Parteien zur Bundestagswahl: Doppelkopfrunde nicht dabei

Der Bundeswahlausschuss hat 28 Kleinparteien zugelassen. Die Satire-Partei „Die Partei“ kommt dieses Mal ohne Probleme durch.

Beim letzten Mal protestierte er noch: Martin Sonnenborn Bild: dpa

BERLIN taz | Zwei Männer, beide um 30, sitzen nervös im Sitzungssaal des Bundestages. In einem pinken Ordner mit Pferdebildern haben sie Flyer und ein Wahlprogramm mitgebracht. Gegründet haben sie ihre Partei vor wenigen Monaten, zusammen mit ihren Ehefrauen und drei Freunden.

Partei? „Bisher sind Sie drei Ehepaare und ein Single“, befindet einer der Beisitzer im Bundeswahlausschuss. „Für mich klingt das eher nach einer gepflegten Runde Doppelkopf."

Neben den Poltitiklaien bewarben sich 61 Vereinigungen für die Zulassung zur Bundestagswahl 2013. Am Ende des zweitägigen Sitzungsmarathons erhielten 28 Vereinigungen ein positives Votum des Ausschusses.

Der Bundeswahlausschuss ist zuständig für die formale Prüfung der Vereinigungen, die bei der Bundestagswahl teilnehmen wollen. Er prüft dabei die Korrektheit des Antrages, sowie die Strukturen der Partei. Größe, Organisation und regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit sind entscheidend.

Ohne Prüfung wurden die Parteien zugelassen, die schon in Bundes- oder Länderparlamenten vertreten sind. Neben CDU, CSU, SPD, FDP, der Linken und den Grünen, trifft das auch auf die Piraten, die NPD und die Freien Wähler zu.

2009 gab es massive Kritik an dem Ausschuss durch Medien, Wahlrechtsexperten und OSZE, da abgelehnte Parteien bisher keine Gelegenheit hatten, vor der Wahl gegen den Entscheid zu klagen. Deshalb kam es dieses Jahr zu einigen Neuerungen: So wurden neben dem Bundeswahlleiter und acht Vertretern der Bundestagsparteien erstmals auch zwei Richter des Bundesverwaltungsgerichtes mit einbezogen. Außerdem haben abgelehnte Vereinigungen die Möglichkeit binnen 4 Tage Einspruch vor dem Bundesverfassungsgericht einzulegen.

Trotzdem bleibt er umstritten, da er teilweise nach objektiv nicht feststellbaren Kriterien entscheidet. Bei Europawahlen gibt es kein solches Gremium. Dort reicht die Sammlung von Unterstützungsunterschriften aus.

Einige der Parteien wie die Tierschutzpartei, die Republikaner oder die Violetten, wurden wie schon in den Jahren zuvor von dem Gremium recht schnell durchgewunken. Für Diskussionen sorgten vor allem neue Gruppen. Einige haben die Zeit seit ihrer Gründung unglaublich effektiv genutzt, darunter die „Alternative für Deutschland“: Binnen vier Monaten konnten die Euroskeptiker 13.000 Mitglieder rekrutieren und den Ausschuss so überzeugen.

Kein „Frühling-in-Deutschland“

Dazu gesellten sich Exoten wie die WasserPartei, die Jahw-Partei oder „Frühling-in-Deutschland“. Von diesen erschien leider kein Vertreter um zu erklären, was hinter den ungewöhnlichen Namen steckt. Andere Parteien ließen sich dies nicht entgehen – mal zum Leid, mal zur Erheiterung der Anwesenden.

Besorgniserregend war vor allem der Auftritt des rechtsextremen „Bundes für Gesamtdeutschland“. Stolz erklärte dessen Vertreter, die Partei unterhalte einen „Landesverband Schlesien“ und kramte eine kleine Schlesien-Flagge hervor. Obwohl die Partei nur 80 Überlebende der „Kriegsgeneration" als Mitglieder hat, darf sie zur Wahl antreten.

Mit von der Partie war auch wieder der Satiriker Martin Sonneborn, seines Zeichens Vorsitzender der Partei „Die Partei“. Vor vier Jahren sorgte diese für Furore, als sie gegen die verweigerte Zulassung klagte. Die Klage wurde zwar abgelehnt, doch es hagelte Kritik am Ausschuss.

Dieses Mal setzten sich die Satiriker den Mitgliedern des Ausschusses genau gegenüber – demonstrative Konfrontation. „Wir haben mal ungefähr Gleichheit geschaffen: Elf bei Ihnen und elf bei uns“, verkündete Sonneborn. Zum erhofften Showdown kam es jedoch nicht. Ohne Probleme wurde die Partei diesmal zugelassen. Die Satiriker wirkten da fast ein wenig enttäuscht.

Fahriger Roderich Egeler

Die meisten freuten sich aber über ein positives Votum und bedankten sich brav. So auch der Generalsekretär der Berliner „Bergpartei, die ÜberPartei“, auch wenn er vorher harsche Kritik übte: „Dass hier Vertreter der Bundestagsparteien ihre Gegner auswählen, widerspricht meinem Gerechtigkeitsempfinden“. Etwas friedlicher fuhr er fort: „Keine Angst. Wir sind eine anarchistische Partei. Wir wollen Ihre Macht gar nicht.“

Nach teils abstrusen Vorstellungen und einiger Kritik fiel es dem Wahlleiter sichtlich schwer, konzentriert zu bleiben. Während in den Anträgen der Parteien jedes Komma zählte, wurde Roderich Egeler selbst immer fahriger. Nicht nur, dass er Probleme mit den Namen der Parteien hatte, er verzählte sich öfter oder entnahm falsche Fakten aus seinen Akten.

Die Parteien, die diese Hürde überwunden haben, stehen schon vor der nächsten: Um endgültig zugelassen zu werden, müssen sie Unterschriften sammeln – in den meisten Bundesländern 2.000 Stück. Vor allem für die Kleinstparteien mit weniger als 100 Mitgliedern wird dies nicht einfach. Dennoch zeigen sie sich zuversichtlich. Und wenn das nicht klappt? Bleibt immer noch eine gepflegte Runde Doppelkopf.

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