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Palästinensischer Botschafter in Prag totDie Explosion war kein Attentat

Nach Medienberichten ist der palästinensische Botschafter am ersten Januar in seiner Residenz tödlich verletzt worden. Ein Attentat wurde ausgeschlossen.

Nach der Explosion: Polizei und Feuerwehr waren vor der Residenz des palästinensischen Botschafters in Prag im Einsatz. Bild: dpa

PRAG afp/dpa/ap | Der palästinensische Botschafter in Prag ist am Neujahrstag durch eine Explosion in seiner Residenz getötet worden. Dschamal al-Dschamal sei durch die Detonation am Mittwochvormittag schwer verletzt worden und später im Krankenhaus gestorben, teilte die tschechische Polizei am Nachmittag mit.

Laut palästinensischem Außenministerium erfolgte die Explosion, als der Diplomat einen „alten Safe“ öffnete, der nach Angaben des palästinensischen Außenministers mindestens 30 Jahre versiegelt war. Außenminister Riad Malki schloss am Mittwoch ein Attentat auf den 56-jährigen Diplomaten Dschamel al-Dschamal aus.

Der Safe sei von einem früheren Botschaftsgebäude in die gerade neu bezogene Residenz gebracht worden, teilte das Ministerium mit. „Minuten nach der Öffnung des Safes ereignete sich die Explosion.“ Die Nachrichtenwebsite novinky.cz berichtete unter Berufung auf die Polizei, der 56-jährige Botschafter habe womöglich unvorsichtig mit gefährlichen Sprengstoffen hantiert.

Der Botschafter habe beschlossen, den Safe zu öffnen, der kürzlich von einem alten Botschaftsgebäude in seine Wohnung geschafft worden sei. „Nachdem er ihn geöffnet hatte, passierte etwas drinnen (in dem Safe), und er ging hoch“, sagte Malki.

Fragen blieben offen: Etwa, woher Malki wusste, dass der Tresor seit 30 Jahren verschlossen war. Oder, warum darin Sprengstoff war. Oder, wo er vor drei Jahrzehnten war. Im Kalten Krieg hatte die Palästinensische Befreiungsorganisation Vertretungen in Warschauer-Pakt-Staaten.

Die Polizei leitete eine Untersuchung zur Explosionsursache ein. Eine Polizeisprecherin sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Ermittlungen würden voraussichtlich einige Zeit dauern. Die ausgedehnte Wohnung im Prager Viertel Suchdol erstrecke sich über zwei Stockwerke. Auch die Polizei schloss einen Anschlag aus. Laut novinky.cz fand die Polizei in der Residenz „eine beachtliche Menge von Waffen und Sprengstoff“.

Die Ehefrau des Botschafters unter Schock

Wie ein Botschaftssprecher einem Radiosender sagte, befand sich die gesamte Familie al-Dschamals zur Zeit der Explosion in der Residenz. Seine 52-jährige Ehefrau sei vor Ort von den Rettungskräften versorgt worden, nachdem ihr von den Explosionsdämpfen übel geworden sei. Sie sei ins Krankenhaus gebracht worden und stehe unter Schock.

Ein Chirurg des Prager Militärkrankenhauses gab an, der Diplomat habe schwere „Kopf-, Bauch und Brustverletzungen“ erlitten. Das palästinensische Außenministerium kündigte die Entsendung einer ranghohen Delegation nach Prag an. Diese solle „mit den tschechischen Behörden bei der Untersuchung der Explosionsursache zusammenarbeiten“.

Al-Dschamal hatte den Botschafterposten in Prag erst im Oktober übernommen. Gleich nach seinem Amtsantritt übte er scharfe Kritik an einem Vorstoß des tschechischen Präsidenten Milos Zeman, die tschechische Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Tschechien unterhält als Nachfolgestaat der Tschechoslowakei diplomatische Beziehungen zum Palästinenser-Staat.

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14 Kommentare

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  • Das ist aber sehr sehr merkwürdig. Nach der Abstimmingsniederlage zur Anerkennung der Palestinänsee in der UNO der Israelis und USA (einzige Gegenstimmen mit Rückzug aus der UNESCO!), Geheimdienste, Mossad, CIA NSU,......

    • RD
      Rainer David W. Früh
      @Dr. rer. nat. Harald Wenk:

      Was will er uns damit sagen, der Herr Dogder, außer, dass er ein sehr entspanntes Verhältnis zu Orthografie, Satzbau etc. unterhält?

  • was ist eigentlich „eine beachtliche Menge von Waffen und Sprengstoff“ außer einer floskel, welche geeignet ist, die fantasien ins kraut schießen zu lassen?

    • @christine rölke-sommer:

      Na was man eben so braucht für Attentate entlang von Küstenstrassen, in Pizzerien oder vor Flughäfen, in griechischen Restaurants usw. (letztere allerdings auch eine Spezialität der Hezbollah, wie Sie als Berlinerin ja wissen). Nachschub garantiert, wenn Mr. Kerry sich durchsetzen sollte mit seiner Rohrkrepierer-Mission.

      • @Senckbley:

        die einen und anderen zionisten hatten damals zwar noch keine botschaften, dafür aber jede menge sprengstoff - wie man in http://www.foreignpolicy.com/articles/2014/01/01/how_zionist_extremists_helped_create_britain_s_surveillance_state#sthash.yB5MsTaX.cCarASGo.dpbs lesen kann.

        • @christine rölke-sommer:

          Ein interessanter historischer Artikel, durchaus. Aber was schließen wir daraus? Die Heißsporne von Irgun und der Stern Gang führten Mitte der 40er Jahre, also vor 70 Jahren, einen brutalen Kampf gegen britische Offizielle.

          Die pal-arabischen Bombenleger von heute dagegen suchen ihre Opfer in Bussen, Cafés oder auf Straßen. Opfer sind meist einfache Leute, Kinder, völlig Unbeteiligte. Den Tätern fehlt jeglicher Respekt vor menschlichem Leben. Abbas stellt diesen Leuten sogar Urkunden aus und benennt Kindergärten nach ihnen. Die sind nicht friedlicher als Anfang der 70er Jahre, als sie in München Sportler ermordeten.

      • @Senckbley:

        und schon kommt einer und führt das ins kraut-schießen der fantasien vor.

        darf ich jetzt im umkehrschluß annehmen, dass die menge von waffen und sprengstoff, die in jeder israelischen auslandsvertretung zu finden ist, unbeachtlich wäre?

        • @christine rölke-sommer:

          Beweise?

          • @Senckbley:

            unter der voraussetzung, dass Sie mir auflisten, was genau und wieviel davon die "beachtliche Menge an Waffen und Sprengstoff" ausmachte.

            können Sie nicht. oder?

  • C
    chefkoch

    es gab keinen kalten krieg. das war verarsche und angstmache fürs volk.

     

    die selben amerikanischen politker, die unmengen an gelder an die sovjetunion "geliehen" haben, saßen in den gleichen gremien (trilaterale kommission, CFR...) wie die sovjetischen politiker, die sie so "gehasst" haben.

     

    aber wer sich das schon nicht traut zu schreiben oder es im schlimmsten fall noch nicht einmal weiß, der glaubt natürlich auch eine geschichte vom feuerwerksmord. aber vielleicht stimmt ja auch die geschichte, denn die wahrheit ist ja schräger als die fiktion.

  • G
    Gustav

    Ich frage mich manchmal wirklich, ob das mit der Immunität eine gute Idee ist.

    Was fällt dem palästinensischen=israelischen Botschafter ein, eine beachtliche Mengen an Sprengstoff und Waffen in seiner Wohnung zu lagern!! Wurden diese Waffen nach der Explosion ihm untergeschoben??! Oder bestätigt sich hier eine massive Aufrüstungskampagne

    zum Terror in Europa oder Krieg gegen Israel mit europäischen Waffen oder hängt das ganze mit Syrien zusammen?!

    Dieses schamlose Ausnutzen der Gastfreundschaft finde ich abstoßend. Wollen die Tschechien etwa mit in den Terror hineinziehen???

    Es wird Zeit in Europa alle diplomatischen Botschaften auf Waffen und Drogen und Überwachungstechnik zu kontrollieren! Die müssen doch spinnen! Abbas soll diese Situation öffentlich jetzt ganz genau erklären! Natürlich hat der Diplomat eine Schusswaffe verdient und Wachpersonal. Bei Sprengstoffen und Kleinarmeewaffenaustattungen hört der Spass aber entschieden auf!! Sollten die Palästinenser abermals neue deutsche NeoRAF-organisationen aufbauen, sollte Europa nur noch die palästinensischen Familien direkt unterstützen, die nicht mit der Hamas und der Fatah zusammenarbeiten. Es sollte auch untersucht werden, ob Frankreich oder Tschechien an einen eventuellen Krieg gegen Israel seitens der Radikalen verdienen! Deutschland und Europa hat Frieden in Nahost zu wollen und in Europa und NICHTS ANDERES! Ob der Mossad hier etwas inszenierte, muss auch rausgefunden werden. In jedem Fall war das zuviel!

    • SD
      Stimme der Demokratie
      @Gustav:

      Natürlich darf der Hinweis auf den Mossad nicht fehlen.

      Wäre ja zu schön, wenn ein Kommentar über Terroristen nur von Terroristen handeln würde.

  • So ein schickes neues Botschaftsgebäude für einen Staat, der keiner ist und dessen Finanzierung wahrscheinlich indirekt Brüssel übernommen hat. Und dann wollte der verstorbene Botschafter seinem Gastland auch noch vorschreiben, seine eigene Vertretung nicht in die israelische Hauptstadt Jerusalem zu verlegen. Das ist der eigentliche Skandal.

     

    Sprengfallen in Tresoren werden übrigens mit dem Ziel angebracht, dem Staatsanwalt Beweise vorzuenthalten.

  • Ich frage mich, ob wohl auch in den Tresoren deutscher Botschafter Sprengstoffe gelagert werden oder diese mit Sprengfallen "gesichert", sowie in deren Residenzen auch „beachtliche Mengen von Waffen und Sprengstoff“ zu finden sind.

     

    Ferner stellt sich die Frage: Wozu braucht ein (palästinensischer) Botschafter in seiner Residenz „eine beachtliche Menge von Waffen und Sprengstoff“ ??