Parteispenden in Deutschland: Grüne sind jetzt Gutverdiener
Vor den Landtagswahlen erhält die Partei eine Rekordspende. Ein Berliner Anlageberater überweist knapp 300.000 Euro.
Wie der Bundestag am Donnerstag öffentlich gemacht hat, spendierte Wermuth den Grünen Ende August insgesamt 299.989 Euro. Rund 270.000 Euro gingen an den Berliner Landesverband – die größte Einzelspende seiner Geschichte. Für die Parteifreunde in Mecklenburg-Vorpommern fielen immerhin noch 30.000 Euro ab.
Bereits im Februar hatte Wermuth den baden-württembergischen Landesverband mit 300.000 Euro beglückt und damit sein Scherflein zum Wahlsiegs Winfried Kretschmanns im März beigetragen.
Das Pikante: Eigentlich setzen sich die Grünen für eine Begrenzung von Parteispenden ein. So fordert ihre Bundestagsfraktion die Einführung einer jährlicher Obergrenze für Spenden natürlicher und juristischer Personen an eine Partei von 100.000 Euro. Damit solle dem Eindruck unzulässiger Einflussnahme auf politische Entscheidungen entgegengewirkt werden.
Jochen Wermuth
Das Geld von Wermuth, der der Partei in diesem Jahr schon rund 600.000 Euro spendiert hat, nehmen sie trotzdem gerne. „Wir freuen uns über die sehr großzügige Spende und werden sie im Rahmen unseres Wahlkampfes und für unsere grünen Ziele einsetzen“, erklärte ein Sprecher der Berliner Grünen auf Anfrage.
Wermuth ist seit April Mitglied der Partei. Bei den Berliner Wahlen am 18. September kandidiert der 46-jährige Anlageberater auf der grünen Liste für die Bezirksverordnetenversammlung Mitte – allerdings auf dem wenig aussichtsreichen Platz 30. „Mit den Spenden setze ich mich aktiv für die zukunftsfähige Politik der Grünen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ein“, sagte Wermuth der dpa. Der edle Spender führt eine in Berlin und Mainz ansässige Anlagefirma, die sich nach eigenen Angaben auf nachhaltige Investitionen spezialisiert hat.
Der in den USA geborene und in Mainz aufgewachsene Wermuth beriet nach dem Studium zunächst für die EU, dann für die Weltbank das russische Finanzministerium. Von 1997 bis 1998 arbeitete er für die Deutsche Bank in Moskau. Bis heute verfügt Wermuth über ausgezeichnete Verbindungen nach Russland. 1999 gründete er sein eigenes Unternehmen. Wermuth ist ein glühender Verfechter der freien Marktwirtschaft. Er sei, urteilte der Spiegel unlängst, „zwar Greenpeace-Unterstützer, aber gewiss kein Ökoesoteriker“. Seine Devise laute: „Finance first“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin