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Pädophilie-Diskussion in der FDPLiberale Liebesfantasien

Die Abschaffung des Paragrafen 176 wurde auch von Jungdemokraten gefordert. Von den damals Beteiligten ist niemand mehr in der FDP.

„Wie konntet ihr nur Sex zwischen Erwachsenen und Kindern gutheißen?“ Chinesische Kinder bilden einen Smiley. Bild: imago / xinhua

Nein, ich war nicht dabei. Nein, ich kann mich kaum erinnern. Nein, ich möchte nicht darüber sprechen. Wer heute danach fragt, wie es in den Siebzigern und Achtzigern zu pädophilenfreundlichen Einstellungen und Beschlüssen kommen konnte, bekommt es meist mit einer dieser drei Antworten zu tun. Die Angst derer, die damals jung waren, vor dem moralischen Furor der heute Jungen wiegt schwer.

„Wie konntet ihr nur Sex zwischen Erwachsenen und Kindern gutheißen?“ – diese Frage verlangt, von heute aus gesehen, nach Erklärung. Es waren ja nicht nur ein paar grüne Landesverbände, die einvernehmlichen Sex“ mit unter 14-Jährigen zeitweise okay fanden. Sondern große Teile des Alternativmilieus, darunter auch der linke FDP-Nachwuchs. Personen, die heute eine wichtige Rolle im Establishment spielen. Warum dachten sie damals so? Die Erinnerungslücken sind groß und die Bereitschaft zum Reden gering. Was bleibt, sind konkrete Daten und Fakten, denen man sich kriminologisch nähern kann.

Zum Beispiel die Konferenz in Grünberg. Im März 1980 trafen sich rund 200 Jungdemokraten in dem hessischen Städtchen zu einer Bundesdelegiertenkonferenz. Alle elf Landesverbände hatten ihre Delegierten ordnungsgemäß angemeldet und ihre Anträge dabei. Die Berliner brachten einen Antrag auf „Gleichberechtigung für sexuelle Minderheiten“ ein. Das Anliegen: Niemand dürfe mehr seiner sexuellen Orientierung wegen diskriminiert werden.

Dies sollte für schwule Beamte genauso gelten wie für praktizierende Sadomasochisten. Oder für sanfte Pädophile. Unter der Überschrift „Keine Bestrafung der freiwilligen und einvernehmlichen Sexualität“ beschloss man laut Protokoll: „Die Paragrafen 173 (Inzest), 174 (Sexualität mit Schutzbefohlenen), 175 (besonderes „Schutzalter“ für männliche Homosexuelle), 176 (Sexualität mit Kindern) sind zu streichen.“

Der FDP-Nachwuchs wollte also mehrheitlich einen wichtigen Teil des Sexualstrafrechts abschaffen. Als der Beschluss von Grünberg unlängst öffentlich wurde, hielt sich die Empörung erstaunlicherweise in Grenzen. Obwohl vergleichbare Beschlüsse der Grünen auf Kommunalebene zu Rücktrittsforderungen an das aktuelle Personal führten. Die Jungdemokraten von damals haben Glück: Keiner von ihnen ist mehr FDP-Mitglied, kaum einer noch in der Politik aktiv.

Radikale Positionen

Die Jungdemokraten, die sich 1982 von der FDP abspalteten und seitdem ein parteiunabhängiger Jugendverband sind, sind nicht vergleichbar mit den neoliberalen JuLis. Wer damals in Grünberg dabei war, vertrat bürgerrechtliche bis radikal linke Positionen: gegen den Nato-Doppelbeschluss, für die Straffreiheit von Abtreibung und Homosexualität. Die Delegierten von damals sind heute Mitglieder der SPD oder der Linkspartei. Sie haben es weit gebracht, sind Staatssekretär, Polizeipräsident einer Großstadt, Vorstand einer Immobilienbank, Vorsitzender einer Politikstiftung geworden.

Öffentlich will keiner von ihnen über Grünberg reden. Anfragen werden nicht beantwortet oder von Sekretärinnen abgewimmelt – zu groß ist die Sorge, mit dem Schmuddelthema Pädophilie in Verbindung gebracht zu werden. Es äußerst sich nur, wer auch heute noch etwas zu verlieren hat im politischen Geschäft.

Christoph Strässer, damals Vorsitzender der Jungdemokraten, sitzt heute für die SPD im Bundestag. Im Wahlkampf-Endspurt erklärte er den Beschluss von 1980 zum „groben Unfug“, den er notgedrungen mitgetragen habe. Andrea Arcais, SPD-Europakandidat aus Münster, sagt am Telefon, er könne sich noch gut an einzelne Diskussionen in Grünberg erinnern.

Schwulen- und Frauenpolik musste irgendwie sein

„Beherrschende Themen waren der bevorstehende Bruch der sozialliberalen Koalition. Und die massenhafte Abwanderung unserer Mitglieder zu den Grünen. Darüber redeten wir uns die Köpfe heiß.“ Sexualthemen hätten damals nur einen kleinen Kreis der Delegierten interessiert, ihn als friedensbewegten 19-Jährigen nicht. „Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, darüber mit abgestimmt zu haben“, sagt Arcais heute. „Könnte aber gut sein – ich will mich nicht rausreden“.

Aus heutiger Sicht fände er die Abschaffung der Paragrafen 173–176 auch problematisch. Die Jungdemokraten hätten einen Widerwillen gegen staatliche Reglementierung gehabt, auch für die Gleichberechtigung von Schwulen und Frauen sei man selbstverständlich eingetreten. Der Beschluss sei trotzdem kein Freifahrtsschein für Pädophile: Schließlich sprachen sich die Delegierten auch dafür aus, die Bestrafung für Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und den sexuellen Missbrauch Widerstandsunfähiger zu verschärfen, wenn das Opfer ein Kind ist.

Dass Kinder eines besonderen Schutzes bedürfen, war den Jungdemokraten also klar. Auch dass es dafür gesetzliche Schranken braucht. Sie saßen aber dem – im linksalternativen Milieu der damaligen Zeit verbreiteten – Irrtum auf, dass es „einvernehmliche“ Sexualbeziehungen zwischen Kindern und Erwachsenen gibt.

Der Schauspieler Gerd-Manfred Arndt, der Ende der 70er in Dortmund die SchwuDos aufbaute, einen Arbeitskreis Schwuler Jungdemokraten, erinnert sich: Schwulen- und Frauenpolitik sei nur ein Randthema bei den Jungdemokraten gewesen: „Das lief unter Minderheitenschutz – wir mussten dem Selbstverständnis der Partei nach dazugehören. Wirklich interessiert haben sich die meisten für unsere Themen aber nicht.“

Ein harter Kern gegen viele Gleichgültige?

Auch bei der Diskussion über das Schutzalter sei das so gewesen. Die Diskussion hätten nur wenige geführt – die Befürworter einer „einvernehmlichen“ Sexualität hätten recht hartnäckig ihre eigenen Interessen vertreten. Arndt erinnert sich an Auftritte des verurteilten Päderasten Peter Schult und an Abgeordnete von Pädophilengruppen. „Ich stand damals im Kontakt mit Frauengruppen, die mit Missbrauchsopfern arbeiteten. Mir war klar, dass kein Kind von sich aus die Sexualität mit Erwachsenen sucht. Für diese Haltung, die auch offizielle Position der SchwuDos war, wurde ich als kleinbürgerlicher schwuler Faschist beschimpft.“

Das Zeitfenster für die Toleranz von Pädophilie schloss sich auch bei den Jungdemokraten bald wieder: Bei der Bundesdelegiertenkonferenz 1982 gab es einen Antrag mit „Thesen zum Sexualstrafrecht“. Über die These 3, wonach „sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen, sofern sie von den Kindern freiwillig eingegangen bzw. angestrebt werden“, straffrei bleiben sollten, wurde heftig diskutiert und mit großer Mehrheit abgelehnt.

Lust nicht unterdrücken

Die Mär vom „guten“ Pädophilensex geisterte noch ein paar Jahre lang herum. In einer Sonderausgabe der Zeitung tendenz aus dem Jahr 1985 zum Thema Sexualität heißt es noch: „Wegen des Fehlens einer nachweisbaren Schädigung der betroffenen Kinder glauben Jungdemokraten, die Straffreiheit solcher Kontakte fordern und verantworten zu können. Jungdemokraten sehen durchaus die Probleme, die sich aus solchen Kontakten für die kindliche Sozialentwicklung ergeben können, halten aber die völlige Unterdrückung der kindlichen Sexualität, wie es heute geschieht, für bedeutend schädlicher für die kindliche Selbstentfaltung.“

Die Jungdemokratin, die damals das Vorwort schrieb, sitzt heute im nordrheinwestfälischen Wirtschaftsministerium. Zu ihren damaligen Positionen möchte sie sich nicht äußern – sie sei „persönlich sehr im Stress“.

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30 Kommentare

 / 
  • EL
    Ernst lehmann

    Von den damals beteiligten ist niemand mehr in der FDP - das ist der Unterschied zu den Grünen, die sich mit allen Mitteln an der macht Klammern...

  • D
    demi

    Billigste, schäbigte Retourkutsche der Grünen: " Aber die haben doch auch...!!!", als ob das irgendwetwas besser machen würde. Kreischig wie immer, aber vom Niveau her noch ein Stück tiefer als sonst...das will etwas heißen.

    • @demi:

      Die FDP kam ja auch ganz ohne diese alten Kamellen unter die 5%-Hürde.

       

      Aber fragen kann man sich ja schon, weshalb die Grünen wegen 25 Jahre alter Beiträge einzelner Mitglieder so im Fokus stehen und die FDP nicht.

       

      Zumal ja angeblich rund 70% aller Zeitungsschreiberlinge rot/grün eingestellt seien?!

  • Der Aussage von Herr Gerd-Manfred Arndt das kein Kind von sich aus die Sexualizät mit Erwachsenewn sucht, kann ich nicht bestätigen.

    Noch kein 1,5 Woche zürück war zu meinen eigene Erstaunis (gesehen der heutige Zeitgeist) auf das Niederländische Hilfeforum pedofilie.nl ein Beitrag vonm ein 14-jährige Junge zu lesen welche Kontakt suchte mit ein Pädophile Frau. Er wurde zürückgewiesen mit der Mitteilung das ein Hilfeforum kein Kontaktvermittlungsseite war.

    Auch der Niederländische Auorin Monique Möller berichtet berichtet in Ihren Buch "Pedofiele Relaties" (1) über solche Kontaktversuuchen von Kinder/Jugendliche. Z.b von der 12-jährige Junge welche Kontakt suchte mit ein Pädophile Frau, die auch fand, da auch was mit hatte, die Frau ihm aber nicht direkt als ihr Typ sah. Darauf hin ist der 12-jährige nach der Arbeitsgruppe Pädophile Frauen gegangen um nach ein andere Erwachsenen Freudin zu suchen.

    Auch in meinen Beitrag in Forschungsartikel hier op Taz hab ich dazu geschrieben und es gibt noch zwei sehr lesenswerte Artikel hierzu, ein von David L. Riegel over Androphilie aus 2011(2) und ein von Prof. Bruce Rind über Gay- and Bisexual Teenboys (3).

    (1) Monique Möller: Pedofiele Relaties, Van Loghum Slaterus, Amsterdam 1983 (noch zu kauf bei bol.com)

    (2)David L. Riegel: "Die Rolle der Androphilie in der psychosexuelle Entwicklung von Jungen", in Deutsche Übersetzung zu finden unter: www.boyandro.info (Ursprungliche Englische Artikel Erschienen in "International Journal of Sexual Health", 23:1 2-13.

    (3)Bruce Rind: "Gay and Bisexual Teenboys Sexual Experiences with Men: An Emperical Examination of Psychological Correlates in a Nonclinical Sample", Archives of Sexual Behavior, Vol 30 Nr. 4, 2001. Zu finden auf:

    www.ipce.info/library2/rind/rind_gay-boys_frame.htm.

    • @Adrian2000:

      Kleine Anmerkung: Mit 14 Jahren ist man nach deutschem Recht nicht mehr "Kind", sondern schon "Jugendlicher". Sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Jugendlichen sind grundsätzlich erlaubt (es gibt aber Ausnahmen bei starkem Entwicklungsgefälle).

       

      Und mit 12 Jahren ist man ja zumindest am oberen Rand der Altersgrenze. Dass ein 12-jähriger Mensch aktiv nach Entfaltung seiner Sexualität sucht, finde ich alles andere als fernliegend.

  • B
    Beobachter

    Dass sich heute keiner mehr dran erinnern will, ist ja verständlich bei der heutigen Hysterie.

     

    Heute "weiß" man ja, dass jeder Pädosex ganz böse ist.

    • @Beobachter:

      Wie würden Sie das Strafrecht in Bezug auf Pädosex denn gestalten, wenn Sie könnten?

      • @Viccy:

        Zunächts einmal muss der Maßstab für das gesamte Strafrecht lauten: einvernehmlicher Sex (genitale Stimulation nach dem erklärten oder erkennbaren WILLEN der Beteiligten) darf nicht strafbar sein. Einvernehmliches Handeln ist ein Grundrecht nach Art. 2 Grundgesetz (freie Entfaltung der Persönlichkeit). Seit einem Beschluss des BVerfG 1968 ist jedes Kind Träger jedes Grundrechts, d.h alle Kinder kommen in den Genuss der Grundrechte - ab Geburt.

        Es gibt keinerlei Nachweis, dass beidseitig gewünschter und genossener Sex (mit oder zwischen Kindern) zu einem Nachteil für die Kinder führt.

        Nicht eine einzige Studie gibt es, die das nachweisen könnte.

        • @Manfred Buchholz:

          Das Grundgesetz enthält dermaßen abstrakte Aussagen, dass es unbedingt konkretisiert werden muss.

           

          Mit Ihrer Argumentation müsste man 3-jährigen Kindern auch erlauben, Autos und Häuser kaufen zu dürfen. Freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht nur im sexuellen, sondern auch im materiellen Bereich.

           

          Studien vermissen Sie? Wie sollte eine Studie denn aussehen? Man nehme 100 Kinder im Alter von drei Jahren, vergehe sich sechs Monate lang an Ihnen, während die Kontrollgruppe "unberührt" bleibt. 15 Jahre später schaut man dann, welche Gruppe besser dasteht?!

           

          Es kann daher keine "Studien" geben.

           

          Traumatisierte Opfer hingegen gibt es sehr wohl. Ich kenne mehrere persönlich & gut. Bitte reden Sie nicht so einen Unsinn, wonach sexuelle Handlungen von Erwachsenen an z.B. Kleinkindern die letztgenannten nicht erheblich schädigen könnten.

          • @Viccy:

            Auto fahren draf man, sobald man die Fahrprüfung bestanden hat. Warum sollen nicht alle, die sie bestehen Auto fahren dürfen. Wer einem 3-Jährigen ein Auto verkauft, wird nicht außerordentlich streng bestraft. Stattdessen ist er selbst verantwortlich, wenn der Kaufpreis nicht bezahlt wird und der Kaufvertrag wird rückabgewickelt bzw. für gegenstandlos erklärt. Wer etwa bezahlt, kann auch etwas kaufen.

             

            Die Studien, die es gibt sind Befragungen von Jugendlichen oder Erwachsenen über ihre sexuellen Erlebnisse in der Kindheit.

             

            Davon gibt es eine ganze Reihe.

            Hier sei nur erwähnt die Studie von Helmer Boving Larsen aus Dänemark. Hier das abstract:

             

            http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1080/08035250600589033/abstract

             

            Larsen hat Jugendliche in Dänemark anonym befragt und 5829 Antworten bekommen.

            11 % hatten illegale Sex-Kontakte in der Kindheit (7 % der Jungen, 16 % der Mädchen). Durch diese illegalen Sex-Kontakte fühlten sich 1 % der Jungen und 4 % der Mädchen sexuell missbraucht.

            D.h. 99 % der Jungen und 96 % der Mädchen fühlen sich dadurch NICHT sexuell missbraucht.

  • Ich frage mich nur, weshalb Ihr Euch die Frage nach der Einstellungen aller anderen Parteien zu diesen Fragen nicht vor den Wahlen gestellt habt. Das hätte ich als fair empfunden.

     

    Vielleicht wärt Ihr dann auf die nächste Frage gestoßen - wo hört ehrliche, offene Auseinandersetzung mit der Frage nach dem richtigen Rahmen für neugierige Kinder auf und wo fängt die Heuchelei an.

     

    Wann hören Heuchelei und Unehrlichkeit in unserer Gesellschaft auf - ganz sicher nie! Und sie werden immer Opfer fordern, die unseren Schutz dringend brauchen.

    • @noevil:

      Glaubst Du, die taz hat gezielt gegen die Grünen geschrieben? Warum sollte sie?

  • D
    D.J.

    Nur als Ergänzung: Frau Roth war von 1971 bis 1990 Mitglied der Jungdemokraten (nicht als Vorwuf, aber da hier nur von heute Linken und SPD-Mitgledern die Rede ist).

     

    Richtig geschmacklos übrigens die Kommentare, die sich über die Schlammschlacht aufregen. Gab es damals auch von Seiten einiger Erzkatholiken. Und keine Seite hat etwas gegen die "Schlammschlacht" gegenüber der anderen Seite. Im Gegenteil. Welch ideologischer Wahn...

  • E
    Entspannter

    Die Kirche ist da schlauer: Sie diskutiert nicht - sie schweigt und genießt.

  • R
    rb001

    Das artet ja inzwischen in einen Kreuzzug gegen Teufel und Belzebub aus den 68ern aus. Jetzt fehlt nur noch die katholische Kirche, die damals allerdings auf der anderen Seite stand.

  • Offenbar beruhen die Angaben zu den Jungdemokraten in diesem Taz-Artikel "Liberale Liebesfantasien" wesentlich auf dem Blog andreas-seier.eu/blog/?p=1464, den Herr Seier freundlicherweise in den Leserkommentaren zum Taz-Artikel von Franz Walter und Stephan Klecha: Die fatale Schweigespirale, 16. 9. 2013 angegeben hat, nicht zuletzt, um dort eine Fehldarstellung des Beschlusses der Jungdemokraten von 1982 durch Walter und Klecha richtigzustellen.

     

    Gleichwohl stellt "Liberale Liebesfantasien" diese Sachlage erneut falsch dar:

     

    Der Passus "Wegen des Fehlens ..." "geistert" nicht in der Sonderausgabe der Tendenz von 1985, sondern wird darin zitiert als Teil der "These 3", die von der Bundesdeligiertenkonferenz nicht beschlossen, sondern dem Verband zur erneuten Diskussion gestellt worden war.

     

    Im erwähnten Vorwort der Tendenz-Sonderausgabe auf Seite 2 steht übrigens der überlegenswerte Passus:

    "Die Diskussion über Sexualität ist nicht unproblematisch, das wissen wir. Denn gerade in diesem Bereich gibt es starke Tabus. Pädosexualität ist ein Beispiel dafür. Bei diesen Diskussionen sind auch wir nicht frei von Vorurteilen, haben auch wir Hemmungen. Oft sind wir und unsicher, etwa, bei der Frage, ob ein Sexualstrafrecht überflüssig ist oder ob wir nicht bestimmte Schutzvorschriften brauchen. Wir wissen auch, daß in unserer Gesellscaft viele Fragen gar nicht offen angesprochen werden dürfen, ohne daß diejenigen, die dies dennoch machen, diskriminiert oder gar strafrechtlich verfolgt werden. Doch wir meinen, daß es eingetlich erlaubt sein muß, über alle Themen zu diskutieren, daß es keine Tabus geben darf, wo ein Meinungsaustausch oder eine inhaltliche Kontroverse angebracht wären. Auch wir haben zu vielen Fragen keine Patentantworten, sondern nur noch mehr Fragen."

    • @Rosenkohl:

      Bezeichnenderweise hat sich bisher kaum jemand aus den Kreisen der Verantwortlichen in den Parteien und Gruppierungen selbst als Missbrauchsopfer geoutet. Löbliche Ausnahme: Marieluise Beck von den Grünen. Das führt dann zu einer entsprechenden unvollständigen Diskussion: statt mit den Betroffenen wird über sie gesprochen. Und dann sehr schnell auch an ihnen vorbei und über sie hinweg. Zum Glück wird das zunehmend anders gehandhabt.

      Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von über 7 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland die in ihrer Kindheit Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

      • @Angelika Oetken:

        Marieluise Beck schildert (Focus, 28.8. 2013) nicht die genaue Art und Umstände des Übergriffes, offenbar handelte es sich um eine Annäherung eines Erwachsenen ohne Augenzeugen unter Ausnutzung einer Abhängigkeit (Gastfamilie) gegen den Willen einer minderjährigen (15-jährigen) Person. Man sollte sich vergegenwärtigen, daß auch nach allen bekannten Diskussionen unter Grünen, Jungdemokraten oder Wissenschaftlern ein solches Verhalten als strafbar oder schädigend gewertet würde.

         

        Sie haben recht, daß das Tabu, über pädosexuelle Handlungen zu sprechen in erster Linie das Kind selbst betrifft. Es ist anzunehmen, daß mittels dieses Tabus oft erst ein Mißbrauch entsteht, entweder indem das Kind sich nicht traut darüber zu sprechen, oder umgekehrt, indem es in seiner Persönlichkeitsentwicklung "korrumpiert" (Günther Amendt, Emma 4/1980) wird, weil es den Erwachsenen erpressen kann.

        • @Rosenkohl:

          (Fortsetzung)

           

          Mit einer Vertrauensperson über sexuellen Mißbauch zu sprechen ist wohl in den meisten Fällen ein wichtiger heilsamer Schritt. Dies aber auch in der Öffentlichkeit zu tun muß die Entscheidung und unter Kontrolle der betroffenen Person bleiben, und bedarf dann m.E. jeweils der Abwägung im Einzelfall, was genau man mit dem Schritt erreichen möchte, und dafür auszuhalten bereit ist. Es sind positive Beiträge, daß z.B. Sie Frau Oetken, Frau Beck, oder auch Josef Haslinger offen über eigene Mißbrauchserfahrungen sprechen. Teil und Baustein des Tabus sind die dann leider oft erfolgenden Gegenvorwürfe, daß die Person entweder unglaubwürdig sei (Bettina Röhl über Anja Röhl, Taz, 23. Juli 2010), oder umgekehrt, mit dem Täter zu stark sympatisiere (z.B. Gerhard Amendt über Haslinger, Welt, 15.3.2010), bzw. an einem "Stockholm-Syndrom" leide (Spiegel Online International gegenüber Samantha Geimer, 26.9.2013).

           

          Tabuisiert ist, daß durch einen Mißbrauch die Eltern vom Kind enttäuscht und auf den Täter eifersüchtig werden, und das Kind ihnen gegenüber Schuldgefühle entwickelt. Z.B. heisst es in der Taz, 23.7. 2010 über eine Äußerung eines Vaters gegenüber einem Päderasten: >>Nur auf persönlicher Ebene klärte er die Fronten und drohte: "Wenn du meinen Sohn anfasst, schneide ich dir die Eier ab."

          • @Rosenkohl:

            (Fortsetzung)

             

            Diese Androhung von Gewalt, welche die Schwere der Mißbrauchstat ("Anfassen") weit übersteigt, wird von der Taz als "Klärung von Fronten" verharmlost und als vermeintlich akzeptable Äußerung dargestellt.

  • Mit einer Ausnahme ist der Artikel sachlich und objektiv gehalten. Es ist mehr als bedauerlich, dass sich heute nur ganz wenige der früheren Aktivisten zu Wort gemeldet haben. Das muss und wird sich im Laufe der nächsten Monate hoffentlich noch ändern. Die frühere Pädophilen-Bewegung war vielschichtiger als bisher bekannt. Und: Es gibt auch heute noch Aktivisten, die ihre Positionen von damals nicht geändert haben. Auch diese Personen sollten sich äußern dürfen und darüber berichtet werden.

    • @Dieter Gieseking:

      Beredtes Schweigen...

    • @Dieter Gieseking:

      Wie erklären Sie sich eigentlich, dass es durchaus Kinder gibt (und zwar nicht nur vereinzelt), die als Folge sog. gewaltfreier sexueller Handlungen zwischen Kindern und Erwachsenen schwer traumatisiert werden? Und ist das für Sie ein Kollateralschaden, der zugunsten der Auslebung pädosexueller Neigungen in Kauf genommen werden muss?

       

      Die gesellschaftliche Wertung im Moment ist gegenteilig: Um einen nicht unerheblichen Teil von Traumatisierten zu vermeiden, ist die Auslebung von Pädosexualität mit Strafe belegt. Ich kann das nachvollziehen, auch wenn ich das Dilemma des pädosexuell orientierten Menschen sehe, der seine Sexualität dann nicht ausleben darf.

  • S
    Starost

    Netter Versuch, von den Grünen abzulenken.

     

    Die Kirche, jedenfalls die katholische, hat sich übrigens im Gegensatz zu denen keine unterlassenen Aufarbeitung der sie betreffenden Fälle vorzuwerfen.

    • R
      Ruhender
      @Starost:

      Ach, hat die Kirche alles schön aufgearbeitet? Hab ich gar nix von mitbekommen.

  • da spielt sich jemand tatsächlich zum höchsten aller Herrgötter auf. das alles hat nichts mehr mit Verteidigung von Kinderrechten zu tun, sondern verkommt zum exorzistischen Rundumschlag, der vor nichts halt macht. nicht einmal vor normalen Kindergefühlen.

  • L
    lowandorder

    Hübsch - eine geschichtslose, sich grad erfolgreich ad absurdum führende Partei zu sein, kann auch von Vorteil sein: " sind alle nicht mehr dabei!" = FDP

     

    Aber gleichwohl auf andere niederteufeln - des paßt scho.

    So der Straftäter Häuptling Silberkrücke Lamsdorff - " sofort aus dem Dienst entfernen!" zu den

    Sitzblockade-RichternInnen Mutlangen. ( tja, Scheiße, Herr Graf!)

     

    Daß im Rahmen des mainstreams Ende der 70er - Überwindung der körper- und lustfeindlichen schwarzen Pädagogik - einige ein kindwidriges Süppchen kochten, ist schwer daneben, wurde aber auch kaum wahrgenommen.

     

    Hatte frauman kleine Kinder war eher die Frage: wie mit Nacktheit, wie mit kindlicher Neugier umgehen?

    Das war - vergessen die 20er Jahre - eher Neuland.

    Wer dabei Einblick in skandinavische Länder hatte, wie Schweden, hatte es vergleichsweise leichter: "das ja, das eher nicht."( - Stein aus der Wand zum Bad?! - eher nich).

     

    Daß aber solchgestalt die drängenden gesellschaftspolitischen Fragen einschl. Europa im Wahlkampf unter die Räder geraten sind, ist schlicht abenteuerlich.

  • JV
    Jögern von Pauli

    Oha, da hat anscheinend jemand gemerkt, daß man unliebsamen Parteien mit einer gepflegten Pädo-Schlammschlacht an die Karre fahren kann. Was bei den Grünen so schön geklappt hat, könnte ja nun auch bei den Linken klappen, nicht wahr? Komisch auch, daß sich seit nach der Wahl plötzlich wieder keiner mehr dafür interessiert, ob die Grünen mal pädo waren oder nicht. Und warum verhält sich eigentlich die katholische Kirche so mucksmäuschenstill bei diesem Thema? Müßte nicht auch sie als Hüterin der Keuschheit und Verteidigerin der Schwachen hier ein ganz starkes Wort zum Schutze der Kinder vor sexuellem Mißbrauch sprechen?

    • @Jögern von Pauli:

      Im Unterschied zu den Grünen steht die FDP nicht in den nächsten Wochen vor einer Wahl.

  • E
    Entspannter

    Also, um ehrlich zu sein: Als Zwölfjähriger hätte ich mir einen Finger abgehackt, um eine erwachsene Frau vernaschen zu dürfen. Gelitten habe ich eher unter den Schlägen, die es setzte, als ich im Alter von acht oder neun Jahren beim Masturbieren erwischt wurde.