piwik no script img

Palästina-Demo an TU BerlinPolizei hält sich zurück

An der Technischen Universität Berlin protestieren rund 150 Studierende gegen den Krieg in Gaza. Die Uni-Präsidentin setzt auf Dialog – und besucht die Kundgebung.

Protest in der Mittagspause: Propalästinensische Kundgebung vor der Mensa der Technischen Universität Berlin Foto: Sven Kaeuler/dpa

Berlin taz | Es war die dritte Demonstration an einer Berliner Uni binnen 10 Tagen: Am Dienstag haben etwa 150 Personen vor der Mensa der Technischen Universität (TU) gegen die israelische Offensive in Rafah im Gazastreifen und deutsche Waffenlieferungen an Israel protestiert.

Insgesamt verlief die Kundgebung ruhig. Anders als bei der Aktion an der Humboldt-Universität (HU) in der vorvergangenen Woche sowie der versuchten Errichtung eines Protestcamps an der Freien Universität (FU) am vergangenen Dienstag schritt die Polizei diesmal nicht ein.

Die Gruppen „Student Coalition Berlin“ sowie „Student Col­lective TUB“ hatten zu dem Protest aufgerufen. Sie forderten in einem gemeinsamen Statement, dass „sich die deutsche Regierung für einen sofortigen Waffenstillstand einsetzt und dass sich unsere Universität unserem Druck auf die Regierung anschließt“.

Ein Redner kritisierte außerdem unter lautem Jubel der Menge die vom schwarz-roten Senat vorangetriebene Verschärfung des Hochschulgesetzes, die Zwangsexmatrikulationen von Straftätern ermöglichen soll.

Die Uni ruft nicht die Polizei

Nach den teils gewaltsamen Polizeieinsätzen gegen Protestierende an HU und FU wurde am Dienstag mit Spannung die Reaktion der Hochschulleitung erwartet. Die blieb gelassen. Eine Sprecherin der TU sagte am Mittag: „Wir setzen auf Dialog.“ Da es eine angemeldete Veranstaltung sei, seien Polizisten vor Ort. Diese seien aber nicht von der TU gerufen worden.

Später zeigte sich auch TU-Präsidentin Geraldine Rauch am Rande der Kundgebung. Sie habe eine Dienstreise abgebrochen und wolle die Proteste beobachten, sagte sie. Rauch sprach von einer „schwierigen Gratwanderung“. Klar sei, dass ihre Uni Antisemitismus nicht dulde und für die jüdischen Studierenden da sein wolle – aber „auch für die palästinensischen Studierenden, die täglich Angehörige verlieren“. Sie betonte, dass die Protestierenden keine homogene Gruppe seien. Die Stimmung sei insgesamt friedlich, einige Personen habe sie als aggressiv empfunden.

Kleine Scharmützel am Rande der Demo

Gegenproteste blieben am Dienstag fast vollständig aus. Ein Mann rief den Demonstrierenden zu, er schäme sich für sie. Kurz drohte die Stimmung zu kippen, es kam zu kleineren Wortgefechten, die vom Sprechchor „Zionism is a crime“ übertönt wurden.

Zwischenzeitlich herrschte auch bei der Polizei Aufregung, man wollte ein gewaltverherrlichendes Plakat entdeckt haben. Doch vor dem Zugriff stellte sich heraus: Das Zitat auf dem Plakat stammte von einem israelischen Politiker.

Für Unruhe sorgte außerdem ein rechter Medienaktivist, der die Kundgebung filmte. Ihn, aber auch weitere Fotografen sowie Journalisten versuchten die Teilnehmenden abzuschirmen, was die Polizei aber unterband.

Die Proteste gehen weiter

Anfang Juni will die „Student Coalition Berlin“ vor der HU gegen das Hochschulgesetz protestieren. An den Universitäten geht unterdessen die Debatte über den Umgang mit den propalästinensischen Aktionen weiter. Eine Online-Petition eines FU-Studierenden fordert den Rücktritt von FU-Präsident Günter Ziegler. Unterschrieben haben bisher rund 2.000 Leute.

Ziegler und seine TU-Kollegin Rauch wiederum nahmen am Montag die Uni-Dozent*innen in Schutz, die sich in einem offenen Brief gegen Polizeieinsätze und für Meinungsfreiheit an Unis ausgesprochen haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Geht auch so. Das lässt hoffen.

  • Vielleicht sollte man den Tag nicht vor dem Abend loben, aber mich erstaunt es nicht, dass es an der TU zivilisierter zugeht als an FU und HU.

    Ein Mindestmaß an akademischem Abstand zu jedem Thema sollte für echte Wissenschaftler eigentlich selbstverständlich sein, und dieses Mindestmaß verhindert dann normalerweise auch, dass man mit Fäusten aufeinander losgeht trotz unterschiedlicher Thesen. Es ist aber in Teilen der Geisteswissenschaft, so es denn je vorhanden war, abhanden gekommen. (Ich weiß, es gab in der Vergangenheit auch Prügeleien unter Naturwissenschaftlern. ^^)

    So wie Journalisten sollten sich auch Wissenschaftler mit keiner Sache (allzu) gemein machen.

    • @Fabian Wetzel:

      Das ist eine "interessante" Interpretation. Die student coalition Berlin hat meines Wissens alle drei Proteste organisiert und ich wäre sehr verwundert, wenn Studierende nur auf dem eigenen Campus protestieren würden. Dann hätte man die Proteste wohl zeitgleich gemacht. Was anders ist, ist die Reaktion des Präsidiums. Mal überlegt, ob das eine Rolle spielen könnte? Und vielleicht, nur vielleicht war der Protest an der FU und HU gar nicht antisemitischer als an der TU? Ich war nicht dabei, aber man sollte die Möglichkeit in Betracht ziehen.

      • @Iguana:

        Nunja, an einer der beiden Unis, HU oder FU, hat das Präsidium ganz ähnlich reagiert. Nur an der TU wurde dann scheinbar geredet, an der anderen Uni niedergebrüllt.