Panik vor Arbeitnehmerrechten in Bremen: Weiche von uns, Betriebsrat!
Alnatura hat mit Grünen-Chefin Kai Wargalla eine „Schuldige“ ausgemacht für die unruhestiftende Idee eines Betriebsrats in der Biomarkt-Filiale Faulenstraße
Sie fände es „nicht schön“, sagte Alnatura-Sprecherin Stefanie Neumann, dass sich „die Medien“ stets auf die Seite jener stellten, „die unbedingt einen Betriebsrat wollen“. Das Schreiben der MitarbeiterInnen zeige doch deutlich, dass die Mehrheit der in der Faulenstraße Beschäftigten gar keinen Betriebsrat wollten.
Sie selbst stünde dem Wunsch nach der Mitarbeitervertretung „selbstverständlich nicht entgegen“, allerdings „haben wir bei Alnatura extra Ansprechpartner für alle Belange unserer Mitarbeiter – da fragt man sich natürlich schon, wozu benötigt man dann noch einen Betriebsrat?“.
Für Sandra Schmidt, Gewerkschaftssekretärin bei Ver.di, sind solche internen Ansprechpersonen „zahnlose Tiger: Sie können zuhören und sicher auch vermitteln, aber eine rechtliche Handhabe haben sie nicht“. Das sei vielen Angestellten oft gar nicht bewusst: „Beim Streit mit DM stand die Existenz vieler Arbeitsplätze bei Alnatura auf Messers Schneide – ohne einen Betriebsrat gibt es in solchen Fällen keinen Sozialplan und keinen vernünftigen Interessensausgleich.“ Ein interner Ansprechpartner habe auch kein Recht, eine Einigungsstelle einzuschalten: „Es ist immer gut, allein aus präventiven Gründen, einen Betriebsrat zu haben“, sagt Schmidt.
Noch vor dem nächsten Anlauf für die Betriebsratswahl wolle sie deswegen die Angestellten zu einer Info-Veranstaltung einladen. „Dort können alle offenen Fragen geklärt werden.“
Für Alnatura scheint eine MitarbeiterInnenvertretung einer Bankrotterklärung gleichzukommen: „Ein Betriebsrat wird nur dann gegründet, wenn die Mitarbeiter unzufrieden sind“, sagt Neumann. Das sei bei Alnatura aber nicht der Fall, „und deswegen gibt es ja in allen unseren Filialen bisher auch nur einen einzigen Betriebsrat“.
Die Idee eines Betriebsrats für die Filiale Faulenstraße geht für Neumann auf „eine Minderheit“ zurück, vor allem auf eine Person: Kai Wargalla, Alnatura-Angestellte und Landeschefin der Bremer Grünen. „Man hat den Eindruck, sie möchte mit ihrem öffentlichen Engagement für einen Betriebsrat ihre politische Karriere vorantreiben und in die Geschichtsbücher einziehen“, meint Neumann. Und das ginge gegen den Willen und zu Lasten „der Mehrheit der Mitarbeiter“.
Stefanie Neumann (Alnatura)
„Absoluter Quatsch“, sagt dazu Alnatura-Mitarbeiter Maik Dörfert: „Kai Wargalla vertritt uns zwar meist nach außen hin, aber sie ist keineswegs die einzige, die einen Betriebsrat will.“ Er selbst schätzt, dass ungefähr die Hälfte seiner KollegInnen dafür sei, „aber aus Angst vor Ärger gehen eben nicht alle so offensiv damit um“.
Dörfert ist einer der drei Wahlvorstands-Mitglieder, die laut dem Schreiben der Alnatura-MitarbeiterInnen „für sich entschieden haben, einen Betriebsrat zu gründen“. Er berichtet, dass es im Vorfeld immer wieder Beschwerden gegeben hätte wegen Personalmangels und dass eine Mitarbeiterbefragung „durchweg negativ“ ausgefallen sei: „Aber darüber wurde einfach nicht gesprochen.“
Die interne Ansprechpartnerin für die KollegInnen „tat so, als ob wir untereinander Probleme hätten, die gelöst werden müssten“, sagt Dörfert. Sie veranstaltete einen „Team-Tag“ zur Verbesserung des Betriebsklimas, „an dem allerdings keine einzige Führungskraft, mit der ein klärendes Gespräch nötig gewesen wäre, teilgenommen hat“.
Sandra Schmidt hat oft mit betriebsratsunfreundlichen Unternehmen zu tun. „Klar, der Arbeitgeber wird ja auch in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt – aber in der Form wie bei Alnatura hab ich das noch nie erlebt“, sagt sie.
Für Dörfert liegt der Grund für die Ablehnung „in der Philosophie des Alnatura-Geschäftsführers Götz Rehn: Der meint, in der gesamten Bio-Branche bräuchte man keinen Betriebsrat, weil es dort schlichtweg keine Probleme gibt – ich habe keine Ahnung, warum er so etwas glaubt“.
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