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PR-Aktion des ÖlkonzernsShell geht baden

Der Ölkonzern wollte in Berlin in einer PR-Veranstaltung sein Image aufpolieren. Am Ende mutierte der „Science Slam“ zu einer Anti-Shell-Aktion.

Eine Riesensauerei: Videostill aus „Slam Shell – Science Slam 2013“. Tabelle: Youtube

BERLIN taz | Im Fußball würde man sagen, bis zur 90. Minute sah alles ganz gut aus. Shell hat am Mittwochabend akademischen Nachwuchs ins Berliner Tempodrom geladen, zum „Science Slam“. Ein hippes Format mit Underground-Flair, in dem Studenten und junge Wissenschaftler in 10-minütigen Vorträgen spritzige Ideen, Theorien oder Erfindungen für eine bessere Welt möglichst lustig präsentieren.

Mit dabei und als letzter von sechs Beiträgen gesetzt ist ein Team um den Studenten Paul von Ribbeck mit folgender Idee: Ein Benzin-Auto, ausgestattet mit einer Art von neuartigem Katalysator, der das klimaschädliche CO2 gleich an Bord aus den Abgasen filtert. Ganz im Sinne eines multinationalen Ölkonzerns.

Einen Prototypen des Reinigungssystems haben sie gleich mitgebracht. Ein rollbarer Kasten, aus dem Schläuche führen. Ein Fake. Paul von Ribbeck heißt eigentlich Jean Peters, ein Berliner Politik-Aktivist und früherer taz-Kolumnist, der trotz zweier Master-Abschlüsse seinen Lebensunterhalt lieber als Clown verdient.

Es ist nicht der einzige Protest an dem Abend. Noch bevor Ex-MTV und heute ZDF-Kultur-Moderator Markus Kavka das Wort ergreift, steht ein Rapper auf und singt vom schwarzen Blut der Erde, das zum Himmel schreie, von Bohrungen in der Arktis und dem ölverseuchten Niger-Delta, in dem auch Shell fördert. Alles noch nach Plan, der hat sich bei den Veranstaltern angekündigt. Shell will ja kritisch diskutieren, erträgt die Gegner, so die Linie.

„Wir wollen das Auto der Zukunft bauen“

Ein Jury-Mitglied von Shell geht konstruktiv auf den Song ein, redet davon, wie groß die globalen Herausforderungen seien: „Wir müssen nach Alternativen suchen.“ Den ersten Vortrag hält Sven Benthin von der „Grünen Stadt Planungsgemeinschaft“, es geht, ernsthaft, um mehr Pflanzen in Städten doch auch hier: ein Haufen Anspielungen gegen Shell.

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Benthin flucht über den Winter, zeigt Bilder von Snowboardern im Wüstensand und wünscht sich einen schnelleren Klimawandel. Auch der nächste Beitrag ist nur ein Vehikel für unverhohlene Kritik: Student Ian aus England erzählt was von Windmühlen und Batterien, eigentlich egal, am Ende ist eine Zitrone zu sehen und er verliest ein Manifest gegen Mineralölkonzerne.

Kavka nimmt es noch gelassen, die Jury klatscht gequält, freut sich danach über drei ernsthafte Vorträge über CO2-Abscheitung und Biosprit, bis Peters alias von Ribbeck seine Maschine präsentiert. „Wir wollen das Auto der Zukunft bauen“, sagt er und erzählt, wie er im Suff die bahnbrechende Idee eines klimafreundlichen Motors hatte.

Dann will er das Wunder präsentieren und drückt auf einen Knopf an seinem Gerät. Aus dem Inneren des Kastens ist ein Rattern zu vernehmen. Erst hebt sich der Deckel leicht, etwas quillt heraus. Peters bekommt scheinbar Panik, reißt den Deckel auf, eine Fontäne einer braun-schwarzen Flüssigkeit schießt heraus – Lebensmittelfarbe mit Wasser.

Keine Siegerehrung

Peters und sein Gehilfe sehen schnell aus wie zwei Ölbarone nach einer erfolgreichen Bohrung. Im Saal brandet Jubel auf, ein paar versuchen dagegen anzubuhen. Schließlich zieht Peters den Stecker und hält triefend eine Rede. „Hier kann man den Stecker ziehen, in der Arktis nicht“, sagt er.

Tumult, einer der Science Slamer schnappt sich ein Mikro und verteidigt Shell, einer aus dem Publikum brüllt zurück, man solle den Konzern zerschlagen, Kavka bricht die Sache ohne Siegerehrung ab. Er sitzt am Ende neben der Bühne und kritisierte die Aktion: „Ich finde es schade, dass die Leute, die hier mit Ernsthaftigkeit rangehen, ihrer Möglichkeiten beraubt werden.“

Shell sagt, der Science Slam sei nicht als PR, sondern als Plattform für junge Wissenschaftler gedacht. „Wir wollen den Dialog und respektieren andere Meinungen. Diese Aktion war dem Dialog aber nicht zuträglich“, sagte eine Sprecherin.

Hinter der Aktion steckt eine ganze Gruppe von Aktivisten. Ihnen geht es laut Peters nicht nur um Kritik an Shell, sondern auch um die Art des Protest: Die Zivilgesellschaft und Umweltverbände ließen sich mittlerweile auf zu viele Kompromisse mit Konzernen wie Shell ein. „Wer von einem radikalen Wandel spricht, der wird nicht mehr ernst genommen“, kritisiert Peters.

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16 Kommentare

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  • +

  • SH
    Susanne H.

    Die Aktion find ich irgendwie ein bisschen lasch. Netter Gedanke, aber dass es reicht, mit Zuckerwasser rumzukleckern, um in die Medien zu kommen, überrascht mich. Mir persönlich fehlt die Gewalt. ^^

    Shell ist der Teufel! Die kann man nicht mit solchen Clownsnummern bekämpfen. Ich arbeite für die,und bin mir sicher: Wenn Shell wieder einen Cent billiger ist als Aral,kommt Ihr doch wieder alle zu mir. Wenns ums Geld geht,ist der Kunde nicht besser als der Konzern.Dann ist die Umwelt egal. Deshalb werden die auch erst mit uns untergehen.

    Solche Aktionen kratzen nicht mal an der Hülle.

  • M
    MS

    Ich finde gut, wie die Typen die Aktion versaut haben: Ich denke, dass Shell sich hier nur mit der wissenschaftlichen Arbeit anderer schmücken wollte. Es ging um PR, nicht um Inhalte.

  • L
    Leser

    Sehr interessant!

  • H
    Hoschi

    Gute Aktion, mieser Konzern und erbärmlicher Kavka. Wer hier noch eine Lanze für Shell oder irgend einen anderen Ölkonzern brechen will sollte sich mal mit Ken Saro Wiwa http://en.wikipedia.org/wiki/Ken_Saro-Wiwa Die zusammenhänge zwischen BP dem Iran und den anderen Staaten des mittleren Osten und ähnlichen Themen etwas genauer auseinander setzen. Danach noch mal mit seiner Argumentation hierher zurück kehren, auf die ich durchaus gespannt wäre. Diese Konzerne sind nichts anderes als Massenvernichtungswaffen im Namen des Mammon

  • S
    smash_what

    Leider geil!

  • Slam-Shell = Schlamm-Shell, macht doch Sinn!

     

    Bevor Shell seine blumigen Phantasien von einer sauberen Zukunft hier über alle ergießt, soll es doch einfach mal seine Hausaufgaben machen und zuallererst im Nigerdelta aufräumen, damit die Menschen dort endlich aufatmen und wieder menschenwürdig leben können, anstatt ihr Leben irgendwie mit dem Erzeugen von schmutzigem Diesel fristen zu müssen, weil sie sonst in dem shellerzeugten Dreck und Elend dort umkommen und verhungern würden.

     

    Wer sich über die Genugtuung hier mokiert, sollte erst einmal dort leben müssen - ohne tröstliche Aussicht, bald wieder Zuhause aufatmen zu dürfen.

  • Gute Sache, das.

    Kavka macht für Geld inzwischen alles wie`s scheint. Schade.

  • B
    Birdy

    Klasse Aktion!

  • H
    Hajo

    Ja, ganz wunderbare Aktion. Und jetzt schmeißen alle TAZ-Leser die Arme vor Begeisterung in die Luft! Und dann schön über Sylvester mit der Mitfahrzentrale über Silvester nach Berlin brettern. Natürlich mit mit Konzernfrei geförderten Sprit. Handgeschöpft und mit Rosenduft!

  • M
    MTViva-Zuschauer

    Der abgehalfterte Unterhaltungskünstler Kavka hat sich von Shell kaufen lassen. Jetzt kann er sich wenigstens das Jammern sparen.

  • G
    genova

    Tolle Sache, bitte mehr davon.

  • PH
    Peter Haller

    Das ist doch mal was !! Gratulation !!

    Viel besser als mittels facebook die Welt zuzumüllen !!

  • G
    Gastname

    Peinlicher geht es nicht mehr.

    Dieses Subjekt ist eine Schande und sollte wieder den Kindergarten besuchen, statt ernsthafte Diskussionen zu stören.

     

    Der Jubel der taz ist ebenso peinlich und zeigt, welches Kleinkindniveau hier den Zeitgeist vorgibt.

  • U
    Umweltkämpfer

    "Die Zivilgesellschaft und Umweltverbände ließen sich mittlerweile auf zu viele Kompromisse mit Konzernen wie Shell ein."

     

    Absolut richtig! Deswegen darf es auch nicht nur bei solchen, natürlich aufsehenerregenden und gut gemachten Aktionen bleiben.

    Wer sich ernsthaft mit den Konzernen anlegen will und nicht auf unsere Regierung hoffe möchte, sollte sich mal die Initiative zum Aufbau einer Umweltgewerkschaft anschauen.

     

    www.umweltgewerkschaft.org

  • BW
    Bert Wittstock

    Das ist ja großartig!!! Hut ab, liebe Aktivisten, dass ihr das macht. Wir brauchen mehr davon!!! Ich spende sofort. Will mehr, will mehr! HAHA! (sorry für die konsumhaltung)