Parteitag: Die SPD liebts unpolitisch
Die Partei zittert um ihre Posten in den Bezirken. Sie lehnt die Einführung des politischen Bezirksamts ab - entgegen früherer Bekundungen. Das könnte zum Streit mit dem Koalitionspartner führen.
Die SPD will auch künftig in allen Bezirken einen Teil der Spitzenposten besetzen. Der Parteitag der Sozialdemokraten beschloss am Samstag: Auch die Parteien, die den Bezirksbürgermeister nicht mitgewählt haben, sollen weiterhin eigene Stadträte erhalten. "Wir wollen so viele Stadträte wie möglich haben, um die Bezirkspolitik mitgestalten zu können", sagte der Landesvorsitzende Michael Müller. Genau wie bisher soll nach dem Willen der SPD auch in Zukunft nur der Bürgermeister von einer Koalition gewählt werden, die anderen Stadträte sollen nach dem Verhältnis der Fraktionen im Bezirksparlament verteilt werden ("Proporzbezirksamt").
Bislang hatte die SPD sich allerdings für den Systemwechsel in den Bezirken ausgesprochen: Das Bezirksamt solle politisch werden, im Bezirksparlament solle sich also eine Koalition und eine Opposition bilden, und nur die Koalition solle auch den Bürgermeister und die Stadträte stellen. Der SPD-Abgeordnete Raed Saleh argumentierte auch auf dem Parteitag dafür: "Wenn wir in einem Bezirk in die Opposition kommen, dann ist es halt so." Dann müsse man eben "besser kämpfen und bessere Positionen ausarbeiten", aber sich doch nicht per Gesetz an die Bezirksregierung bringen. Auf Landesebene sitze die Opposition ja schließlich auch nicht mit eigenen Senatoren an der Regierung.
Michael Müller hält diesen Vergleich für unzulässig - die Bezirke hätten ja keine Regierung, sondern eine politische Verwaltung. Der Vorschlag des politischen Bezirksamtes bedeute angesichts "struktureller Mehrheiten in einigen Bezirken, dass wir für 20 oder 30 Jahre weg vom Fenster sind" und in der Verwaltung nicht mehr mitbestimmen können.
Hans-Georg Lorenz aus dem Bezirk Spandau, in dem es eine solche strukturelle Mehrheit für die CDU gibt, hielt dennoch dagegen: "Es schürt die Politikverdrossenheit, wenn die Bürger den Eindruck haben, dass die SPD diese Entscheidung trifft, um sich Posten zuzuschustern", sagte er. Das politische Bezirksamt führe hingegen dazu, dass die Bürger erkennen könnten, welche Parteien für die Entscheidungen verantwortlich seien.
Die Entscheidung fiel nach der teilweise hitzig geführten Debatte sehr knapp. Weder die Reinform des politischen Bezirksamtes konnte sich durchsetzen noch ein Kompromissvorschlag des Landesvorstandes - in der Schlussabstimmung entfielen 50,2 Prozent der Stimmen auf das Proporzbezirksamt.
Die Linkspartei ist allerdings weiterhin für das politische Bezirksamt. Damit eröffnet sich ein neues Konfliktfeld für die Koalition - und auch die Opposition hat jetzt einen guten Grund mehr, die SPD im Abgeordnetenhaus unter Druck zu setzen.
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