Palästinensische UN-Initiative: Hamas ruft zum "Tag des Zorns"

Am Tag des palästinensischen Vorstoßes bei der Uno protestieren Hamas-Anhänger. 20.000 israelische Soldaten und Polizisten sind in Alarmbereitschaft.

Eine Junge mit Palästinenserfahne vor dem Jerusalemer Damaskus-Tor. Bild: reuters

JERUSALEM taz | In einem Punkt sind sich Israel und die Hamas einig. Beide lehnen, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen, den Antrag der PLO auf UN-Mitgliedschaft ab. Am Freitag riefen die palästinensischen Islamisten zu einem "Tag des Zorns" auf. Ein Appell, der nach der Rede von US-Präsident Barack Obama zum Auftakt der Uno-Vollversammlung auf offenere Ohren stieß.

Junge Demonstranten setzten Autoreifen und die US-Flagge in Brand. In Ostjerusalem und am Grenzkontrollpunkt Kalandia lieferten sich vermummte Demonstranten und Soldaten mit Steinen und Tränengas Gefechte. Im Westjordanland sind über 10.000 Polizisten im Einsatz. Israel hat vor allem im Grenzbereich und in Jerusalem über 20.000 Soldaten und Polizisten in Alarmbereitschaft.

Obama hatte in seiner Rede nicht mit einem Wort an das Leid des Volkes unter der Besatzung erinnert. Er erwähnte weder die israelischen Siedler noch die Grenze von 1967, die die PLO für den Staat Palästina fordert. "Ich hätte die Rede selbst nicht besser schreiben können", soll Israels nationalistischer Außenminister Avigdor Liebermann kommentiert haben, während die liberale israelische Haaretz Obama auf der Titelseite ihrer Wochenendbeilage mit Kipa zeigt und als "ersten jüdischen Präsidenten" bezeichnet.

In dem Gefühl, gegen den westlichen Wind zu rennen, beobachten die Palästinenser im Westjordanland den seit zwei Jahren geplanten Auftritt der PLO in New York. Laut einer Umfrage des Palestinian Center for Policy and Survey Research in Ramallah unterstützen über 80 Prozent den Antrag auf staatliche Anerkennung. Bei vielen herrscht Frustration über die Haltung der USA, die ein Veto gegen die UNO-Mitgliedschaft Palästinas einlegen wollen.

Große Skepsis empfinden auch die Leute im Gazastreifen. "Ein palästinensischer Staat repräsentiert die besetzten Gebiete, Gaza, Jerusalem und Westjordanland", sagt Raji Sourani, Direktor des Zentrums für Menschenrechte im Gazastreifen. Unklar ist, wer die im Exil lebenden Flüchtlinge vertritt. "Wir betrachten die PLO als legitimen Repräsentanten aller Palästinenser, auch derer, die im Exil leben", sagt Sourani.

Hamas lehnt parteiische Uno ab

Die islamistische Führung im Gazastreifen verurteilte die "inakzeptablen Zugeständnisse" der PLO, wenn sie von einem Staat in den Grenzen von 1967 spricht. Nach Ansicht der Hamas haben die Palästinenser das Recht auf die gesamte Region, Israel inbegriffen. Die Hamas lehnt grundsätzlich ein Zutun der Uno in der Region ab. Nicht zuletzt der UN-Bericht zum "Flotilla-Disaster", in dem die israelische Blockade als rechtens erklärt wird, zeige, wie einseitig die Uno gegen die palästinensische Sache eingestellt sei.

Schmerzlich für die Hamas ist auch, dass sie an dem PLO-Auftritt in New York keinen Anteil hat. Die im April getroffene Einigung über eine Koalition von Fatah und Hamas ist nie umgesetzt worden. "Abbas hat diese Entscheidung allein getroffen, ohne sich mit den anderen palästinensischen Fraktion vorher zu beraten", kritisierte Fausi Barhum, ein Sprecher der Hamas.

Am palästinensischen Vorstoß in New York scheiden sich in Israel die Geister zwischen denen, die den Palästinensern Glück wünschen, und denen, die sich hinter Regierungschef Benjamin Netanjahu stellen und die den Palästinensern die Schuld für das Stocken des Friedensprozesses zuschreiben. Dennoch würden, laut einer Umfrage der Hebräischen Universität in Jerusalem, immerhin knapp 70 Prozent der Israelis einem Palästinenserstaat zustimmen, sollte die Uno sich dafür entscheiden.

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