Pakete für Inhaftierte verboten: Knastverbot für den Weihnachtsmann
Für Inhaftierte können Weihnachtspakete von Unbekannten viel bedeuten. Doch in fünf Bundesländern sind sie nun verboten: Die Kontrolle sei zu aufwendig.
BERLIN taz | „Leider habe ich keine Angehörigen, die mich unterstützen könnten. Daher würde ich mich über eine Spende sehr freuen.“ Diese Bitte richtete ein Insasse der Justizvollzugsanstalt Lingen an den Verein Freiabos e. V.
Der Verein vermittelt seit fast 30 Jahren Zeitungsabos und auch Paketwünsche von Häftlingen. Doch obwohl die Nachfrage nach den Paketen in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen ist, dürfen Gefangene in Niedersachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen keine Pakete mehr bekommen.
Diese Bundesländer haben Gesetze verabschiedet, die das Versenden von Paketen in die Gefängnisse untersagen. Begründet wurde das Verbot mit dem großen Verwaltungsaufwand. Schließlich müssten alle Sendungen auf gefährliche und auf im Gefängnis verbotene Gegenstände untersucht werden. Geldgeschenke für Häftlinge sind dagegen weiterhin erlaubt. Der Verein Freiabos wirbt für diesen Paketersatz und vermittelt SpenderInnen.
Viele Regeln, viel Verzicht
Doch Vereinsmitarbeiterin Annette Baginska äußerte Unverständnis dafür, dass aus verwaltungstechnischen Gründen die Rechte von Inhaftierten eingeschränkt werden. „Wenn man sich ein Gefängnis mal von innen angesehen hat, dann merkt man einfach, wie kleine Dinge plötzlich eine große Bedeutung bekommen und wie das Leben eines Gefangenen von sehr vielen Regeln, aber auch sehr viel Verzicht bestimmt wird“, meint Baginska.
Mit dem Paketverbot werde den Gefangenen die Möglichkeit genommen, sich über ein überraschendes Präsent zu freuen. Dabei gehe es nicht in erster Linie um Geschenke von großen materiellem Wert. Auch ein selbstgemaltes Bild, eine Bastelei oder ein Foto werde den Häftlingen vorenthalten.
Welche Bedeutung solche Gesten für sie haben können, drückt sich in den zahlreichen Dankesbriefen aus, die der Verein in Auszügen auf seiner Homepage veröffentlicht hat. „Vielen Dank, dass Sie es ermöglicht haben, dass ich hier im Gefängnis ein bisschen Weihnachten feiern konnte. Meine eigene Familie hat mich abgeschrieben“, schrieb ein Häftling nach dem Paketempfang. Und die Nachfrage ist weiterhin sehr groß. Zurzeit warten noch knapp 80 Häftlinge auf Pakete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr