Parlamentswahlen in Norwegen: Aus für die Rechtskoalition
Die Linke legt zu, die Rechte ist abgewählt. Mit dem Wahlergebnis in Norwegen wird künftig ganz Skandinavien wieder sozialdemokratisch regiert.
Sechzehn Jahre ist es her, dass die sozialdemokratische Arbeiterpartei aus der Opposition heraus eine Rechtsregierung von der Macht verdrängen konnte. 2005 waren dazu noch 32,7 Prozent der WählerInnenstimmen notwendig. Diesmal reichten sogar 26,4 Prozent. Was natürlich auch bedeutet, dass die Partei mehr als je auf die Stimmen anderer Parteien angewiesen sein wird, um im Parlament eine Mehrheit zusammenzubekommen.
Aus seiner Traumkonstellation hatte der mutmaßliche künftige Ministerpräsident Gahr Støre schon im Wahlkampf kein Hehl gemacht: Eine Mitte-links-Regierung mit der liberalen Zentrumspartei und der Sozialistischen Linkspartei – eine schon zwischen 2005 und 2013 erprobte Koalition. Die drei Parteien kommen zusammen auf 89 Mandate. Die magische Zahl für eine Mehrheit im Storting sind 85 Mandate.
Nach acht Jahren endet damit auch die Regierungszeit von Angela Merkels norwegischer Parteifreundin Erna Solberg. Ihre konservative Høyre machte das größte Minus, verlor nahezu ein Fünftel ihrer WählerInnen und landete bei 20,4 Prozent. Auch die übrigen drei Parteien des rechten Flügels in der norwegischen Politik waren Verlierer. Die rechtspopulistische Fortschrittspartei sackte mit 11,9 Prozent auf ihr schlechtestes Wahlresultat seit 1993 ab.
Der Frauenanteil so hoch wie noch nie
Umgekehrt legten mit Ausnahme der Sozialdemokraten alle Parteien zu, die dem linken Flügel zugerechnet werden. Am meisten die liberale Zentrumspartei mit einem Plus von 3,3 auf 13,6 Prozent. Die sozialistisch-grüne Rødt (Rote), eine 2007 aus den Resten kommunistischer Organisationen hervorgegangene Partei, konnte ihre Stimmen auf 4,7 Prozent fast verdoppeln und damit erstmals die 4-Prozent-Sperrgrenze nehmen.
An der 4-Prozent-Hürde scheiterte hingegen wie schon vor vier Jahren ganz knapp die grüne Umweltpartei MDG mit 3,8 Prozent. Sie ging damit aber nicht leer aus, weil sie immerhin drei Direktmandate erringen konnte. Die Sozialistische Linkspartei legte um 1,4 Prozentpunkte auf 7,5 Prozent zu. Und 110 Jahre nachdem die erste Frau ins Parlament kam, ist dort der Frauenanteil mit 47 Prozent nun so hoch wie noch nie.
Nach der Wahl in Norwegen können die SozialdemokratInnen Mette Frederiksen in Kopenhagen, Sanna Marin in Helsinki und Stefan Löfven in Stockholm also höchstwahrscheinlich bald Gesellschaft von Jonas Gahr Støre in Oslo bekommen. Erstmals seit 2001 würden dann alle vier skandinavischen Länder wieder gleichzeitig von roten MinisterpräsidentInnen regiert werden.
In den kommenden Wochen stehen aber zunächst noch spannende Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung an. Die würden „knallhart“ werden, versprach Audun Lysbakken, der Vorsitzende der Linkssozialisten: „Ohne uns wird es für die Sozialdemokraten keine Mehrheit im Parlament geben. Diese Macht werden wir gebrauchen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin