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Parlamentswahl in SingapurRegierungspartei verliert Stimmen

Die Volksaktionspartei von Ministerpräsident Lee Hsien Loong bleibt weiterhin die stärkste politische Kraft in dem Stadtstaat. Und doch musste sie Einbußen hinnehmen.

Ministerpräsident Lee Hsien Loong (M.,l.) und seine Frau Ho Ching (r.) auf dem Weg zum Wahllokal Foto: dpa

SINGAPUR ap | Die Regierungspartei PAP hat bei der Parlamentsahl in Singapur trotz Rückschlägen erneut einen komfortablen Vorsprung eingefahren. Die Volksaktionspartei von Ministerpräsident Lee Hsien Loong eroberte am Freitag 83 von 93 Parlamentssitzen, doch ging ihr Wählerstimmeanteil von knapp 70 auf 61 Prozent zurück. Die Oppositionelle Arbeiterpartei gewann vier Sitze hinzu und kommt künftig auf zehn. Die von Lees Bruder Lee Hsien Yang geführte Fortschrittspartei erhielt keinen Sitz.

Die PAP dominiert die Politik Singapurs seit 1959, als Lees Vater Lee Kuan Yew Ministerpräsident wurde. Unter seiner Führung wurde Singapur 1965 ein unabhängiger Stadtstaat und später eines der wohlhabendsten Länder der Welt. Kritisiert werden strenge Kontrollen durch die Regierung, Zensur von Medien und der Erlass unterdrückender Gesetze und Zivilklagen gegen Andersdenke.

Ministerpräsident Lee hatte die eigentlich erst im April 2021 fällige Wahl vorgezogen. Die Stimmabgabe wurde um zwei Stunden verlängert. Strenge Sicherheitsmaßnahmen bei der ersten nationalen Wahl in Südostasien seit Beginn der Coronavirus-Pandemie hatten Verzögerungen verursacht. Oppositionsparteien kritisierten die Maßnahme als unregelmäßig. Sie könnte die Integrität der Wahl gefährden, gaben sie an. Wählen ist in Singapur vorgeschrieben. Die Wahllokale wurden jede halbe Stunde desinfiziert. Coronavirus-Patienten oder Personen, die sich zu Hause unter Quarantäne befanden, durften nicht wählen.

Lee räumte ein, dass er sich ein bessere Ergebnis erhofft habe. „Das Resultat spiegelt den Schmerz und die Unsicherheit wider, die viele Singapurer in dieser Krise fühlen“, sagte er. Den Menschen sei klar, dass sie vor ernsthaften Problemen stünden und harte Zeiten zu erwarten hätten.

Der Regierungschef kündigte an, den Chef der Arbeiterpartei, Pritam Singh offiziell zum Oppositionsführer zu erklären, was es in der singapurischen Politik noch nicht gegeben hat. Außerdem sollten der Arbeiterpartei zwei zusätzliche Parlamentssitze ohne Wahlkreis angeboten werden, wie im Gesetz vorgesehen.

Singh sprach von einem positiven Ergebnis. Die Partei müsse aber auf dem Boden bleiben.

Das Wahlergebnis lässt Zweifel an Lees Ankündigung aufkommen, in zwei Jahren zurückzutreten, wenn er 70 wird. Sein designierter Nachfolger Heng Swee Keat gewann seinen Parlamentssitz nur mit knapper Mehrheit. Lee regiert seit 2004 und versprach, das Land durch die Corona-Krise zu führen. „Ich bin entschlossen, Singapur intakt und funktionsfähig an den Nächsten zu übergeben“, sagte er.

Singapur hat einen der schlimmsten Ausbrüche des Coronavirus erlebt. Unter den 5,8 Millionen Einwohnern wurden mehr als 45.000 Infektionen registriert, die meisten davon betrafen ausländische Arbeitnehmer, die in überfüllten Schlafsälen lebten, die in der frühen Phase des Krisenmanagements übersehen wurden.

„Im Singapur-Kontext ist dies eine Niederlage (für PAP)“, sagte Bridget Welsh von der Universität Nottingham von Malaysia. Die Partei habe die Wahlen vorzeitig angesetzt. Die PAP habe sich dabei geirrt, „dass die Krise ihnen helfen würde“.

Alle Wähler mussten Masken tragen und wurden auf Symptome wie Fieber und Atemwegserkrankungen überprüft. Die Wahlbehörde verzichtete auf eine vorherige Vorschrift, dass bei der Stimmabgabe Einmalhandschuhe getragen werden. Sie tat dies, damit die Wartezeiten verkürzt wurden.

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