PROSTITUTION: Opfer werden ausgewiesen

Amtsgericht bestätigt Inhaftierung der festgenommenen Afrikanerinnen aus der Helenenstraße nur in einem Fall nicht. Ab morgen sollen sie abgeschoben werden

Die Helenenstraße gilt noch als öffentlich kontrolliert Bild: Jan Zier

Die als mutmaßliche Opfer von Zwangsprostitution vergangene Woche in der Helenenstraße festgenommenen 14 Afrikanerinnen sollen ab morgen in verschiedene EU-Staaten abgeschoben werden. Die dafür entstehenden Kosten von 1.400 bis 1.900 Euro müssen sie selbst bezahlen. Über einen Widerspruch gegen die Abschiebungen hatte das Verwaltungsgericht bis Redaktionsschluss allerdings noch nicht entschieden.

Am 2. Februar hatte das Bundeskriminalamt bundesweit 600 Bordelle kontrolliert, um "Opfer von Menschenhandel aus Westafrika zu identifizieren und Hinweise auf Menschenhändler zu erlangen". Eine Razzia fand in der Bremer Helenenstraße statt: Dort waren dabei 14 Frauen aus Liberia und Nigeria festgenommen worden. Bis auf zwei Minderjährige werden sie seither im Abschiebegewahrsam des Bremer Polizeipräsidiums festgehalten. Des Menschenhandels Verdächtige entdeckte die Polizei bei der Razzia nicht.

Die Anwältin von zehn der Frauen, Christine Graebsch, hatte in allen Fällen Beschwerde gegen die Haft eingelegt. Sie hatte geltend gemacht, dass die Frauen Pässe, Geld und gültige Aufenthaltserlaubnisse für verschiedene EU-Staaten haben. Deshalb hätten sie sich bis zu 90 Tagen legal in Deutschland aufhalten dürfen. Der Umstand, dass sie ohne Erlaubnis in Bremen als Prostituierte gearbeitet haben, rechtfertige nicht, sie so lange in Haft zu behalten, sagte Graebsch.

Am Donnerstag gab das Amtsgericht in nur einem Fall der Haftbeschwerde statt. Eine Nigerianerin wurde frei gelassen. Sie wird am Montag nach Italien abgeschoben.

Graebsch erboste besonders, dass Bargeld, das bei drei der Frauen gefunden wurde, zur Finanzierung der Abschiebungen beschlagnahmt wurde. Es habe sich um Summen von 200 bis über 1.000 Euro gehandelt. Die Frauen hätten gegenüber der Polizei angegeben, weder verschleppt noch zur Prostitution gezwungen worden zu sein, sagte Graebsch. Sie wollten, wie es ihren Angaben zufolge ohnehin geplant war, in den kommenden Wochen freiwillig nach Spanien, Italien und Österreich zurückkehren.

Graebsch gegenüber haben die Frauen angegeben, dass ihnen kein Angebot zur Kooperation in einem Ermittlungsverfahren gegen mögliche Zuhälter gemacht wurde. Dies ist bei Opfern von Zwangsprostitution sonst üblich.

Sollte es keinen anderslautenden Gerichtsbeschluss geben, werden sie stattdessen nun bis Freitag zwangsweise nach Spanien, Italien und Österreich zurückgebracht. Bevor sie in der letzten Zeit nach Deutschland kamen, hatte sie dort teilweise mehrere Jahre lang legal gelebt. Die Linken-Fraktionschefin Monique Troedel bekräftigte unterdessen ihre Forderung nach mehr Kontrollen im Rotlichtmilieu und einer Erhöhung zuständiger Stellen bei der Polizei.

Deren Arbeit richte sich nicht gegen die Prostituierten. "Die kriminalpolizeiliche Verfolgung gilt den Tätern, nicht den Opfern." Zwangsprostitution sei ein "hochkriminelles Delikt mit enormer Steigerungsrate und muss auch auch entsprechend verfolgt werden".

Dass die 14 Frauen nach der Razzia im Gefängnis gelandet sind, sei allerdings "genau das, was wir nicht wollen". Troedel kündigte einen entsprechenden Antrag in der Bürgerschaft an.

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