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Panzerfabrikant sieht Ansehen bedrohtBraunbehrens stoppt „Kopfgeld“-Aktion

Aktivisten setzen eine Fahndungsaktion gegen die Eigner des Panzerherstellers Krauss-Maffei aus – aus rein finanziellen Gründen. Denn einer der Eigner ging gegen sie vor.

Abgebrochene Fahndung: Auch mit Plakaten machten die Künstler auf ihre Aktion aufmerksam. Bild: dapd

BERLIN taz | 25.000 Euro betrug das „Kopfgeld“, das das „Zentrum für politische Schönheit“ auslobte. Bürger sollten Straftaten jener Personen melden, denen die Münchner Waffenfirma Krauss-Maffei Wegmann gehört. Die Künstler- und Menschenrechtsaktivisten hinter der Aktion wollen gegen die geplante Lieferung von 600 bis 800 „Leopard2“-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien protestieren und den Waffendeal im Idealfall stoppen. Nun haben sie die „Fahndung“ beendet – weil Rüdiger von Braunbehrens, einer der Eigner, anwaltlich gegen sie vorging.

Die Aktion sei dazu geeignet, „das Ansehen unseres Mandanten in der Bevölkerung herabzuwürdigen“, heißt es in dem Anwaltsschreiben von Ende vergangener Woche. Und zu der Herabwürdigung komme es tatsächlich.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei durch Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit nicht gedeckt. Die Aktivisten unterschrieben eine Unterlassungserklärung, aus rein finanziellen Gründen, wie Philipp Ruch betont, der Leiter des Zentrums für Politische Schönheit.

Strafrechtliche Hinweise auf einen der Eigentümer sind laut Ruch eingegangen. Ansonsten konnten die Aktivisten ein Bild zeichnen von Menschen, die mit Waffen Geld verdienen und privat ein bürgerliches oder gar ausgeprägt menschenfreundliches Leben führen.

Kampfpanzer verkaufen, Montessori-Schule fördern

So erfuhren sie, dass Rüdiger von Braunbehrens im Förderverein einer Montessori-Grundschule in Freiburg sitzt. Von der Website der Schule ist sein Name verschwunden; ob Braunbehrens das Amt aufgegeben hat, ist unklar.

Die Website der 25.000-Euro-Aktion, die von den Betreibern zwischenzeitlich offline genommen wurde, ist jetzt wieder online. Ohne Fahndungsaufruf, dafür aber mit einer Stellungnahme: „Dass die Waffenindustrie derart ungeschminkt die Rechte der Kunst beschneidet, ist beispiellos.“ Fotos der Firmeneigner wurden entfernt, Informationen über die Personen sind nach wie vor vorhanden – alle aus öffentlich zugänglichen Quellen, wie die Aktivisten beteuern.

Deshalb werde man die Sache auch vor Gericht austragen, sollte sich Braunbehrens gegen den noch verbliebenen Websiteinhalt vorgehen, kündigt Ruch an. „Eine zweite Unterlassungserklärung werden wir nicht unterschreiben.“

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9 Kommentare

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  • M
    Murphy

    Die mussten jetzt Inhalte von der Website nehmen? Die ganzen Fahndungsplakate sind verschwunden? Das schreit ja geradezu nach einer neuen Lektion in Sachen Streisand-Effekt!

  • V
    vic

    Wie es scheint, sind dieser Familie die Unsympathen in der Überzahl. Bernhard von B. fällt deutlich aus dem Rahmen.

    Von welchem Ansehen redet der Mann eigentlich, geht das noch tiefer?

  • U
    Urgestein

    Nicht die Protestaktion der Künstler ist geeignet, das Ansehen des Mandanten herabzusetzen, sondern einzig die Absicht desselben, schwere Waffen an ein feudalistisches und menschenrechtsfeindlich eingestelltes Regime zu verkaufen, welches dort in erster Linie dazu benutzt werden wird die eigene Bevölkerung weiter zu unterdrücken.

     

    Denk ich an Braunbehrens, so fällt mir eigentlich nur noch Dylans Frühwerk "Masters of War" ein, dem inhaltlich nichts mehr hinzuzufügen wäre und welches bei Youtube unter anderem in eindringlichen und gut hörbaren Versionen von Eddie Vedder (Pearl Jam) kursiert.

     

    Ob die juristischen Lakaien des Waffendealers aus deutschen Landen auch gegen dieses gut 50 Jahre alte Stück künstlerischer Auseinandersetzung mit Unmenschlichkeit und Geldgier hinter gutbürgerlicher Fassade vorgehen wollen, bleibt bei soviel Skrupellosigkeit wohl abzuwarten.

  • U
    Urgestein

    Nicht die Protestaktion der Künstler ist geeignet, das Ansehen des Mandanten herabzusetzen, sondern einzig die Absicht desselben, schwere Waffen an ein feudalistisches und menschenrechtsfeindlich eingestelltes Regime zu verkaufen, welches dort in erster Linie dazu benutzt werden wird die eigene Bevölkerung weiter zu unterdrücken.

     

    Denk ich an Braunbehrens, so fällt mir eigentlich nur noch Dylans Frühwerk "Masters of War" ein, dem inhaltlich nichts mehr hinzuzufügen wäre und welches bei Youtube unter anderem in eindringlichen und gut hörbaren Versionen von Eddie Vedder (Pearl Jam) kursiert.

     

    Ob die juristischen Lakaien des Waffendealers aus deutschen Landen auch gegen dieses gut 50 Jahre alte Stück künstlerischer Auseinandersetzung mit Unmenschlichkeit und Geldgier hinter gutbürgerlicher Fassade vorgehen wollen, bleibt bei soviel Skrupellosigkeit wohl abzuwarten.

  • F
    Friedenspanzer

    Diese Kunstgruppe hat ihr Hauptziel erreicht: die Aufmerksamkeit von politischen Begründungen ("alternativlos") auf die eigentlichen Gründe zu lenken: ein paar unmoralische Personen wollen sich eine zweite goldene Nase verdienen. Die Panzerprofiteure sind für alle Zeiten geächtet.

     

    Daß sie jetzt Post vom Anwalt haben ist eine Auszeichnung: sie werden ernst genommen.

     

    Möge das Zentrum für politische Schönheit wachsen, blühen und gedeihen und viele fruchtbare Ableger hervorbringen!

  • WR
    Weiße Rose

    Die Bundesrepublik Deutschland ist leider nur bei oberflächlicher Betrachtung ganz nett anzusehen. Sowie man auch nur hauchzart daran kratzt, erscheint das verlogene, scheinheilige Fundament einer von innen her vermodernden Gesellschaft. Statt die Kriegswaffenhersteller, Händler und Profiteure des Todes hinter Schloss und Riegel zu bringen, zeigt die Justiz den Kritikern des mörderischen Systems erstmal, wo der Hammer hängt!

    Diese Bananenrepublik wird von Tag zu Tag unerträglicher...

  • A
    Ant-iPod

    Was immer man von den Panzerbauern halten mag... mir missfällt, dass bei der ganzen 25.000,- Euro-Aktion die Politiker aussen vor bleiben.

     

    Diese haben letztlich die Entscheidungsgewalt und deren gestalterisches Wirken soll den Willen unseres Volkes repräsentieren.

     

    Ich kann nicht erkennen, dass es in Deutschland eine Mehrheit dafür gibt, bsw. Panzer nach Saudi-Arabien zu liefern.

     

    Deshalb sind es in erster Linie die Politiker, die es für solche Entscheidungen dingfest zu machen gilt und die sich - hoffentlich juristisch - für ihr Tun verantworten sollten.

  • Z
    zalog

    Jämmerlich!

     

    Wer 25.000 Euro auslobt, sollte doch auch die finanziellen Mittel haben, um einen Rechtsstreit auszuhalten. Insbesondere da man ja im Recht ist. Oder etwa doch nicht?

     

    Aber das passt zu den selbstgerechten Urhebern, die andere an den Pranger stellen, um sich selbst als "Künstler" zu profilieren.

  • AM
    Andreas Michel

    Die Eigentümer sind verantwortlich für das was ihr Unternehmen hervorbringt. Es ist gewissenlos diese Verantwortung vollständig auf die Legislative zu übertragen. Die Regierung hat den Deal genehmigt; na und? Das heißt noch lange nicht das er auch stattfinden muss. Aber es ist ja so schön bequem die Verantwortung für das eigene Handeln auf Andere zu schieben und sich nur die Profite in die Taschen zu stecken.