Paul Ziemiak auf dem CDU-Parteitag: General der neuen Härte
Der neue CDU-Generalsekretär heißt Paul Ziemiak. Er ist wohl der Richtige, um den konservativen und den mittigen Flügel wieder zusammenzuführen.
Hamburg taz | „Ich bewerbe mich, weil es um die Partei geht“, sagt Paul Ziemiak zum Beginn seiner Bewerbungsrede als CDU-Generalsekretär. Das klingt nicht gerade nach einem Traumjob. Und tatsächlich, dass die neue Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer den 33 Jahre alten Ziemiak als ihren eigenen Nachfolger im Amt des Generalsekretärs vorgeschlagen hat, ist ein Friedensangebot.
Die mageren 62 Prozent, mit denen der Hamburger Parteitag „AKK“s Vorschlag nachkommt, sprechen eine deutliche Sprache: Ziemiak gilt manchen nun als Überläufer. Er selbst sieht das freilich anders. „Meine Wahl erfüllt mich mit Demut. Ich freue mich auf dieses neue Kapitel“, twittert Ziemiak gleich nach seiner Wahl. „Packen wir es an.“
Annegret Kramp-Karrenbauer, die tags zuvor die Stichwahl um den Parteivorsitz knapp gewonnen hatte, geht es mit der Personalie darum, die Merz- und Spahn-Lager einzuhegen. Beide kommen aus Nordrhein-Westfalen; ihr erklärter Anhänger Ziemiak ebenfalls. Mit Jens Spahn ist er gar befreundet.
Im Konrad-Adenauer-Haus wird er von nun an die 423.000-Mitglieder-Partei CDU organisieren. Ende Mai findet die Europawahl statt, im Spätsommer folgen die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Die CDU wird vor allem dort ihr Verhältnis zur AfD klären müssen; keine leichte Aufgabe für den neuen Generalsekretär.
Am „Rande der Tanzfläche geklärt“
„Ich bin sehr froh, dass Paul mir gestern zugesagt hat“, erklärte Kramp-Karrenbauer in ihrer Vorschlagsrede. Sie rechne ihm hoch an, dass er ihr Angebot zuvor aus Loyalität zu den beiden anderen Bewerbern abgelehnt habe. Abere man habe das dann beim Parteiabend am Freitag am „Rande der Tanzfläche geklärt“. Mit ihrer Entscheidung wolle sie auch klar machen: „Diese Partei ist nicht gespalten.“
In der Debatte um eine Obergrenze für Geflüchtete schlug der Aussiedler-Sohn 2016 einen überraschenden Ton an
Das ist sie zwar trotzdem. Aber Ziemiak ist der richtige Mann, um den konservativen und den mittigen Flügel wieder zusammenzuführen. Er ist seit zwanzig Jahren Mitglied der Jungen Union, seit 2014 ist er deren Vorsitzender. Das Amt muss er nun für den neuen Posten aufgeben.
Ziemiak wurde 1985 in Polen geboren und kam mit seiner Familie im Alter von drei Jahren nach Deutschland. Er wuchs in Herne auf, dort lebt er mit Frau und Kind. Seit 2017 ist er Abgeordneter im Bundestag.
In der Debatte um eine Obergrenze für Geflüchtete schlug der Aussiedler-Sohn 2016 einen überraschenden Ton an. Zum einen forderte er im taz-Interview namens der Jungen Union ein Zuwanderungsgesetz. Zum anderen befand er, Deutschland müsse sich „aussuchen können, wer zu uns kommt“. Ziemiak ist ein Vertreter jener CDU-Generation, die die neue Härte ins Politikgeschäft bringt. Es wird nicht zu seinem Nachteil sein.
Leser*innenkommentare
Rudi Rastlos
Hamburger Morgenpost:
"Viele Stimmen aus der Partei kritisieren die Wahl des neuen Generalsekretärs der Partei.
So postete der Bundesschatzmeister der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT, Hermann Hesse, folgendes Statement im sozialen Netzwerk Facebook:
Unglaublich, wie man jemanden zum General vorschlagen kann, der noch nie mit bodenständiger Arbeit Geld verdient hat, der keinen vernünftigen Abschluss vorweisen kann und das reale Leben nur aus der Politikbrille kennt."
Ich hätte mit nie vorstellen können, mit einem CDU-Funktionär einmal völlig einer Meinung zu sein.
meerwind7
Ist Ziemiak nun Aussiedler im Sinne deutscher Vorfahren? Klingt ja eher polnisch.
Hat er eine abgeschlossene Berufsausbildung? Erfahrungen ausserhalb der Politik?
Rainer B.
„Ziemiak ist ein Vertreter jener CDU-Generation, die die neue Härte ins Politikgeschäft bringt. Es wird nicht zu seinem Nachteil sein.“
Immerhin, dann bringt die CDU wenigstens einem hier mal keine Nachteile.
Nur mal so - ganz unter uns:
Sollte sowas nicht auch einfacher ohne den ganzen Parteiapparat möglich sein?
Rudi Rastlos
@Rainer B. Na vielleicht ist ja der Vater "nur" Pole und die Mutter Deutsche? Und damit er Deutscher und vom Pawel zum Paul geworden ....
Das deutsche Abstammmungsrecht erschließt sich mir nicht wirklich, denn ich lernte auf einer Weiterbildung eine junge unverheiratete Russin kennen, die ein Kind mit einem Deutschen hatte, was ihr zu einer Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung verhalf. Vielleicht aber nur bis zur Volljährigkeit des Kindes? Oder aber sie heiratet irgendwann den Vater oder irgendeinen anderen Deutschen wenigstens für 3 Jahre. Dann hat sie das Recht auf einen dauerhaften Aufenthalt.
Anfang der 90er Jahre wurden etliche osteuropäische Spitzensportler Deutsche - Turner, Leichtathleten, Eiskunstläufer .... sie halfen der BRD die Reputation auf sportlichem Gebiet zu erhalten - letztlich schon damals angewandt was jetzt ein Migrationsgesetz für den allgemeinen Arbeitsmakt schaffen soll.
Rainer B.
@Rudi Rastlos Sorry, aber mein Kommentar hatte nun wirklich gar nichts mit „Abstammungsrecht“ oder so zu tun. Ich versteh Ihre Antwort deshalb hier auch gar nicht.
Rudi Rastlos
@Rainer B. Ebenfalls sorry.
Es war eine Antwort auf die Frage von Meerwind07 und ist wohl verrutscht.
Auf manches hat man eben keinen echten Einfluss.
Rainer B.
@Rudi Rastlos Alles klar!