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Papierlos in Deutschland"Niemand will hier für immer leben"

Er ist einer von Hunderttausenden: Joseph aus Westafrika lebt und arbeitet ohne Papiere in Deutschland. Er hoffte auf ein besseres Leben - und ist enttäuscht. Ein Protokoll.

Küchenhilfe in Hamburg, sechs Tage die Woche. Bild: zettberlin / photocase.com

Eigentlich heiße ich nicht Joseph. Aber der Name gefällt mir, weil Joseph der Sohn Jakobs war, der an die Ägypter verkauft wurde. Er musste in einem fremden Land überleben, so wie ich jetzt. Ich bin seit neun Monaten hier in Deutschland, ohne Papiere. Ich bin 30 Jahre alt und habe in meiner Heimat in Westafrika eine Frau und zwei Kinder. Meine Tochter ist sechs Jahre alt und mein Sohn zwei.

Ich arbeite als Küchenhilfe in einem Hamburger Restaurant. An sechs Tagen in der Woche stehe ich morgens um 4:30 Uhr auf. Weil ich zur Untermiete bei einer Familie wohne und in einem Zimmer mit den zwei kleinen Söhnen schlafe, lege ich mir mein Handy mit Weckfunktion unters Kopfkissen, damit sie nicht aufwachen. An meinem einzigen freien Tag in der Woche toben sie durchs Zimmer. Wenn ich abends im Restaurant fertig bin, ist es manchmal schon 23 Uhr. Ich bin dann erst um 0:30 Uhr im Bett.

Mein größtes Problem ist: Ich habe keine Zeit, mich zu erholen. Ich glaube, wenn ich keine Frau und keine Kinder hätte, dann würde ich mich hier nicht so zu Tode schuften. Ich dachte, es wäre leichter, in Deutschland reich zu werden. Diejenigen, die zurückkommen, geben immer mit ihrem Geld an. Sie behaupten, dass sie in Autowerkstätten und Textilfabriken gearbeitet hätten. Mittlerweile weiß ich, dass sie gelogen haben.

Körperlich geht es mir viel schlechter als in Afrika, aber meinem Kopf geht es besser. Ich habe mich von einer Last befreit. In meiner Heimat hatte ich Arbeit auf einer Palmölplantage. Aber das Geld, das ich da verdient habe, reichte nicht zum Leben. Ich konnte nicht mal das Schulgeld für meine Tochter bezahlen. Außerdem bin ich als ältester Sohn auch verantwortlich für sieben jüngere Geschwister. Unsere Eltern sind beide schon tot.

Elf Menschen ernährt

Der Besitzer des Restaurants hat mir vor ein paar Tagen mitgeteilt, dass ich nur noch vier Wochen für ihn arbeiten kann. Weil dann nicht mehr genug zu tun ist, aber auch, weil ich keine Papiere habe und er Probleme bekommt, falls sein Restaurant kontrolliert wird. Wenn ich hier aufhöre, werde ich ihm auf jeden Fall danken und sagen, dass er mit seinen Lohnzahlungen elf Menschen ernährt hat. Ich schicke jeden Monat Geld nach Hause für Reis, Seife, Schulsachen und die Stromrechnung.

In meiner Heimat denkt jeder schon in der Kindheit daran, nach Europa oder Amerika zu gehen. Als ich sieben oder acht Jahre alt war, kam ich einmal nach Hause und fand in dem Zimmer, in dem wir zu neunt lebten, eine große Tasche. Ich öffnete sie - und sie war voller Geldscheine. Ich fragte meinen Vater danach. Er erzählte mir, dass drei meiner Cousins aus Kanada zurückgekommen seien und dass er das Geld für sie verstecke.

Einer der Cousins sagte mir: "Geh weiter zur Schule. Ich komme und hole dich, wenn du älter bist." Das Versprechen hat er nicht gehalten, wie viele andere nach ihm. Vor ein paar Jahren sagte mir ein anderer Cousin, der in Italien lebt, ich solle zu Fuß nach Libyen gehen und dann mit dem Schiff nach Italien fahren. Meine Familie war aber dagegen, dass ich weggehe.

Vor einem Jahr habe ich mich dann aber doch anders entschieden. 6.000 Euro haben mich die Flugtickets und die Papiere gekostet, mit denen ich für drei Monate nach Spanien einreisen durfte. Meine Tante stimmte zu, Geld von der Bank zu leihen, um das zu bezahlen. Dafür hat die Bank die Kakaofarm, die meine Tante von meiner Großmutter geerbt hat, für fünf Jahre übernommen, bis der Kredit zurückgezahlt ist.

Meine Frau erfuhr durch Zufall davon. Sie hörte mit, wie ich einmal mit dem Verbindungsmann, der die Papiere besorgt hat, telefonierte. Am Anfang war sie nicht begeistert. Aber ich habe ihr gesagt: "Wenn alles funktioniert, wirst du für immer lächeln." Jetzt ist sie glücklich, weil ich jeden Monat Geld schicke und die Familie versorgt ist.

Nach Europa zu gehen ist in Afrika eine geheime Sache. Man erzählt niemandem davon, bis man sicher angekommen ist. Wir glauben daran, dass Geister von Menschen Besitz ergreifen und einem schaden können. Meinen Geschwistern sagte ich, dass ich für eine Woche einen Job in einer entfernten Goldmine habe. Als ich dann aus Spanien anrief, haben alle gejubelt.

Mit geliehenen Papieren nach Hamburg

Bei meiner Ankunft hatte ich zwei Schichten Kleidung an, außerdem hatte ich eine Zahnbürste, ein Handtuch und eine Bibel dabei. In Spanien konnte ich ein paar Mal auf einer Melonenplantage in Almería arbeiten. Viele der anderen Arbeiter aus Afrika haben Drogen genommen, weil es so anstrengend war. Nach drei Monaten bin ich mit dem Zug nach Hamburg gefahren. Ich hatte geliehene Papiere dabei, wurde aber nicht kontrolliert.

Mein erster Eindruck von Deutschland? Ich war enttäuscht. Es war alles viel gewöhnlicher, als ich es im Fernsehen gesehen hatte. Bevor ich herkam, hatte ich mir vorgestellt, für immer hierzubleiben, eine weiße Frau zu heiraten und "Oyibos", Mischlingskinder, zu bekommen. Aber wenn ich mir die Kultur hier anschaue, dann möchte ich das nicht mehr. Viele Menschen haben keine Achtung vor Gottes Wort. Und man wird dazu erzogen, selbstsüchtig zu sein. Als ich mich neulich bei der Arbeit an der Hand verletzt habe, hat mein Chef sich nicht erkundigt, wie es mir geht. Ihm ging es nur darum, ob ich die Arbeit schnell genug hinbekomme.

Drei Jahre muss ich in Deutschland arbeiten, damit es sich lohnt. Ich weiß, wir Illegale beunruhigen euer Land. Zirkuläre Migration? Wenn ich diese Chance bekommen würde, wäre das perfekt für mich. Niemand will hier für immer leben und sterben. Ich denke, drei Jahre sollten dabei das Minimum sein. Anders ist es bei denen, die hier Kinder bekommen. Sie können nicht zurück in ihre Heimat, weil die Kinder, die hier geboren wurden, das Leben dort nicht ertragen könnten.

Wenn alles gut läuft, kann ich schon in einem Jahr den Kredit zurückbezahlen. Ich habe nächste Woche ein Gespräch bei einem Imbissbesitzer. Aber für den Job brauche ich Papiere. Ich habe auch schon jemanden, dessen Papiere ich haben kann, aber der will 150 Euro pro Monat dafür. Ich muss dann seinen Namen, seinen Geburtstag, seine Adresse und seine Krankenkasse auswendig lernen. Er sieht mir zwar nicht so ähnlich, aber das ist normalerweise kein Problem. Es ist komisch mit euch Weißen: Ein Schwarzer ist für euch ein Schwarzer.

Ein Schwarzer ist für euch ein Schwarzer

Manche Frauen, die schwanger sind, geben jemanden für 10.000 Euro als Vater des Kindes an, damit er dann Papiere bekommt. Wenn die Behörden einen Bluttest wollen, geht der echte Vater hin. Ich kenne eine Frau, die hat drei Kinder, angeblich alle von verschiedenen Vätern. Aber das ist viel zu viel Geld. Gibt es denn keinen guten Weg, um an Papiere zu kommen? Für Papiere wäre ich bereit, auf einen Teil meines Lohns zu verzichten. Ich weiß ja auch, ohne Steuern kann das Land nicht vorankommen.

Mit meiner Familie spreche ich nur selten. Eine Viertelstunde zu telefonieren kostet 2,50 Euro. Ich kenne andere, die von ihren Kindern nicht mehr erkannt wurden, als sie zurückkamen. Davor habe ich Angst. Wenn ich Papiere hätte, dann sollten mich meine Kinder und meine Frau einmal besuchen kommen. Zu Hause wissen sie nicht, wie wir hier leiden.

Wenn wir sprechen, fragt mich meine Tochter jedes Mal: "Papi, wann kommst du zurück?" Und ich sage ihr dann: "Geh zur Schule. Wenn du älter bist, komme ich und bringe dich nach Europa." Dann denkt sie, dass sie fleißig lernen muss. Meine Kinder sollen selbst entscheiden, was sie werden wollen. Ich möchte einfach nur, dass sie eine bessere Ausbildung bekommen. Und sie sollen bescheiden sein im Leben.

Nach meiner Rückkehr in mein Heimatland würde ich gerne eine Fahrschule eröffnen. In Afrika werden zu viele Menschen totgefahren. Ich würde gerne Informationen von Fahrschulen aus Deutschland bekommen, aber ohne Papiere traue ich mich nicht, dort hinzugehen.

Manchmal rufen Freunde aus meiner Heimat an und wollen Geld oder Handys. Ein schlechtes Gefühl. Oder doch ein gutes? Jedenfalls sage ich ihnen dann immer: "Hier ist alles so komplex. Ohne Papiere kann man nichts kaufen. Frag mich noch mal, wenn ich Papiere habe."

PROTOKOLL: BENJAMIN GEHRS

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25 Kommentare

 / 
  • J
    Jeremias

    12.12.2011 09:01 Uhr

    von Walther Döring:

     

    Ist das Ihr Wunschkatalog zu Weihnachten?

     

    Und wer bezahlt die Geschenke? Die Anderen!

     

    Und wer sind die Anderen? Auf jeden Fall keine Gutmenschen.

  • A
    Auswandern

    Am liebsten würde ich alle legalisieren und die Staatsgrenzen abschaffen -

    und ich möchte so gerne auswandern. Mir fehlt nur das Geld.

    Hier ist es nur kalt und hässlich.

    dann lauter scheiß Rassisten. Habt ihn nichts besseres zu tun als anderen Menschen das Leben schwer zu machen?

    Die gehen nämlich auch noch in so einem Restaurant essen. Profitieren von Ausbeutung und dann aber die Afrikaner entrechten.

    Ist schön in Tunesien, nicht?

  • M
    MaggieSimpson

    Zwei kleine Anmerkungen zum Text:

     

    "Oyebo" wird richtig Oyibo (oder manchmal auch Oyinbo) geschrieben und ist der Yoruba-Begriff für Weiße.

     

    "Mischlingskinder" ist ein rassistischer Begriff, der auf der (falschen) Annahme beruht, dass es verschiedene menschliche Rassen gibt, die sich "mischen" könnten und der auch dadurch nicht besser wird, dass er in diesem Falle von einem Schwarzen benutzt wird (so dieser Begriff im vermutlich auf Englisch geführten Gespräch tatsächlich so gefallen ist). Nähere Infos dazu z.B. in Susan Arndt/Antje Hornscheidt: "Afrika und die deutsche Sprache" oder Susan Arndt/Nadja Ofuatey-Alazard: "Wie Rassismus aus Wörtern spricht"

  • H
    Helmut

    Die Nazi-Rassismuskarte zieht nicht mehr, erst recht nicht bei illegalen Zuwanderern.

  • N
    Nassauer

    In Deutschland eine naive Frau zu finden, mit ihr Kinder zu bekommen, um dann als "Deutscher" um so leichter die "Erstfamilie" in Afrika ernähren zu können - Toller Plan! Dieser "Joseph" muss eine der vielbeschworenen Fachkräfte sein, die wir soo dringend brauchen...

  • NU
    Na und?

    Wenn jemand durch das Kellerfrenster in mein Haus klettert weil es ihm besser gefällt als seines und dann enttäuscht ist, weil er nicht im Wohnzimmer sitzen und im Schlafzimmer schlafen kann, dann ist das eben so. Die Rassismuskarte ist mir inzwischen völlig egal.

  • DJ
    Dirk Jäckel

    Die Lage der Illegalen in Deutschland ist problematisch genug. Ihr tut eurem Anliegen einen Bärendienst, wenn ihr eine schlecht redigierte Story zusammenschustert - mal hat "Joseph" Frau und Kinder zuhause, mal will er eine Deutsche heiraten? Scheidung? Bigamie? Oder einfach von euch erfunden und nicht aufgefallen?

  • AN
    Auch nicht

    Rot-Grün Trittin Nahles Schröder Eichel Künast Steinbrück Ströbele Westerwelle und alle anderen Deutschen Politiker wissen das seit Jahren haargenau. Es ist ihnen egal.

    Wegen der Zwangsprostitierten würden anständige Grüne austreten und von den gesparten Beiträgen Anti-Werbung in den Lokalzeitungen dort in der Ukraine oder wo die herkommen schalten was die "Praktika" wirklich bedeuten.

    Zurückgeführte Afrikaner würden für ein paar Euros zugeben und ihre Geschichte erzählen und das es hier nicht so toll ist. Das kann man als Transkript, Hörbuch, usw. jedem Afrikaner (gleicher Sprache) per Internet zur Verfügung stellen.

    Ich würde sowas als Wiki aufbauen. Aber die Abmahnung wäre sicher schnell da. Auch ich will nicht hier leben. Woanders ist die Verfolgung und Abzocke aber auch nur anders aber nicht besser. Irgendwer holt sich immer die Hälfte aller Einnahmen. Früher Adel, heute Politiker. Woanders Mafia, SchutzgeldErpresser, Korruptions-Gebühren, Zwangs-Abgaben, Totale Besteuerung,... .

    Die faulen 50% leben immer auf Kosten der fleissigen 50%. Und damit sind nicht die Hartz4-Empfänger gemeint. Timoschenko, Karsai, Obama, rot-grün vs. Kohl vs. Honecker haben daran nichts geändert.

    Wenn Piraten nicht nur Konsumenten wäre, würden sie aktiv legale demokratische Politik verüben ohne überhaupt gewählt zu sein. Dann wären sie Wahlwürdiger als die meisten anderen Zusammen und bekämen als Belohnung die Pöstchen. Denn irgendwen muss man ja wählen. Da Piraten nicht mit Kleinanzeigen die Ukraine-Zwangs-prostition oder Afrika-Anwerbung stoppen, wollen sie wohl auch nur Pöstchen holen.

  • S
    Suuna

    @kein Name:

    sehe ich ähnlich. Zumal dann später der Begriff "Oyebo" fällt, der sehr wohl einem Land (und evtl. ein oder zwei Nachbarländern) zuzuordnen ist, und die anonymitätsschutzende (?) Verallgemeinerung absurd erscheinen lässt.

  • A
    artur

    Naja, daß die Leute hier keinen Anstand und keine

    "Kultur" haben, kann einen "Joseph" doch nicht wirklich

    enttäuschen, wenn man bloß wegen dem schnellen Geld

    und den ganzen Reichtümern hierherkommt

  • HH
    Hardy Heron

    Leider ist diese beschriebene Realität sehr, sehr schlimm. Aber auch dafür geeignet, dass all die Gutes wollen, sich solch ein Leben einmal vor Augen führen sollten, wenn sie immer wieder das Leben der 300000 und mehr Berliner pauschal verteidigen, die "auf Tasche" liegen und vor lauter Nichtstun (ob gewollt oder nicht) emotional und gesellschaftlich verkommen. Bitte jetzt kein oberflächliches Geschrei und die Schuldfrage stellen und Lösungen pauschal auf die Gesellschaft abwälzen zu wollen. Vernüftiges persönliches Handeln wäre besser. Helfen sie z. B. einigen morgens dabei, dass sie aus dem Bett kommen und gehen sie mit ihnen im Park spazieren. Sprechen sie mit ihnen. Dabei kann man christliche Nächstenliebe direkt praktizieren und eventuell deren Situation etwas verbessern (Tipp: Möglicherweise könnte das ja auch ein Projekt für Ehrenamtliche bzw. alte ParteigenossInnen aller Parteien sein, mal sehen, wer da mit macht).

  • B
    broxx

    @Peter

    Nö, mach ich nicht.

  • O
    Optimist

    Sehr geehrte TAZ-Redaktion,

     

    den Beitrag von "Joseph" in Ihrer (Online-)Zeitung darzustellen ist echt schade! Als ich anfing ihn zu lesen habe ich einen echten Beitrag zur Arbeits- und Lebensqualität der hier "Illegalen" erwartet.

    Leider ist dieser so schlecht zusammengeschustert und mit so vielen Widersprüchen zersetzt, dass sich bei mir die Frage stellt, ob wir Leser verarscht werden sollen um "gutes zu tun" - also unser Geld am Besten an eine Ihrer Organisationen zu spenden.

    Das ist

    1. schade (weil hierdurch garantiert Menschen abgeschreckt werden, da solch schlechte Artikel nichteinmal der Bild zuzuschreiben sind)

    2. unglaubwürdig (s.o.)

    und

    3. werden Sie (falls Sie solch schlecht recherchierten und zusammengewürfelten Schund öfter bringen sollten) wahrscheinlich Ihre Leserschaft einbüßen.

     

    MfG

    Optimist

  • KK
    Konrad Kuklinsky

    Ich denke das Problem ist die viel zu positive Vorstellung, die diese armen Menschen von Europa haben. Wenn Sie dann tatsächlich hier gelandet sind, merken sie, daß sie gesellschaftlich auf der alleruntersten Stufe stehen, extrem abfällig wie der letzte Dreck behandelt und vor allem bis auf's Blut ausgebeutet werden. Aber ohne Ausbildung, ohne Sprachkenntnisse und ohne Kenntnisse der Kultur und der ganzen Rahmenbedingungen ist es eben in der jetzigen wirtschaftlichen Lage ausgeschlossen, eine luktrative und humane Arbeit zu finden.

     

    Und wenn dann keiner der Rückkehrer hinterher in Afrika bereit ist, dieses erbärmliche Schicksal und die desperate Lage einzugestehen, sondern nur Lügen verbreitet, wie komfortabel er in Europa gelebt und gearbeitet hätte, fliegt diese Illusion natürlich auch niemals auf. Die Wahrheit wird schamvoll verschwiegen und immer neue Wellen von Ankömmlingen werden immer wieder auf's neue enttäuscht.

     

    Die Menschen müssen zuhause bleiben, und ihr eigenes Land aufbauen, daran führt kein Weg vorbei. Hier werden sie weder gebraucht, noch sind sie willkommen. Was ich aus Sicht der unteren Bevölkerungsschichten hier, die selber massiv unter Druck stehen, auch durchaus nachvollziehen kann: Dazu muß man nämlich gar kein Rassist sein, die gnadenlose Konkurrenz um die schlecht bezahlten Sklavenjobs reicht schon :-(

  • K
    kamy

    Das Problem ist doch, dass die Leute von einem Europa träumen das es nicht gibt.

     

    Wenn sie die tausende von Euro, die sie für Schlepper, und falsche Papiere oder auch nur für Flugtickets hinblättern, dafür verwenden würden, im eigenen Land etwas auf die Beine zu stellen (zB: eine Fahrschule gründen), wäre den Leuten viel mehr geholfen.

     

    Der Traum von Europa oder Kanada, schon bei den Kindern ist der Kern des Problems.

    Man sollte den Leuten dort ruhig mal zeigen, wie es ist, im Westen den "Ausbeutern" in die Hände zu fallen.

    Aber auch dort sehen die Leute nur die Taschen voller Geld, die der ein oder andere Heimkehrer von weiß-Gott-wo herbekommen hat - der Ausbeuterjob war es wohl nicht.

  • KN
    Kein Name

    ich frage mich warum selbst die taz einen dermaßend homogenisierenden begriff wie 'westafrika' verwendet. der fall von 'joseph' ist ja nun nicht einzigartig und selbstverständlich ist anonymisierung ein muss, aber das herkufntsland zu nennen wäre nicht problematisch gewesen. westafrika ist eine sehr heterogene region. auch wirkt dieses protokoll aus einer sehr europäischen perspektive geschrieben. begrüßenswert, dass die taz sich damit auseinanders setzt, aber die form ist sehr merkwürdig

  • K
    Kapelle

    @Peter:

     

    (1) Bitte schließen Sie nicht von sich auf andere.

    (2) Und was ist "die Sache"?

  • P
    Peter

    @ Ungläubiger und Kapelle:

     

    Natürlich ist das den Leuten hier auch ohne eure Hinweise aufgefallen. Aber was tut das jetzt zur Sache?

     

    @ broxx:

     

    Ja, eben, was soll das? Dann lies doch lieber gleich was anderes!

     

    @ alle

     

    Bin ich hier eigentlich in der Bild-Zeitung, oder lesen die so Zeug?

  • K
    keetenheuve

    Hört sich alles sehr seltsam an. Völlig schräg wird es, wenn "Joseph" von "zirkulärer Arbeitsmigration" redet. Klar, er kennt sich vermutlich bestens aus mit den aktuellen Forderungen der Flüchtlingsorganisationen...... Tatsächlich hat ihm das der Protokollverfasser wohl in den Mund gelegt. Als Leser fühlt man irgendwie hinters Licht geführt. Bitte nicht so plump!

  • L
    lostandfound

    'von klein auf wollen alle nach amerika oder europa.'

     

    warum wird dort nicht angesetzt? statt darüber zu jammern, dass europa doch nicht das paradies ist?

     

    wie soll es den ländern denn bei dieser mentalität irgendwann mal besser gehen?

     

    als hier aufgewachsene wollte ich von klein auf etwas sinnvolles in meinem land tun und dazu beitragen, dass wir weiterhin so gut und friedlich hier leben können.

     

    ich wusste, dass meine großeltern hier hart arbeiten und viel aufbauen (mit der hand, im wörtlichen sinne) mussten als erste generation nach dem weltkrieg. wenn damals auch alle einfach abgehauen wären, hätten wir heute den status als "gelobtes land" wohl kaum.

     

    lange rede, kurzer sinn - unterstützung ist gut, allerdings nicht nur, damit alle irgendwann ihr land im stich lassen können, sondern auch im ursprünglichen sinne der hilfe zur selbsthilfe.

  • B
    broxx

    Besser er wäre zuhause geblieben! Soll uns dieser Artikel auf Weihnachten einstimmen oder was soll das?

  • A
    Anita

    @Kapelle:

     

    Genau das ist mir auch aufgefallen.

  • U
    Ungläubiger

    @Kapelle

    (1) "Ich bin 30 Jahre alt und habe in meiner Heimat in Westafrika eine Frau und zwei Kinder. Meine Tochter ist sechs Jahre alt und mein Sohn zwei."

     

    (2) "Bevor ich herkam, hatte ich mir vorgestellt, für immer hierzubleiben, eine weiße Frau zu heiraten und "Oyebos", Mischlingskinder, zu bekommen."

     

    (3) "Viele Menschen haben keine Achtung vor Gottes Wort. Und man wird dazu erzogen, selbstsüchtig zu sein."

     

    Die Frage ist wohl, wie das zusammen passt. Man sieht halt immer den Splitter im Auge des Anderen.

  • K
    Kapelle

    (1) "Ich bin 30 Jahre alt und habe in meiner Heimat in Westafrika eine Frau und zwei Kinder. Meine Tochter ist sechs Jahre alt und mein Sohn zwei."

     

    (2) "Bevor ich herkam, hatte ich mir vorgestellt, für immer hierzubleiben, eine weiße Frau zu heiraten und "Oyebos", Mischlingskinder, zu bekommen."

     

    Sorry, aber wie passt das zusammen?

  • WD
    Walther Döring

    Diese Darstellung ist ein beklemmendes Zeugnis eines unhaltbaren Zustands in diesem Land. Gelenkte Einwanderung ist die Antwort darauf. Darüber hinaus könnte eine Wild Card Lösung auch die mit einer wenn auch geringen Wahrscheinlichkeit berücksichtigen, die nicht dem Anforderungskatalog entsprechen. Hier ein paar Grundgedanken:

     

    Die "Ungebildeten":

     

    1. Goetheinstitute überall in der Welt sollen jungen Menschen die Möglichkeit geben, dort ihr Deutsches Abitur zu machen.

    2. Wer das Deutsche Abitur besitzt, kann in Deutschland studieren, während des Studiums natürlich kostenfrei, danach wird zurückgezahlt, und zwar an Deutschland _UND_ an das Heimatland.

    3. Wer fertig studiert hat und hier arbeitet (2 Jahre), bekommt die Deutsche Staatsbürgerschaft _NEBEN_ seiner Geburtsstaatsbürgerschaft. Nach einer Zeit von 10 Jahren muss er/sie sich entscheiden. Wer nach dem Studium länger als 2 Jahre vom Staat lebt, bekommt keine Deutsche Staatsbürgerschaft und verliert sein Aufenthaltsrecht.

    4. Der Zuzug von Familienangehörigen ist nach dem Studium möglich, wird aber über Bürgschaften, gestaffelt nach Verwandheitsgrad, abgesichert. Sollte also der zugezogene "Neffe" über die Strenge schlagen (Verurteilung auf Bewährung) sind zum Beispiel 30.000 Euro hinterlegte Bürgschaft futsch.

     

    Die "Gelernten":

     

    Man kann ab Punkt 3 das obige Prinzip weiterverfolgen. Darüber hinaus können diese "Quereinsteiger" Eingliederungshilfen in Anspruch nehmen, wie zum Beispiel Sprachkurse und Weiterbildungsmaßnahmen zur Anpassung an hiesige Unternehmensanforderungen.

     

    Die "Wild Card Nutzer":

     

    Ebenfalls ab Punkt 3, dazu jedoch _muss_ ein Basis Eingliederungspaket angenommen werden. Darin sind zum Beispiel Sprachkurse mit Prüfungen verpflichtend. Darüber hinaus wird die Erfüllung eines Erwartungsprofils eingefordert. Dies kann mit Kontakten zur hiesigen Bevölkerung "bewiesen" werden. Also eine Vereinszugehörigkeit wäre da eine gute Idee. Sollten sich sogar Fürsprecher einsetzen, sollte dies zu erheblichen Fristverkürzungen führen. Darüber hinaus ist diesen Einwanderern mit drohenden Problemen die Möglichkeit zu geben, recht einfach KfW Kredite zur Etablierung einer selbständigen Arbeit zu erhalten.

     

    Dies ist nur eine kleine Auswahl an Möglichkeiten, wie wir Einwanderung gestalten können. Ungelenkte Einwanderung führt mittelfristig zu Verwerfungen, die sich schnell als unbeherrschbar herausstellen. Dann ist auch die fragile Zustimmung zu Einwanderung in der Bevölkerung weg.

     

    Was das in diesem Artikel angesprochene prekäre Arbeitsverhältnis angeht, so kann ich ein Gegenbeispiel aufzeigen:

     

    Eine Bekannte will in der Französischen Schweiz als Ärztin arbeiten und muss dazu ihre Französischkenntnisse auffrischen. Sie hat dazu einen umfangreichen Kursus an einem großen Sprachinstitut gebucht. Der dortige Lehrer kommt aus dem Senegal und ist Student der Politikwissenschaften und Germanistik. Der verdient gut und kann sich mittlerweile eines Netzwerkes erfreuen, auf das er für seine Karriere zugreifen kann. Er sieht seine Zukunft in den Beziehungen zwischen dem Senegal und Europa. Deutschland wird seine Wahlheimat sein.

     

    Das nenne ich eine Erfolgsgeschichte.