Pascal Beucker über das TV-Duell zwischen Kraft und Laschet: Ausgelaugt und ideenlos
Die Nervosität war Hannelore Kraft anzumerken. Für eine Amtsinhaberin trat die SPD-Ministerpräsidentin bei ihrem Fernsehduell gegen Armin Laschet am Dienstagabend erstaunlich unsouverän auf. Auf die Attacken des CDU-Herausforderers reagierte sie gereizt und genervt. Doch so giftig der Schlagabtausch zwischen den beiden auch war: Vieles spricht derzeit dafür, dass sie gemeinsam nach der Landtagswahl am 14. Mai in Nordrhein-Westfalen regieren werden – mit Kraft als alter und neuer Regierungschefin.
Seit sieben Jahren bestimmt Kraft mit einer rot-grünen Koalition die Geschicke des Landes. Die einstige sozialdemokratische Hoffnungsträgerin wirkt ausgelaugt und ideenlos. Sie verwaltet ihre Macht, gestaltet sie jedoch nicht mehr. Nach Jürgen Rüttgers und Norbert Röttgen ist Laschet schon der dritte CDU-Kandidat, der versucht, es mit ihr aufzunehmen. Dass Kraft wohl auch diesmal die Oberhand behalten wird, liegt allerdings an der Schwäche der Konkurrenz.
Das zeigte auch das TV-Duell. Zwar konnte Kraft die magere Bilanz ihrer Amtszeit, die Laschet präsentierte, nicht entkräften. Sie widersprach nicht einmal dem Vorwurf, dass während ihrer Amtszeit die Kinderarmut gestiegen sei – ein Armutszeugnis für eine Sozialdemokratin. Doch auch wenn es Laschet immer wieder gelang, seine Konkurrentin in die Defensive zu drängen: Eine überzeugende Alternative zu ihrer Politik präsentierte er nicht.
Glaubt man den Umfragen, dann wird die derzeitige rot-grüne Koalition in eineinhalb Wochen krachend abgewählt. Kraft dürfte das egal sein, solange die SPD stärkste Partei und sie Ministerpräsidentin bleiben kann. Für das Land ist die Aussicht auf eine Große Koalition jedoch keine erbauliche Perspektive. Verhindert werden könnte sie nur, wenn sich die schwächelnden Grünen berappeln und die Linkspartei es in den Landtag schafft. Nordrhein-Westfalen braucht produktive Unruhe, nicht Stillstand.
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