftigen Dresdner tut's mir aber leid.)