Parteispenden International: Von anonym bis völlig intransparent
In den deutschen Nachbarländern gibt es verschiedene Gebräuche bei der Parteienfinanzierung. Und im Spendenparadies Österreich eine Reform.
Die Parteienfinanzierung in Deutschland gilt als wenig transparent: Spender werden erst ab 10.000 Euro pro Jahr bekannt, über diverse Hintertüren wie Sponsoring können die Transparenzpflichten weiter ausgehebelt werden.
Die deutschen Parteien haben Einnahmen von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr, nur bei einem geringen Teil davon erfährt die Öffentlichkeit die Herkunft. Wie aber ist es in unseren Nachbarländern?
Nirgendwo in Europa sind Parteispenden windiger und weniger transparent geregelt als in Österreich. Jede Interessengruppe kann in praktisch unbegrenzter Höhe Gelder an eine Partei kanalisieren, ohne dass die Öffentlichkeit darüber erfährt. Nach geltendem Recht müssen Spenden weder offengelegt werden, noch gibt es eine Begrenzung. Nicht einmal ein Kontrollorgan ist vorgesehen. Lediglich Einzelspenden über 7.260 Euro müssen dem Leiter des Rechnungshofs mündlich gemeldet werden. Der darf diese Information weder überprüfen, noch an Dritte weitergeben.
Umdenken in Österreich
Und in Deutschland? Die taz hat die deutschen Parteispenden über 10.000 Euro seit 1994 durchsuchbar und damit zugänglich gemacht: Unter taz.de/parteispenden können Sie suchen, nach Adressen, Parteien, Beträgen, Firmen. Für Parteispendenwatch ist die taz für den Grimme Online Award nominiert. Bitte stimmen Sie unter www.tvspielfilm.de/grimme ab.
Nachdem jetzt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss so gut wie wöchentlich neue Skandale über Zuwendungen staatsnaher Unternehmen an Funktionsträger und Günstlinge der ÖVP-FPÖ-Regierung unter Wolfgang Schüssel (2000-2007) aufdeckt, stehen die Parteien unter Zugzwang. Auch die wirtschaftsnahe ÖVP, die am meisten Spenden einnimmt, konnte nicht länger blockieren und stimmte im April einer Gesetzesnovelle zu, die die Offenlegung von allen Zuwendungen über 5.000 Euro unter Nennung des Spenders verlangt.
Einbezogen werden auch Teil- und Vorfeldorganisationen, die zur Umgehung missbraucht werden könnten. Spenden von staatsnahen Unternehmen und öffentlich-rechtlichen Körperschaften wie Kammern sollen ganz verboten werden. Bei Verstößen sind Geldstrafen vorgesehen.
Die ÖVP hat in letzter Minute noch die Neuregelung der öffentlichen Parteienfinanzierung in die Novelle reklamiert. Die ist in jedem der neun Bundesländer anders geregelt aber überall an die Anzahl der Wählerstimmen gekoppelt. ÖVP und SPÖ einigten sich darauf, die Beträge nach oben zu nivellieren, was jährliche Mehrkosten von rund zehn Millionen Euro bringen würde. Schließlich ist damit zu rechnen, dass Spenden künftig weniger großzügig fließen.
Für die Abstimmung im Parlament brauchen die Regierungsparteien aber die Stimmen einer Oppositionspartei, da es sich um ein Verfassungsgesetz handelt. Für die Grünen, die seit Jahren eine Neuregelung der Parteispenden fordern, kommt eine Zustimmung nur infrage, wenn die Parteienfinanzierung aus der Novelle herausgenommen und die Höhe der anonymen Spenden abgesenkt wird.
In der Schweiz ist der Staat im Gegensatz zu Deutschland nicht für die Teilfinanzierung der Parteien zuständig. Traditionell hat sich der Staat nicht einzumischen. Diskretion sei den Schweizern auch bei den Parteispenden wichtiger als Transparenz, hält die Staatengruppe gegen Korruption (Greco) in ihrem letzten Bericht fest. Das Evaluationsteam von Greco war erstaunt über die Intransparenz der Buchführung bei den Parteien.
Selbst die meisten Parteimitglieder haben keinen Zugang zu detaillierten Informationen über Einnahmen und Ausgaben. Da auch in der Schweiz die Mitgliederzahlen der Parteien zurückgehen, sind sie fast völlig von privaten Unterstützern abhängig. Das meiste Geld kommt von Unternehmen, Banken, Gewerkschaften, Privatpersonen und Unterstützungsvereinigungen. Es kann anonym gespendet werden. Bis zu einem Betrag von 8.200 Euro ist eine Spende in der Regel steuerlich absetzbar.
Die Parteien sind bei Ihrer Buchführung niemandem Rechenschaft schuldig. Es existieren keine bundesweiten Vorschriften, die Transparenz und Kontrolle der Finanzierung regeln. So liegt im Ermessen der Parteien, auf welche Art und Weise sie über ihre Einnahmen Buch führen und ob die Spenden gesondert erfassen werden. Nur in den Kantonen Genf und Tessin wurden erste Transparenz-Regeln durchgesetzt.
In den Niederlanden schießt der Staat allen Parteien zusammen insgesamt 15 Millionen Euro pro Jahr zu. Das ist nicht mal ein Zehntel von dem, was deutsche Parteien vom Staat erhalten. Darum sind auch hier die Parteien auf Spenden angewiesen. Nach dem „Gesetz zur Subventionierung politischer Parteien“ von 1999 sind Zuwendungen von juristischen Personen bereits ab einer Höhe von 4.537,80 Euro mit Spendernamen, Datum und Höhe des Betrags zu veröffentlichen.
Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Grenze bei 10.000 Euro. Spenden sind dann steuerlich abzugsfähig, wenn sie mehr als ein und maximal zehn Prozent des Bruttoeinkommens betragen. Unternehmen können Spenden bis einem Betrag von von sechs Prozent des Gewinns von der Steuer absetzen.
An der Gesetzgebung wurde immer wieder kritisiert, dass die Veröffentlichungspflicht leicht umgangen werden kann, indem man die Spende nicht als Unternehmen, sondern einfach als Privatperson überweist. Dann muss sie gar nicht veröffentlicht werden – die Spende kann anonym und auch in bar erfolgen. Seit Jahren gibt es politische Diskussionen darum, ob die Regeln verschärft werden müssen.
In seinem Ruhestand als Politiker wurde Ex-Präsident Jacques Chirac schließlich noch von einer der politischen Finanzaffären eingeholt. Er wurde im Dezember 2011 zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt, weil er als Bürgermeister von Paris ein System von fingierten kommunalen Anstellungsverträgen zur Bezahlung von Parteifunktionären und Freunden organisiert hatte.
Solche illegalen Manipulationen waren bis zur gesetzlichen Regelung der öffentlichen Finanzierung der Politik ab 1988 keine Seltenheit; jede Partei versuchte zuvor in einer Grauzone, zu Geld zu kommen. Um solche oft als „Kavaliersdelikte“ betrachtete Verstöße zu vermeiden, werden die Parteien, die bei der Abgeordnetenwahl mindestens 1 Prozent der Stimmen in mindestens 50 von 577 Wahlkreisen proportional zu den Ergebnissen subventioniert. Heute beträgt diese Zulage 1,63 Euro pro Stimme.
Ein zweiter Teil wird entsprechend der Zahl der Gewählten verteilt. Private Spenden sind ebenfalls klar geregelt: Einzelpersonen dürfen einer Partei maximal 7.500 Euro pro Jahr geben, davon kann ein Teil von den Steuern abgezogen werden. Finanzielle Unterstützung von Wahlkampagnen durch Firmen und ausländische Staaten ist nicht zulässig. Ein Verschärfung der Gesetze ist in der Debatte, da derzeit neben den eigentlichen Parteien unzählige „Miniparteien“ bestehen, deren einziger Zweck es ist, für bestimmte Politiker Geld von Sympathisanten zu sammeln. Die Revision könnte in die Richtung gehen, dass jeder Bürger pro Jahr nur ein Partei legal unterstützen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
Ampelkoalition gescheitert
Endlich!
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Scheitern der Ampelkoalition
Ampel aus die Maus
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Antisemitismus-Resolution im Bundestag
Kritik an Antisemitismus-Resolution