Parlament eröffnet: Mugabe verliert ein Stück Macht
Simbabwes Präsident eröffnet das vor fünf Monaten gewählte Parlament. Weil er dort keine Mehrheit mehr hat, bietet sich nun eine neue politische Bühne für die MDC-Opposition.
JOHANNESBURG taz Simbabwes Präsident Robert Mugabe hat gestern bei der formellen Eröffnung des im März neu gewählten Parlaments gleich den härteren Wind gespürt, der seit dem Vortag durch die Reihen der Opposition geht. Der Sieg der gegnerischen Partei "Bewegung für demokratischen Wandel" (MDC) am Montag bei den Wahlen zum Parlamentspräsidenten stärkte ihren Abgeordneten die Moral, und als Mugabe auftrat, riefen sie ihm feindselig zu: "Du hast Menschen umgebracht, wir werden das nicht vergessen." Sie buhten den 84-jährigen Staatschef aus, als der in seiner Ansprache behauptete, bahnbrechende Abkommen seien zwischen MDC und der Regierungspartei Zanu-PF bereits ausgehandelt und die Unterzeichnung eines Abkommens zur Teilung der Macht werde folgen.
Die MDC hatte zunächst angekündigt, die Eröffnung des Parlaments fünf Monate zu boykottieren, da sie Robert Mugabe nicht als legitimen Präsidenten anerkennt und er daher kein Recht habe, das Parlament zu eröffnen. Denn die MDC hatte bei den Wahlen Ende März die Mehrheit im Parlament gewonnen, ihr Führer Morgan Tsvangirai lag bei der gleichzeitigen Präsidentschaftswahl vorn, nahm aber an den darauf folgenden Stichwahlen im Juni wegen Gewalt gegen Oppositionelle nicht teil, sodass Mugabe diese ohne Gegenkandidaten gewann. Versuche, auf dem Verhandlungsweg eine Lösung dieses Konflikts zu finden, sind bisher gescheitert. Gestern wohnten MDC-Parlamentarier doch der Zeremonie bei, sangen "Zanu-PF ist verdorben", während Mugabe in seiner Rede seichte Töne anschlug: Er bedauere isolierte Vorfälle von politischer Gewalt, aber dafür seien alle Parteien verantwortlich.
Die MDC-Mehrheit im Parlament ist hauchdünn: 100 Mandate gegenüber 99 für Mugabes Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) - eine MDC-Splitterfraktion mit 10 Mitgliedern nicht eingerechnet, deren Stimmen am Montag allerdings den Ausschlag für den Sieg bei der Abstimmung über den Parlamentspräsidenten gaben: 110 Abgeordnete stimmten für den MDC-Kandidaten Moyo, 98 für den mit Zanu/PF-Unterstützung aufgestellten Gegenkandidaten der MDC-Splittergruppe, Paul Themba Nyathi. Also müssen die Splitterabgeordneten und sogar einige Zanu-Parlamentarier für Moyo gestimmt haben.
Mit der historischen Übernahme dieser Schlüsselposition durch die MDC verschieben sich erstmals in Simbabwe die Machtstrukturen: der neue "Speaker" Lovemore Moyo kann Entscheidungen treffen, die von der MDC bestimmt werden, kann den Staatspräsidenten vertreten und kontroverse Debatten leiten, falls es nicht zu einer Einheitsregierung kommt. "Ich denke, eine neue Ära beginnt im Parlament, in der Exekutive und Legislative verhandeln müssen, um Programme zu verabschieden", sagte Moyo. Mugabes Partei behält die Mehrheit und die Präsidentschaft im Senat, dem Oberhaus. Dieses kann zwar in Debatten mitreden, besitzt jedoch nur begrenztes Vetorecht bei Parlamentsentscheidungen.
Mit der neuen Dynamik in Simbabwes Politik beginnt also ein bisschen Machtteilung, auch wenn sie nicht durch Konsens erreicht worden ist. "Der Druck auf Mugabe wird sich nun von innen heraus erhöhen", sagt Francis Cornegay vom Zentrum für Politische Studien in Johannesburg. Eine neue Herausforderung liege jetzt auch bei Südafrikas Präsident Thabo Mbeki, designierter Simbabwe-Vermittler der Regionalgemeinschaft SADC (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika), stärker auf Mugabe einzureden. Entscheidend blieben die Reaktionen der militärischen Machthaber in Simbabwe.
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