Partys in Parks in Berlin: Verbunden via Instagram
Wer trifft sich eigentlich so auf den Partys in Berliner Parks, die derzeit so viel Schlagzeilen machen? Unsere Autorin hat ein bisschen mitgefeiert.
Paula kommt aus einem Berliner Vorort hinter Erkner, sie geht auf die 11. Klasse einer Schule in Friedrichshain. Ziemlich weit weg vom Kreuzberger Viktoriapark, in dem wir gerade sind. Der Instagram-Account „bln.saufen“ hat sie hergelockt. Von den vier Parks, die der Account für diesen Freitag gepostet hatte, war das hier der zentralste. Deswegen bin auch ich hergekommen. Als 25-Jährige fühle ich mich eigentlich zu alt für ein Parkbesäufnis, aber ich will es mir heute Nacht ansehen.
Viel los ist allerdings nicht. Auf dem Platz vor dem Denkmal auf der Spitze des Kreuzbergs tummeln sich nicht mehr als 15 Menschen, auf einer Bank liegt ein Mädchen und schläft, auf der Bank daneben hat eine gerade gekotzt. Musik läuft auch nicht. Lame. „Hätte ich das gewusst, hätte ich meine Flip 4 mitgebracht“, ärgert sich Yannick. Flip 4, das ist eine dieser kleinen Bluetooth-Boxen, die zur Parkparty genauso dazugehören wie der Alkohol. Die dieses Phänomen vielleicht erst mit ermöglichen.
Yannick ist 16 und geht auf die gleiche Schule wie Paula. Er wird dieses Jahr 17, wie er stolz betont, aber normales feiern, ohne Corona? Kennt er nicht.
Paula trinkt oder kifft nicht, deswegen ist sie die Managerin der Gruppe. Weil hier nichts los sei, will die Gruppe in den „Gleisi“, den Gleisdreieckpark. Da kommt Anna gerade her. Sei nicht cool gewesen, deswegen ist auch sie mit einer Freundin dem Aufruf von bln.saufen gefolgt. Sie lobt meinen Namen („Cristina, voll der schöne Name!“) und wir tauschen Instagram-Profile aus.
Ich war lange nicht mehr auf einer Party, wo die Leute so schnell so offen waren. Genau deswegen kommen Paula, Yannick und Anna immer so gern zu den „Partys“ beziehungsweise Besäufnissen im Park. Es geht nur in zweiter Linie ums Saufen, sondern primär um das soziale.
Im Mauerpark ist immer was los
Weil auf dem Kreuzberg nichts los ist, ziehen meine Begleitung und ich weiter zum Mauerpark. Dazu hat bln.saufen zwar heute nichts angekündigt, aber da soll am Basketballplatz immer was los sein.
Anna und ich haben sofort Freundschaft geschlossen. Bevor wir den Park verlassen, gehen wir zusammen ins Gebüsch um zu pinkeln. Aber zugepisste Ecken sind natürlich ein Problem der Parkpartys. Die Lösung – mobile Klos – funktioniert nicht immer. Zumindest nicht am Mauerpark. Als wir dort ankommen, treten ein paar Jugendliche gerade die Tür des Klocontainers ein. Als sie am Boden liegt, springt jeder nochmal – rumms – rauf. Wild! Hier weht ein aggressiverer Wind als bei den Teens im Viktoriapark, denke ich. Mittlerweile ist es viertel nach zwei.
Als wir am Basketballplatz ankommen, sieht es aus wie auf einem Festival. Unzählige kleine Grüppchen fügen sich zu einer Menschenmasse zusammen. Wo eine Hand eine Bluetooth-Box in die Höhe reckt, bilden sich kleine Pulks, die tanzen und mitgrölen. Es läuft Deutschrap, aber auch „Country Road, Take Me Home“. Gar nicht so anders als auf dem Oktoberfest.
Partytouristen aus NRW
Wir lernen Jan kennen. Er ist 19, kommt aus NRW und ist die letzten vier Wochen jedes Wochenende nach Berlin gekommen; um „seinen Spaß zu haben“. Er kommt per Mitfahrgelegenheit, schlafen tut er „irgendwo, im Wald oder so.“ Krass. In der Hand hat er eine Plastikflasche mit einer roten Flüssigkeit drin. Ob das Lean sei, frage ich. Das Hustensaftgemisch mit Opiaten ist bei Ami-Rappern und Teenies beliebt, richtiges Klischee. Ich probiere einen Schluck. Schmeckt nach Wassermelone, eine Wirkung merke ich nicht.
Ich frage mich langsam, wann hier die Polizei kommt. Als ich um kurz nach vier nach Hause gehe, dünnt sich die Menge langsam aus, aber von Polizei keine Spur. In der nächsten Nacht aber wird der Mauerpark schon um ein Uhr geräumt. Für den Abend hatte bln.saufen den Mauerpark als Partyort gepostet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen