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ParlamentsreformDemokratie hat ihren Preis

Kommentar von Stefan Alberti

Im Abgeordnetenhaus traut sichR2G mit CDU und FDP endlich den überfälligen Abschied vom Teilzeitparlament inklusive künftig besserer Bezahlung.

Einig über Reform und höhere Diäten: SPD, CDU, Grüne, FDP und (nicht im Bild) Linkspartei

F ür die AfD war die Rollenverteilung klar: Hier die „Altparteien“, die sich von FDP bis Linkspartei die Taschen füllen, dort die AfD, die das vergeblich zu verhindern versucht, weil der durchschnittliche Berliner schon jetzt weniger als die Parlamentarier verdient. Das ist so falsch wie absehbar leider am Stammtisch erfolgreich. Es ist genau dieses Dilemma, das über Jahrzehnte jeden weitgehenden Reformversuch scheitern ließ – schon lange vor dem Parlamentseinzug der AfD 2016.

Dabei ist die Einordnung des Abgeordnetenhauses als Teilzeitparlament mit entsprechend geringer Bezahlung seiner Mitglieder schon lange wirklichkeitsfern. Die hiesigen Parlamentarier, sie arbeiten nicht weniger, sondern eher mehr als viele Kollegen in großen Bundesländern – allein schon deshalb, weil sie für Landesgesetze zuständig, aber gleichzeitig Stadtparlament sind.

In Teilzeit aber bleibt zu viel liegen – von 1.200 Vorgängen war am Donnerstag die Rede. Bei jeder Sitzung müssen sich die Fraktionen aus Zeitgründen auf Beschlüsse ohne öffentliche Debatte einigen. Künftig soll es deshalb längere Sitzungen geben.

Es ist darum eben nicht überzogen, was die fünf Fraktionen jenseits der AfD dafür als angemessen betrachten: Jene 6.250 Euro monatlich ab nächstem Jahr sind zwar deutlich mehr als die jetzigen 3.944 Euro.

Parlamentsreform

Die Reform des Abgeordnetenhauses samt höherer Diäten, also besserer Bezahlung für die Parlamentarier, ist auf dem Weg. Ein breites Bündnis aus der rot-rot-grünen Koalition sowie CDU und FDP brachte die dafür nötigen Anträge am Donnerstag im Landesparlament ein. Sie werden in zwei Ausschüssen beraten, können in einer der nächsten Plenarsitzungen beschlossen werden und sollen großteils ab Anfang 2020 gelten. Statt bislang 3.944 Euro soll jeder der 160 Abgeordneten dann 6.250 Euro monatlich verdienen; dafür verlängern sich die Sitzungszeiten deutlich. Die AfD-Fraktion lehnte die Reform als ­„Selbstbedienungsfuror“ ab.

Zentraler Punkt der Reform ist die neue Selbsteinordnung des Parlaments. Es soll zwar weiterhin kein Vollzeitparlament sein, doch anders als bislang ist künftig festgeschrieben, dass die Parlamentsarbeit Vorrang vor weiterhin möglichen anderen beruflichen Tätigkeiten hat. Die sollen genau registriert sein: „Wir begrüßen es, dass sich das Abgeordnetenhaus die schärfsten Transparenzregeln aller Bundesländer gibt“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Daniel Wesener. Er hatte mit seinen vier Amtskollegen von SPD, Linkspartei, CDU und FDP über Monate an der Reform gearbeitet. (sta)

Unter Durchschnitt der Länderparlamente

Aber damit liegen die Berliner Parlamentarier immer noch mehrere 100 Euro hinter dem Durchschnitt der Länderparlamente. Und es ist auch nicht so, dass sie eine ruhige Kugel schieben, bloß weil sie im Parlament zu 160 sind und nicht zu 88 wie die Brandenburger Kollegen. 29.000 Einwohner vertritt jeder von ihnen, und damit liegt Berlin genau in der Mitte der Bundesländer.

Über einen Landeshaushalt von über 30 Milliarden Euro zu wachen, darf in Berlin nicht weit weniger wert sein als anderswo – gut, dass sich eine breite Mehrheit für eine Reform gefunden hat.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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