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Pegida-Fan in der politischen BildungToleranz sieht anders aus

Im Beirat des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz, gegen Extremismus und Gewalt“ sitzt künftig Jens Maier von der AfD, ein ultrarechter Richter.

Jens Maier am 25.09.2017 in Leipzig auf einer Pressekonferenz Foto: dpa

Den ganzen Dienstag hatte die AfD-Fraktion in Klausur gesessen. Als der Tag fast vorüber war, twitterte der brandenburgische Abgeordnete Norbert Kleinwächter von der „Wahl des Tages“, dekoriert mit einem rotbäckigen Emoji. Die AfD hatte entschieden, wen sie in den Beirat des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz, gegen Extremismus und Gewalt“ zu entsenden gedenkt: den Dresdner Bundestagsabgeordneten Jens Maier.

Maier passt in das Gremium wie Kim Jong Un in die Jury des Friedensnobelpreises. Der beurlaubte Richter ist erst seit Kurzem überregional politisch in Erscheinung getreten, in dieser Zeit aber hart nach rechtsaußen gegangen. Am Tag nach der Bundestagswahl war er der einzige AfD-Politiker, der den Pegida-Demonstranten in Dresden ein Grußwort schickte. Lutz Bachmann nannte ihn „unsere Nummer 1“. Als kürzlich Ungarns Präsident Viktor ­Orbán nach Dresden kam, begrüßte Maier ihn „in der Hauptstadt des Widerstandes“ und erklärte sich zum natürlichen Verbündeten des Null-Einwanderungs-Präsidenten Orbán.

Als Anfang der Woche in Berlin-Spandau ein Schuldach einstürzte, wusste Maier sofort, wie das hätte verhindert werden können: indem man „das Geld“ eben nicht „lieber in Flüchtlinge, musli. Spielplätze und „gendergerechte Toiletten“ steckt. Als aus dem syrische Ghouta kürzlich Berichte kamen, dass rund 400.000 Menschen durch eine Blockade ausgehungert werden, twitterte Maier, es werde Zeit für Syrer in Deutschland, die „Koffer zu packen“. Die AfD wolle ihre „Rückführung einleiten“.

Klage über „Umerziehung“

Maier stellte sich hinter den gescheiterten AfD-Kandidaten für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten, Albrecht Glaser, und nannte den Islam „keine Religion, sondern religiös-politische Doktrin!“. Im Januar hatte er bei einem Auftritt mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke in Dresden gesagt, den Deutschen sei „nach 1945 vor allem von den Westalliierten eingeredet worden, dass wir Sauhunde, Verbrecher, nichts wert sind“, sagt er. Er klagte über „Umerziehung“, nach der „­Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre“. Er droht mit einer „Zuspitzung der Verhältnisse“, die „bald eintreten wird“, beklagt die „Herstellung von Mischvölkern“, die die „nationale Identität auslöschen und dann die Abgabe der Souveränität an die EU“ folgen lassen.

Maier lässt keine Gelegenheit aus, den Konflikt, der im Zuge der Asylmigration entstanden ist, zu befeuern, statt ihn zu befrieden. Ressentiments gegen Mi­granten zu schüren ist der Kern seiner Politik.

Ressentiments gegen Mi­granten zu schüren ist der Kern von Maiers Politik.

Was Maier sich so unter „Toleranz“ vorstellt, war nicht zu erfahren: Die Pressestelle der AfD-Fraktion war, wie so oft, am Mittwoch nicht zu erreichen.

Der Geschäftsführer des „Bündnisses für Demokratie und Toleranz, gegen Extremismus und Gewalt“, Gregor Rosenthal, wusste am Mittwoch noch nichts von seinem Glück: Die Parlamentarischen Geschäftsführer hätten ihn bislang nicht informiert, sagte er.

Das Bündnis wurde am 23. Mai 2000 von Innen- und Justizministerium gegründet – dem Jahrestag der Verkündigung des Grundgesetzes. Seit 2011 ist es in die Bundeszen­trale für politische Bildung integriert. Der Beirat ist das politische Steuerungsgremium und bestimmt die inhaltlichen Schwerpunkte der Bündnisarbeit. Darin sitzen unter anderem, per Statut, Vertreter aus allen Bundestagsfraktionen sowie Deidre Berger, die Direktorin des American ­Jewish Committee in Berlin, der Gewaltforscher Andreas Zick, der Direktor des Anne Frank Zen­trums, Patrick Siegele, und die Migra­tionsbeauftragte der Bundesregierung, ­Aydan Özoğuz – die, die Maiers AfD in Anatolien „entsorgen“ will.

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8 Kommentare

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  • 8G
    80336 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank für die Information!

  • Müssen jetzt die Geschichtsbücher umgeschrieben werden?

  • Ist doch gut, da kann doch einer die Verbrechen der schwarzen Blöcke in diesem Podium öffentlicher machen als sie es bisher sind. Gewalttätig sind extrem Linke wie extrem Rechte. und wie extrem Jens Maier ist muß sich erst noch zeigen. Und dass die Deutschen keine Kultur haben wird der Mann sicher nicht verbreiten. Das ist eher Frau Özoguz zuzutrauen.

  • Ich finde das gar nicht so schlecht. Er kann alleine nicht viel Schaden anrichten, muss aber die Ergebnisse mit verantworten. Und da gerät er wahrscheinlich ziemlich unter Druck aus den rechtsextremen Reihen. Zudem können wir uns sicher sein, das jedweder Schmonzes, den er so absondert, an die Öffentlichkeit kommen wird und so weiter das faschistoide und antidemokratische Gedankengut der AfD öffentlich wird.

  • Vielleicht lernt Maier da ja was... Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt...

     

    P.S.: Kann es nicht mal einen Tag geben, an dem es keine Meldung gibt, von der mensch dachte, so eine wird es niemals geben? Es geht tagein tagaus immer weiter mit diesen "Horrormeldungen".

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @Hanne:

      Würden Sie mir den Gefallen tun, und mir erklären, aus welchem Grund das Wort in Anführungsstriche gesetzt wurde?

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    CDU, CSU und SPD haben in der letzten Wahlperiode angefangen, Lager in der Peripherie rings um die EU zu errichten, um die sog, Flüchtlingsfrage zu lösen.

    Die FDP steht auch dahinter und die Grünen sind dabei, das mitzutragen.

     

    Vielleicht sollte eine derartige Fake-Organisation wie dieses „Bündnis für Demokratie und Toleranz, gegen Extremismus und Gewalt“ einfach aufgelöst werden, ebenso wie die bpb, die unfähig ist, dieses politische Handeln - ein kapitalistisch-logistisches Lagersystem für unwerte Menschen einzurichten - als politischen Extremismus der Mitte einzuordnen, weil sie eine wissenschaftlich ungenügende Extremismustheorie vertritt, die von Wissenschaftlern aus dem konservativen gesellschaftlichen Lager erfunden wurde, um eine gesellschaftliche Vormachtstellung zu erreichen und Linke pauschal zu diskreditieren.

     

    Ich weiß jedenfalls, nicht, wie sich ernsthaft Parteipolitiker, die ein Gulag-ähnliches System zur gewaltsamen Menscheneinlagerung rund um die EU errichten, sich noch hinstellen können und für Toleranz und Demokratie eintreten können. Extremisten sind sie selbst, wenn sie Menschen auf so grausame Weise behandeln. Wie sollen diese Politiker gegen Extremismus vorgehen? Das hieße, sie müßten auf der Stelle ihre Partei auflösen oder reformieren und alle Ämter niederlegen.

     

    Ein Realsatireprogramm ist dann eingetreten, wenn sich Politiker pauschal und unreflektiert "gegen Gewalt" engagieren. Dann sollen sie die Polizei abschaffen und die Gefängnisse, die Waffenfabriken, die Bundeswehr, aber zuallererst die Lagerhaltung für ausgesonderte, zur kapitalistischen Verwertung nicht geeignete Menschen rings um die EU und auch in der EU einstellen.

    Diese christliche Verklärung von demokratischem Handeln als "gewaltlos" zeugt lediglich von einer Insensibilität der Tatsache gegenüber, dass der Auftrag zum gewaltsamen Handeln in einer Demokratie auf andere Menschen übertragen wird, an Polizei, Bundeswehr, Söldner, Ladendetektive oder eine aufgepumpte Security.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      "die bpb, die [...] eine wissenschaftlich ungenügende Extremismustheorie vertritt, die von Wissenschaftlern aus dem konservativen gesellschaftlichen Lager erfunden wurde, um eine gesellschaftliche Vormachtstellung zu erreichen und Linke pauschal zu diskreditieren."

       

      Ich denke, da tun Sie der bpb Unrecht. Schauen Sie mal unter https://www.bpb.de/apuz/32409/extremismus

       

      Kleine Kostprobe aus dem ersten Essay:

      "Politischer Extremismus wird nicht in der Mitte der Gesellschaft, sondern als Randphänomen verortet und die - tatsächlich oder vermeintlich - von ihm ausgehende Bedrohung für den Kern der Verfassungsordnung zu seinem Alleinstellungsmerkmal gemacht. Zudem wird nicht deutlich, nach welchen Kriterien die Übergänge zwischen der jeweiligen extremen Position und der Mitte bestimmt werden, wie also im rechten Spektrum die Positionen zwischen den beiden Extremen "Mitte" und "rechter Rand" verortet werden und wie sich der Übergang zu radikalen und weiter zu extremen Positionen vollzieht. Denn die Mitte wird selbst zur extremen Position, wenn auf der Achse die beiden Teilspektren links und rechts abgetragen werden.

       

      Wer sich als Mitte definiert, erhebt zugleich den Anspruch, diese und damit zugleich die Mehrheit zu repräsentieren. Ob diese Mitte oder Mehrheit tatsächlich "gut" ist, kann bezweifelt werden. Denn auch sie können zu extremen Positionen tendieren: "Fühlt die Mehrheit sich gefährdet, ist sie bereit, alle Vernunft und Gesetzlichkeit über Bord zu werfen, wie die Akzeptanz des Nationalsozialismus zeigt." Schließlich ist der Nationalsozialismus aus der Mitte der deutschen Gesellschaft heraus groß geworden, und auch heute entspringt der Rechtsextremismus zum Teil der Mitte der Gesellschaft, das heißt dem Ort, an welchem die sind, die durch Verunsicherung, Zukunftsangst und Orientierungsprobleme veranlasst sind, sich rechtsextremistischen Deutungs- und Problemlösungsangeboten zu öffnen. "