piwik no script img

Palästinenser im WestjordanlandTod in Haft

In einer Polizeistation in Nablus: Palästinensische Sicherheitsleute erschlagen offenbar einen Funktionär der Al-Aksa-Brigaden.

Palästinensische Sicherheitskräfte in Nablus Foto: reuters

Jerusalem taz | Nach dem Tod eines Häftlings in Nablus hat der palästinensische Regierungschef Rami Hamdallah ein Sonderkomitee mit der Aufklärung des Falles beauftragt. Der Tote, Ahmad Halaweh, soll hinter den tödlichen Schüssen auf zwei palästinensische Polizisten am Donnerstag vergangener Woche in der Altstadt von Nablus im Westjordanland gesteckt haben.

Laut Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa soll Halaweh nach seiner Festnahme in einer Polizeistation laut geschrien und die Sicherheitsleute verflucht haben, die daraufhin anfingen, ihn zu schlagen.

Andere Sicherheitsangehörige sollen versucht haben, die Schlägerei zu stoppen. Der Verhaftete sei jedoch nicht mehr zu retten gewesen. Wafa beruft sich auf die Aussagen eines palästinensischen Polizeisprechers.

Grund für die Entscheidung Hamdallahs, eine Untersuchung einzuleiten, ist, dass Halaweh nicht nur der Fatah angehört, sondern laut der Zeitung Al-Quds als der prominenteste Anführer der Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden in Nablus gilt. Die Gruppe ist seit 2007 nicht mehr aktiv im bewaffneten Kampf gegen Israel.

Hamas spricht von „Exekution“

Die Fatah hatte kurz zuvor im Gazastreifen bei den blutigen Auseinandersetzungen mit der Hamas den Kürzeren gezogen. Im Westjor­dan­land beschloss daraufhin die politische Führung einen Waffenstillstand mit Israel, dem sich die ­Al-Aksa-Brigaden unterordneten.

Mit dem Stillstand im Friedensprozess, dem Ausbau israelischer Siedlungen im Westjor­danland und dem autoritären Führungsstil von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wächst jedoch der Unmut unter den Kämpfern der Fatah, die zu einer Wiederaufnahme der Angriffe gegen den Besatzer aufrufen.

Der Tote gilt als Anführer der Al-Aksa-Brigaden

Denkbar ist, dass die Schüsse auf die palästinensischen Sicherheitskräfte vom letzten Donnerstag vor dem Hintergrund der politischen Differenzen abgefeuert wurden. Nicht zum ersten Mal kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Beamten der Palästinensischen Autonomiebehörde und Mitgliedern der Al-Aksa-Brigaden.

Die Familie Halawehs forderte in einer von Al-Quds veröffentlichten Stellungnahme, seine Mörder ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Halaweh sei ein „nationaler Führer“ gewesen, der „kaltblütig ermordet wurde“.

Ungebetene Rückendeckung bekam die Familie von der Hamas im Gazastreifen. Die „Exekution“ Halawehs, erklärte Sami Abu Suhri, ein Sprecher der Islamisten, deute auf „eine gefährliche Entwicklung“ und auf die „Unterdrückung des eigenen Volkes“ hin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare