Parteitag der Linken in Thüringen: Mit Bodo Ramelow in den Wahlkampf
Fast einstimmig wählt die Linkspartei in Thüringen ihren Ministerpräsidenten zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Auch Weselsky unterstützt.
In Bad Blankenburg, südlich der großen Städte Erfurt, Jena und Weimar, stimmten am Samstag 115 Delegierte über die Liste der Kandidat:innen ab, mit denen die Linke am 1. September zur Landtagswahl antreten wird. In Umfragen bekam die Partei zuletzt zwischen 16 und 18 Prozent. Damit hätte die Linke etwa 17 Plätze im Landtag. Sie liegt hinter CDU und AfD an dritter Stelle. Deutlich besser als die Bundespartei, trotzdem sind die Werte vergleichsweise niedrig: Bei der letzten Landtagswahl 2019 holte sie 31 Prozent und bekam 29 Plätze. In den vergangenen Jahren regierte die Linke mit SPD und Grünen in einer Minderheitsregierung.
Einer der Gründe für die gesunkenen Umfragenwerte dürfte die neue Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Sie kommt in den Umfragen für Thüringen auf 13 bis 15 Prozent. Doch in den Reden auf dem Parteitag der Linken spielte BSW kaum eine Rolle. Stattdessen ging es um soziale Gerechtigkeit, Antifaschismus – und Bodo Ramelow.
Auf dem Parteitag in Bad Blankenburg verteilte die Linke weiße T-Shirts mit roter Aufschrift: „Team Bodo“. Entsteht da ein Personenkult um den Ministerpräsidenten? An einem runden Stehtisch, vor sich eine Tasse Kaffee, antwortete Ramelow darauf: „Nein, ich werde für meine konkrete Arbeit gewürdigt.“ Und er verwies auf den Amtsinhaberbonus: „Wenn der Ministerpräsident eine Rückbindung in die Bevölkerung hatte, hat das zuletzt auf seine Partei eingezahlt.“
Weselsky für Ramelow
Doch eine konkrete Zahl, wie viel Prozent seine Partei erreichen könne, dazu äußerte sich Ramelow nicht. „Meine Zielstellung ist, dass die AfD unter 30 Prozent bleibt“, bei den anderen 70 Prozent sei wichtig, dass sie zusammenarbeiten, um eine stabile Regierung zu ermöglichen.
Schon vor Ramelows Wahl zum Spitzenkandidaten zeigte die Linke in der Stadthalle auf einer Leinwand über der Bühne mehrere kurze Grußbotschaften per Video. In einem davon wünschte Claus Weselsky, Chef der Lokführer:innen-Gewerkschaft GDL und CDU-Mitglied, Bodo Ramelow Erfolg für die Wahl. Vor Ort in Bad Blankenburg sprach sich auch Stefan Böck, Betriebsrat des Bergbauunternehmens K + S, für Bodo Ramelow aus.
Böck ist der Sohn von Thüringens erstem Innenminister Willibald Böck (CDU) und steht für die Landtagswahl bei der CDU Thüringen auf Listenplatz 52. Für seinen Vater sei klar gewesen „Keine gemeinsame Sache mit Nazis und Faschisten“, und das verbinde ihn als Gewerkschafter nun mit Bodo Ramelow. Gegenüber der taz betonte Böck, dass er als Betriebsrat beim Parteitag der Linken sei, nicht als CDU-Mitglied.
Innerparteilich demonstrierten die Mitglieder der Linken Einigkeit. Die meisten Listenplätze, die der Landesvorstand vorgeschlagen hatte, bestätigten die Delegierten mit rund 90 Prozent der Stimmen.
Prominente Ausnahme bildete dabei die Co-Vorsitzende der Linken in Thüringen, Ulrike Grosse-Röthig. Sie trat direkt nach Ramelow auf Listenplatz 2 an und erhielt mit 63 Prozent der Stimmen deutlich weniger. Sie sei zufrieden damit, erklärte sie. Das liege daran, dass sie „klare Kante nach innen und nach außen“ zeige, vermutete Grosse-Röthig. „Da muss man mit so einem Ergebnis rechnen.“
Mit 78 Prozent erhielt auch Benjamin-Immanuel Hoff, Chef der Staatskanzlei, auf Platz 9 ein bis dahin unterdurchschnittliches Ergebnis. Obwohl er seit 2014 Minister für die Linke in Thüringens Regierung ist, tritt er zum ersten Mal für den Landtag an. Er kam aus Berlin nach Thüringen und gilt als allgegenwärtiger Realpolitiker mit Vision.
Dass Hoff nun auf der Landesliste steht, hängt auch mit der unsicheren Regierungsaussicht für die Linke zusammen. Der taz erklärt er: „Wenn die CDU eine Regierung ohne Linke bildet, müssen wir zeigen, dass wir die bessere Regierung im Wartestand sind.“
Von den derzeitigen Abgeordneten treten mehrere nicht zur Wahl an. Darunter der Fraktionsvorsitzende Steffen Dittes, der Parlamentarische Geschäftsführer André Blechschmidt und die Landtagspräsidentin Birgit Pommer. Spitzenkandidat Bodo Ramelow sagte, er habe sich zunächst mit dem Generationenwechsel anfreunden müssen, sei aber froh über den Perspektivwechsel für den Wahlkampf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!